Romana Extra Band 5 (German Edition)
gestorben und war nur noch diese Hülle. Er war ein Wrack und konnte nur noch im Bett liegen und seine Freunde daran erinnern, was aus ihm hätte werden können.
Wenn Grant nicht gewesen wäre.
6. KAPITEL
Seit dem Tag, als sie vor zweiundzwanzig Jahren von zu Hause aufgebrochen war, gab es drei Dinge, die Sophie samstagmorgens machte: Sie wusch ihre Wäsche, putzte ihre Räume und bezahlte ihre Rechnungen. Mit Letzterem war sie halbwegs durch, als es in der Wohnung über ihr laut schepperte.
„Das soll wohl ein Witz sein“, sagte sie ärgerlich und legte den Kuli beiseite. Grants Badewanne war inzwischen installiert. Was, zum Teufel, machte er jetzt schon wieder? Sie stellte ihn sich vor, wie er mit dem Schraubenschlüssel an den Heizungsrohren herumwerkelte. Wie immer würde ihm dabei sein T-Shirt aus der Hose rutschen, sodass ein Stück seines nackten Rückens zu sehen war. Vielleicht hatte er es wegen der Hitze ja auch ausgezogen, und auf seinen muskulösen Armen glitzerten kleine Schweißperlen.
Sehr schön, Sophie. Du machst deinen Nachbarn zum Sexobjekt und verhältst dich damit genauso wie die miesen alten Firmenchefs, von denen man immer in der Boulevardpresse liest.
Doch war das ein Wunder, wenn man es dauernd mit einem Mann zu tun hatte, der permanent Anspielungen machte? Trotzdem musste sie wohl oder übel herausfinden, wie lange dieser Lärm noch anhalten würde. Nur deshalb ging sie jetzt nach oben, und es hatte auch nichts mit ihrer Neugier, wie Grant wohl aussehen mochte, zu tun. Absolut nichts.
Nachdem sie zweimal geklopft hatte, öffnete er die Tür. Zu ihrer Enttäuschung trug er ein normales, ziemlich altes T-Shirt.
„Lassen Sie mich raten“, sagte er, „Sie kommen wegen des Krachs, richtig? Habe ich Sie und Ihren Freund gestört?“
„David ist gar nicht da.“
„Oh, das tut mir aber leid.“
„Das muss es nicht. Ich wollte nur … ich wollte Sie nur …“, plötzlich fand sie es albern, ihn immer noch zu siezen. „Ich wollte dich fragen, wie lange das noch gehen wird.“
„Ich habe dich wohl bei der Arbeit gestört, ja?“ Der Sarkasmus in seiner Stimme war nicht zu überhören.
„Nein, ich sitze gerade über meinen Rechnungen. Trotzdem hätte ich gern gewusst, ob du vorhast, das ganze Wochenende über so laut zu sein?“
Grant schüttelte den Kopf. „Nein, da kann ich dich beruhigen. Ich bin fast fertig. Willst du dir das Ergebnis mal anschauen?“
Das war zwar verlockend, aber … „Nein, vielen Dank.“
„Warum nicht?“
Weil ich die ganze Zeit an dich denken muss und mir vorstelle, wie es sein würde, dich zu berühren. Der Himmel weiß, was ich in deiner Wohnung machen würde.
„Weil ich mich, wie gesagt, um meine Rechnungen kümmern muss.“
„Ach, die können doch noch warten. Komm ruhig rein. Ich weiß, dass du neugierig bist.“
„Bin ich nicht“, erwiderte sie etwas zu heftig. „Na ja, vielleicht ein bisschen. Also gut, aber nur für ein paar Minuten.“
Die Einrichtung von Grants Wohnung spiegelte seine Persönlichkeit wider. Sie war originell und traumhaft schön. Das Wohn- und das Esszimmer waren genauso schmal geschnitten wie in Sophies Apartment. Auch der Kamin hatte dieselbe Holzverschalung. Doch im Gegensatz zu ihrer Küche war seine vollständig modernisiert. Mit einem Anflug von Neid betrachtete sie die Kochinsel aus Granit und die glänzenden Armaturen aus Edelstahl.
„Sehen die anderen Wohnungen auch so aus?“, erkundigte sie sich.
Er schüttelte den Kopf. „Nein, sie sind noch viel moderner. Im obersten Stockwerk würdest du nicht glauben, dass wir im selben Gebäude sind. Ich habe mich zwar bemüht, den ursprünglichen Stil zu bewahren. Aber man kann die Zeit nun einmal nicht zurückdrehen.“
Staunend betrachtete Sophie das Ergebnis seiner Arbeit. Es war ihm wirklich gelungen, eine Synthese aus Alt und Neu zu schaffen. Klare Linien schien Grant ganz offensichtlich zu bevorzugen.
Im Wohnzimmer erblickte sie ein eingebautes Regal mit vielen Büchern, einen großen Flachbildfernseher und ein gemütliches Ledersofa. Direkt neben der Tür stand ein Tisch, auf dem sich Entwürfe und Zeichnungen häuften. Außerdem gab es noch einen Esstisch, auf dem eine Kaffeetasse und zwei leere Bierflaschen standen. Das Zimmer war in Beige- und Brauntönen gehalten, was die maskuline Note unterstrich.
Ihr fiel auf, dass die Fensterrahmen ebenfalls beige waren.
„Du hast das Holz gestrichen? Verstößt das nicht gegen deine
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