Romeo für immer, Band 02
erzählen, in der sie als Verliererin dasteht.
Ich kenne Gemma. Es bringt sie fast um, die Sache zuzugeben, aber sie tut es trotzdem. Für mich. Ich bin ihre beste Freundin, und sie möchte nicht, dass ich auch so verletzt werde wie sie. Sie kann ja nicht wissen, dass es längst zu spät ist. Wenn ihre Geschichte wahr sein sollte, dann wäre ich nicht nur verletzt, sondern völlig am Boden zerstört. Mein Inneres wäre eine einzige große Wunde, in der jedes Gefühl brennen würde wie Feuer.
»Danach hat er sich wie ein Arschloch verhalten, wenn wir uns in der Schule begegnet sind. Ich habe mir nichts anmerken lassen und ihn jedes Mal zusammengeschissen. Insgeheim habe ich mich aber dauernd gefragt, wie ich nur so bescheuert sein konnte, ihm zu vertrauen.« Sie zieht heftig an einer Haarsträhne, als wolle sie sich bestrafen, obgleich es nicht ihre Schuld war. »Dass ich mit ihm geschlafen habe, war nicht das Schlimmste – ich habe schon mit einigen Jungs geschlafen, die mir nichts bedeutet haben. Aber ich habe Dylan mein Geheimnis anvertraut. Damit war klar, dass ich immer noch zu dämlich war zu merken, wem ich vertrauen kann und wem nicht. Ich glaube zwar nicht, dass er einem seiner Versagerfreunde mein Geheimnis erzählt hat, wahrscheinlich hat er nur damit angegeben, dass er es geschafft hat, mich flachzulegen, aber … « Sie lässt ihre Hand in den Schoß fallen. »Die Sache mit Dylan hat mir lange zu schaffen gemacht. Ich war ziemlich durch den Wind.«
»Es tut mir schrecklich leid.« Ich bin nicht sicher, wem ich das sage. Ihr, mir oder uns beiden?
Oh Gott! Was ist, wenn … wenn … Ich darf nicht darüber nachdenken. Ich kann nicht. Sonst verliere ich noch die Beherrschung, meinen Verstand, mein Herz, meine Seele, einfach alles. Für immer und ewig. Dann gäbe es kein Zurück mehr, wie an dem Abend, als ich beinahe Dylans Wagen in die Schlucht gerissen habe.
»Es muss dir nicht leid tun.« Gemma winkt ab. Sie merkt nicht, was mit mir los ist, dass mein Innerstes sich soeben der Kernschmelze nähert. »Seit Mike und ich zusammen sind, bin ich endgültig darüber hinweg. Wir beide sind glücklich miteinander. Eines Tages wirst du auch so glücklich sein wie wir.«
Wohl kaum. Wenn Romeo ein Lügner ist, werde ich nie wieder glücklich sein.
»Du findest schon noch jemanden, der dich zu schätzen weiß.« Gemma stupst liebevoll mit ihren Tennisschuhen gegen meine Stiefel. Ich zwinge mich, ihr in die Augen zu sehen und meine Wut und meine Verzweiflung zu unterdrücken. »Du bist ein Wahnsinnsmädchen, Ree. Eines Tages wird einer kommen, der erkennt, wie toll du bist. Dann wird Dylan Stroud dir nur noch leidtun, weil er nämlich ein armseliges Würstchen ist, ein erbärmlicher, gewissenloser Scheißkerl. Darauf gebe ich dir Brief und Siegel.«
»Ich … ich … «
Nein! Niemals! Ich würde ihn nicht bemitleiden; ich würde ihn hassen. Bis in alle Ewigkeit. So sehr, dass ich genau das tun würde, was deine Eltern mit deinem Onkel hätten tun sollen. Ich würde ihn umbringen. Denn du hast recht; ich bin wahnsinnig. Und so etwas könnte ich niemals ertragen. Es würde mich fertigmachen. So sehr, dass ich nur noch den Wunsch hätte, die Welt zu zerstören.
Ich halte mich an meinem Kaffeebecher fest und reiße mich zusammen. So darf ich nicht denken. Ich muss Vertrauen haben. Ich atme tief durch und denke an heute Morgen, an Romeos Stimme und wie sie gezittert hat, als er sagte, dass er mich liebt. Das war die Wahrheit. Romeo gibt es wirklich, und ich weiß, dass ich ihm vertrauen kann. Es spielt keine Rolle, er tut nicht das, was Dylan getan hat, weil Romeo nicht Dylan ist. Er ist nicht Dylan.
»Was er dir angetan hat, ist einfach widerlich«, presse ich mühsam hervor. »Aber ich … «
»Bitte, Ree. Du darfst ihm nicht vertrauen. Lass nicht zu, dass er dich noch einmal benutzt.«
Ich umklammere den Kaffeebecher so fest, dass mir die Finger wehtun. »Ich weiß, dass sich das jetzt bescheuert anhören muss, aber ich glaube, mit uns beiden ist es etwas anderes. Ich glaube, er ist diesmal wirklich … «
»Na schön. Eigentlich wollte ich es dir ja nicht sagen. Aber wir haben auch über dich gesprochen.« Sie sieht mich nicht an, sondern lässt ihren Blick unsicher durch die Küche schweifen. »Ich habe ihm erzählt, dass du noch nie einen Jungen geküsst hast. Wir haben gewettet, ob das noch passieren würde, bevor wir unseren Abschluss in der Tasche haben. Ich meinte, eher nicht. Er glaubte doch und
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