Romana Extra Band 1
unhöflichen Verhalten nicht mehr mit mir arbeiten wollen, kann ich das gut verstehen. Wenn du jetzt deine Sachen packst, müsstest du noch die Vier-Uhr-Fähre erreichen. Ich werde natürlich sicherstellen, dass die Agentur dir das volle Honorar zahlt. Vielen Dank für deine Hilfe.“
6. KAPITEL
Mark war der widersprüchlichste Mann, den Lexi je kennengelernt hatte. Trotzdem hatte sie das Gefühl, dass er grundsätzlich in Ordnung war. Nein, sie würde ihn nicht abschreiben.
„Ich bin mir durchaus bewusst, dass ich alles andere als perfekt bin. Und ich bin stur. Deshalb reise ich nicht ab.“ Lexi hob die Hände. „So etwas passiert ständig. Wer will schon über die Schmerzen seiner Vergangenheit reden? Es ist nur natürlich, sie tief in sich zu verschließen, um den Alltag zu meistern.“
Und sie sollte es wissen! „Ich darf nicht über andere Klienten sprechen. Aber glaub mir, ich habe schon mit Leuten zusammengearbeitet, die so viel Ballast mit sich herumschleppen, dass ich mich gefragt habe, wie sie überhaupt durch den Tag kommen. Ich dachte, ich hätte Probleme, bis ich mit echten Überlebenskünstlern zu tun hatte.“
„Ist es das, was wir sind? Überlebenskünstler?“
„Ja, wir alle. Tag für Tag. Daran können wir nichts ändern. Doch eines weiß ich.“
Mark atmete bedächtig ein. „Ich kann kaum erwarten, es zu hören.“
„Ich sterbe vor Hunger.“ Sie seufzte dramatisch in dem Versuch, die Atmosphäre durch einen Themenwechsel aufzulockern. „Deshalb schlage ich vor, dass wir eine Mittagspause einlegen, bevor wir uns dem Privatleben deiner Mutter zuwenden. Ich kann mir nämlich vorstellen …“, Lexi zog eine Grimasse, „… dass wir dafür eine Stärkung gebrauchen könnten.“
„Du stirbst vor Hunger?“ Mark blinzelte mehrmals, als müsste er ihre Worte erst verarbeiten. „Ja, natürlich. Und da du fürs Frühstück gesorgt hast, bin ich jetzt an der Reihe. Was hältst du von einem knackigen griechischen Salat und einem frisch gefangenen Seebarsch in einer der besten Tavernen an der Küste? Es gibt allerdings zwei Bedingungen. Wir sprechen nicht über unsere Jobs oder darüber, warum du hier bist. Abgemacht?“
Lexi lief das Wasser bereits im Mund zusammen. Die Idee war verlockend. Aber im nächsten Augenblick dachte sie an den Berg von Unterlagen. „Haben wir die Zeit dazu? Hier wartet viel Arbeit.“
„Die frische Meeresluft wird uns guttun. Ich habe die Villa drei Tage lang nicht verlassen und brauche einen Tapetenwechsel.“
„Wieso ziehst du nicht allein los? Ich werde einige Stunden benötigen, um die ersten Kapitel gründlich zu lesen. Brot und Salat reichen mir völlig.“
„Das kannst du später erledigen.“ Kritisch blickte Mark sie an. „Es sei denn, es gibt einen anderen Grund, warum du lieber nicht in der Öffentlichkeit mit mir isst. Vielleicht einen eifersüchtigen Freund?“ Er neigte den Kopf leicht zur Seite und zwinkerte Lexi zu, die sofort ein Kribbeln spürte.
Sie verdrehte die Augen. Zweifellos wollte er vor den Erinnerungsstücken fliehen, die sich in den Kisten türmten. Eine kurze Verschnaufpause konnte sie ihm gönnen. „Nein, da ist kein eifersüchtiger Freund … Also gut, einverstanden.“
„Na dann los.“ Mark zog einen Schlüsselbund aus seiner Hosentasche.
„Jetzt gleich? Ich brauche ein paar Minuten, um mich umzuziehen, meine Haare zu frisieren und das Make-up aufzufrischen.“
Lächelnd musterte Mark sie von Kopf bis Fuß. Ihr wurde unter seinem Blick immer heißer.
„Darum würde ich mir keine Gedanken machen“, sagte er schließlich leise. „Vor allem nicht um die Frisur.“
„Was stimmt mit ihr nicht?“ Lexi fuhr sich ordnend durch die kastanienbraunen Haare mit den violetten Strähnen. „Gibt es dort, wohin wir gehen, eine Kleiderordnung?“
Zu ihrer grenzenlosen Verwunderung lachte er schallend. War das noch immer Mark Belmont? Er wirkte plötzlich fast glücklich und noch attraktiver, als er ohnehin schon war.
„Nein, du wirst dich dort wohlfühlen, so wie du bist“, erwiderte er. Dann streckte er seine Hand aus, als wollte er Lexi herausfordern, auf der Stelle mit ihm zu kommen.
„Ich brauche trotzdem fünf Minuten.“ Sie ignorierte seine Hand und wandte sich zum Haus. „Gerade genug Zeit, um das Auto zu holen.“
„Wer hat denn von einem Auto gesprochen?“
„Ihr Transportmittel steht bereit, Madam“, sagte Mark, als Lexi aus der Haustür trat.
Sie sah zu dem Motorroller hin, dann zu dem schwarzen
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