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Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Titel: Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kirk
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aufs Pferd und ritt zum Turniergelände.
    Während sich sein Pferd einen Weg durch die Menge bahnte, band er sich ein Tuch vors Gesicht und setzte sich den Helm des Vorbesitzers auf, den er ebenfalls im Gepäck entdeckt hatte. Es war ein billiges, topfartiges Ding, das aber seinen Kopf einigermaßen bedeckte. Nicht gerade eine brillante Tarnung, aber das war auch gar nicht nötig. Die Straßen waren derart mit Leuten verstopft, dass Nakatas Männer ihn kaum entdecken konnten, selbst wenn sie nach ihm suchten. Die wenigen Wachen, die er bemerkte, unterhielten sich oder sahen von ihrem Posten aus dem Treiben zu. Bennosuke ließen sie ungehindert passieren. Sein Magen zog sich vor Aufregung zusammen, weil er bis hierher vorgedrungen war.
    Gerade fand ein Wettbewerb im Bogenschießen statt. Man hatte einen vierhundert Schritt breiten Bereich geräumt, den nun Langbogenschützen hinabgaloppierten, die auf drei kleine Scheiben zielten, ihre Pferde nur mit den Knien lenkend. Auch nur zwei der Scheiben überhaupt zu treffen, war schon eine Leistung. Eine Menschenmenge schaute zu, und die Samurai darunter feuerten ihre Kameraden mit ausgelassenen Rufen an, während die von niederer Geburt höflich und ehrerbietig applaudierten oder ächzten.
    Von einer Tribüne aus, die von einer burgunderroten Palisade umgeben war, sah eine ganze Ansammlung von Fürsten und Würdenträgern dem bunten Treiben zu. Bennosuke gestattete sich einen kurzen Blick darauf, während er daran vorüberritt. Hayato war nicht zu sehen, dafür aber der alte Fürst Nakata, dessen Augen, wenn er zu den Zielscheiben hinüberspähte, zu noch schmaleren Schlitzen wurden als ohnehin schon. In einer kurzen Pause plauderte und lachte er mit den Edelleuten an seiner Seite, den Blick des Jungen bemerkte er nicht.
    Das Reitertreffen selbst fand auf einem eingezäunten, schwer bewachten Feld statt. Dort konnte man sich nicht unbemerkt einschleichen, und wenn er versucht hätte, mit Gewalt zu Hayato vorzudringen, wäre dabei nur ein unehrenhafter Selbstmord herausgekommen. Bennosuke musste wie alle anderen auch dorthin gelangen, indem er sich als Teilnehmer meldete. Männer standen in langer Reihe an, um bei Nakatas Beamten ihren Namen anzugeben. Bennosuke band sein Pferd an und stellte sich mit gesenktem Haupt ans Ende der Schlange.
    Rings um sie her wurden große Tafeln aufgerichtet, auf denen man frisch geschnitzte kleine Bretter anbrachte. Darauf waren die Namen der Teilnehmer verzeichnet und für welchen Fürsten sie ritten. Unter jedem Namen stand eine kleine Widmung:
    Möge der Nakata-Clan nie in seinen herbst eintreten!

    Der Südwind führte mich her, und mit der Gnade der Nakata werde ich wieder in den Norden heimkehren!

    Nakata! Nakata! Hundert Generationen! Nakata!
    Unter seinem Tuch verzog der Junge den Mund. Er fragte sich, ob die Männer das aufrichtig meinten oder ob der burgunderrote Fürst irgendeinen armen Kerl damit beauftragt hatte, sich tausend Variationen des einen Themas auszudenken.
    Die Schlange bewegte sich schnell voran, und bald stand Bennosuke vor einem Beamten. Es war ein abgehetzt wirkender Mann mit tintenfleckigen Fingern, der den Jungen zwar in höflichem, formellem Ton ansprach, dabei aber keine Sekunde den Blick von dem Berg an Dokumenten hob, in dem er wühlte.
    «Herzlich willkommen, tapferer Reiter», intonierte er routiniert. «Der höchst ehrenwerte Fürst Nakata lässt Euch danken, dass Ihr an diesem herrlichen Spektakel teilnehmt. Seid versichert, es wird dabei gerecht zugehen, und Eure Teilnahme wird lange in ruhmreicher Erinnerung bleiben. Würde der geehrte Reiter, der vor diesem dankbaren Diener des höchst ehrenwerten Fürsten Nakata steht, nun bitte seinen Namen niederschreiben?»
    Der Mann wies auf Pinsel und Tinte, und während er weiter seine Papiere hin und her schob, schrieb der Junge den Namen, den er sich zurechtgelegt hatte. Lange hatte er darüber nachgedacht, denn ihm war klar, dass er unmöglich seinen echten Namen angeben konnte. Wenn alles vorüber war, würde er nicht für sich selber sprechen können, und es bestand die Möglichkeit, dass sein Leichnam nicht identifiziert werden konnte. Der Name, den er hier angab, würde womöglich derjenige sein, der mit der Nachricht in die Welt hinausgetragen wurde, und für diesen Fall sollte er eine Botschaft enthalten – eine verborgene Bestätigung für jene, welche die Wahrheit zu erahnen vermochten.
    Die vier Schriftzeichen waren schnell hingepinselt. Der

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