Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)
wird sich darum kümmern, ob ihr irgendwas ‹verraten› habt. Ihr müsst euch einfach nur entscheiden: Wollt ihr grausame Qualen erleiden oder ein schnelles Ende? Habt ihr das verstanden?»
«‹Viperngift und Giftpilze›?», höhnte einer der Banditen. «Hältst du uns für bescheuert? In den Wäldern hier gibt’s doch gar keine Vipern.»
«Ich selber habe ihnen die Giftdrüsen herausgeschnitten», sagte der Mann und beugte sich näher zum Gitter. «Wir züchten sie hier. Schlangenleder bringt einen schönen …»
Er wurde von seinem Begleiter unterbrochen, der sich die Schwerter nun zwischen die Beine hielt, als hätten ihn die Götter überreichlich ausgestattet. Er stupste den hockenden Burakumin an, derweil er so tat, als würde er sich selbst befriedigen. Der andere blickte angewidert und schob die Schwerter beiseite. «Nimm das ernst, verdammt.»
«Ich nehme es ernst», sagte der zweite Mann, schob sich die Schwerter in den Ledergürtel und marschierte nun, einen Samurai nachäffend, vor dem Käfig auf und ab. «Ich hab dir doch gesagt, die werden sich nicht drauf einlassen. Schau sie dir doch an, wie sie schon gucken. Der pure Stolz. Störrische Scheißkerle, wie eine Bande von Samurai.» Das war ihm das Stichwort für weiteren Frohsinn, und er wandte sich an Bennosuke: «He du, komm mal her.» Der Mann baute sich vor den Gitterstäben auf, so gebieterisch und stattlich, wie es einem Mann in Lumpen nur möglich war.
Bennosuke rutschte auf Knien voran und betonte dabei, dass er ja gefesselt war.
«Na, was meinst du, Samurai?», fragte der Mann und fuhr mit einer Hand am Griff des Langschwerts auf und ab, in einer ähnlichen Geste wie zuvor, bloß diesmal anscheinend unwillkürlich. «Meinst du, die stehen mir?»
Obwohl er den Blick gesenkt hielt, bemerkte der Junge, dass an der Taille des Mannes auch ein eiserner Schlüsselring hing.
«Du trägst sie falsch», sagte Bennosuke.
«Was?»
«Du trägst sie verkehrt herum.» Der Burakumin hatte sich die Schwerter mit der Schneide nach unten in den Gürtel gestopft. «Stell dir vor, diese Schwerter wären Bögen. Dann würdest du die Sehne doch zu deinen Füßen hin tragen. Und so ein Schwert trägt man so, dass sich die Schneide oben befindet.»
«Was macht das für einen Unterschied?»
«Wenn du die Schneide nach unten trägst, kannst du nicht gleich nach dem Ziehen zuschlagen. Und wenn man von unten aufwärts schlägt, fällt es außerdem sehr schwer, genug Kraft aufzubieten. Andersherum kannst du ziehen und mit einer fließenden Bewegung sofort zuschlagen, jemandem einen Arm abhacken oder einen Hieb in die Brust versetzen», sagte Bennosuke. «Und es gibt da auch noch einen anderen Grund.»
«Und der wäre?»
«Man kann dich so sehr leicht entwaffnen», erklärte Bennosuke und schüttelte seine Fesseln ab.
Der Burakumin blickte eine herrliche Sekunde lang bass erstaunt. Bennosukes Hand schoss zwischen den Gitterstäben hindurch und packte den Griff des Kurzschwerts. Der Mann konnte weiter nichts tun als zusehen, wie die geschwungene Klinge aus der Scheide glitt. Ein Jaulen entfuhr ihm, als Bennosuke seinen Hinterkopf packte, ihn an die Gitterstäbe zerrte und ihm die Schwertspitze an die bebende Gurgel setzte.
«Gib die Schlüssel her», zischte Bennosuke und war sich bewusst, dass er dabei grinste. «Gib mir die Schlüssel, oder ich stech dich ab.»
Hinter Bennosuke kamen zwei Hände hervor, legten sich um seine und stießen mit dem Schwert zu. Die Klinge fuhr dem Burakumin in den Hals, Blut drang hervor, und dann gluckste der Mann entsetzt durch das Loch in seiner Kehle und starb.
«Mach hier keine Fisimatenten», zischte ein Bandit Bennosuke ins Ohr und trieb, mit seinen Händen immer noch um Bennosukes, das Schwert noch tiefer hinein.
Der andere Burakumin hatte schockiert zugesehen, und ehe er sich aus der Hocke erheben konnte, warfen sich die übrigen Banditen ans Gitter und packten ihn. Sie zerrten ihn an die Gitterstäbe, vier oder fünf von ihnen ergriffen ihn an Armen und Beinen, und dann schlossen sich ihre Finger um seinen Hals und hielten ihm den Mund zu. Der Mann wimmerte und wehrte sich und biss nach allem, was sich ihm bot, es floss Blut, und Männer fluchten vor Schmerz und Wut, und der Burakumin sträubte sich und sträubte sich, bis er schwächer wurde und sein Gesicht erst rot, dann dunkelrot anlief. Dann war auch er tot.
Die Bambusampulle lag auf dem Boden, der Stöpsel war herausgefallen. Sie war leer. Die Banditen
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