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Rosa

Rosa

Titel: Rosa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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er zwei Jahre lang wie ein Einsiedler in seiner Mietwohnung in Bijlmermeer gelebt und seine gesamte Zeit in das Buch investiert hatte und dass er nicht zu ihr zurückkehren wollte, bevor es fertig war.
    »Das Manuskript liegt beim Bert-Bakker-Verlag«, sagte er.
    »Der wievielte wäre das dann?« Sie hörte nicht auf, obwohl das dämliche Grinsen längst von seinem Gesicht gewichen war. Ihre Mutter hatte Recht. Sie hätte ihn rauswerfen können, zur Not mithilfe der Polizei, aber er war nun mal der Vater ihrer Töchter. »Bei einem Krankenschwesternblättchen sieht meine Mutter ja vielleicht ihre zweitausend Euro wieder, die ich von ihr für das Abtippenlassen borgen musste. Wobei sie immer glaubte, Journalisten könnten selber tippen. Sogar ich kann das.«
    »Ich dachte, ich hätte das erklärt«, sagte Kars abweisend. »Ein Buch muss lektoriert werden.«
    »Deine Schreibkraft war also gleichzeitig Philologin?«
    »Wenn so ein Manuskript nicht vernünftig aussieht, gucken die es sich gar nicht erst an. Weißt du, wie viele Manuskripte Verleger täglich erhalten?«
    Sie gab es auf. »Ganz Holland schreibt.«
    Kars erhob sich wortlos von seinem Stuhl und verschwand im Wohnzimmer. Der Fernseher ging an. Sie räumte die Unordnung weg wie ein Roboter. Danach ging sie hinauf und legte sich ins Bett. Sie nahm sich den neuesten Roman von Donna Tartt vor, den Elaine zum Geburtstag bekommen hatte, konnte sich aber nicht darauf konzentrieren. Sie schaltete das Licht aus und versuchte, zu schlafen. Sie war noch wach, als ihr Exmann in sein Arbeitszimmer auf dem Dachboden ging. Sie hörte ihn telefonieren, war jedoch zu deprimiert, um sich unten an die Treppe zu stellen und zu lauschen.
     
    Der Verlag befand sich in einem schmalen Gebäude am Cornelis Troostplein. Direkt hinter der Eingangstür saß eine rothaarige junge Frau vor Telefonen und einem Computer inmitten eines Chaos aus Papieren und Zeitschriften. Sie schaute kaum auf, als er nach Ben Laacken fragte, und deutete mit einem Wink auf die Treppe: »Erste Tür rechts.«
    Kars musste einem Mann in Hemdsärmeln ausweichen, der einen Bocktisch hinuntertrug. Er fand die Tür, klopfte an und öffnete sie. Zwei Männer und eine Frau saßen in einem schmalen, langen Raum an Schreibtischen und arbeiteten an Computern und Layouts. Niemand beachtete ihn. An der Decke hingen rechteckige Kästen mit Neonröhren und fahles Tageslicht fiel durch die geschlossene Jalousie vor dem Fenster zur Straße. Die Wände waren bedeckt mit Fotos, Ausdrucken verblichener Texte, Titelblättern von Fachzeitschriften, Kalendern. Es sah aus wie im Büro einer Lokalzeitung, eine Erinnerung aus seiner Jugend, vor der Zeit der Datenautobahn, eine halbe Stunde bevor der Kurier mit der Kopie in die Zentralredaktion musste.
    Ben Laacken stand neben einem seiner Redakteure und blätterte Druckfahnen durch. Er hatte einen Bleistift zwischen die Zähne geklemmt und trug verchromte Gliederbänder als Ärmelhalter um die Oberarme. Sein strähniges Haar war dünner und ein wenig grau geworden, sein Gesicht etwas aufgedunsen, nur die Habichtsnase war dieselbe geblieben. Als er aufblickte, runzelte er kurz die Stirn, als könne er Kars nicht gleich einordnen.
    Nach einer Sekunde zog er eine Augenbraue hoch, murmelte dem Redakteur etwas zu und kam auf Kars zu. »Bram. Was machst du denn hier?«
    Kars reichte ihm die Hand. »Ich hätte besser vorher angerufen, aber ich war gerade in der Nähe. Können wir uns irgendwo unterhalten?«
    Laacken öffnete die Tür. »Hinten rechts, gib mir eine Minute.«
    Kars ging den Flur entlang und fand ein leeres Büro mit einem Fenster, von dem aus man auf Backsteinwände und Balkone blickte, einem massiven Schreibtisch mit einer schweren Lampe, Fotos von Laackens Tochter Maya, einem Regal mit Fachzeitschriften und Stühlen um einen runden Tisch, der mit Papieren und Mappen bedeckt war. Keine Fotos von seiner Exfrau. Kars blickte auf die Balkone an den Rückfassaden alter Häuser und das kalte Licht im Innenhof unterhalb von ihm, in den vermutlich niemals ein Sonnenstrahl fiel. Er war nicht neidisch. Ben besaß einen eigenen Betrieb, verdiente seine Brötchen, arbeitete hart, ein Bürger ohne Fantasie.
    Laacken kam herein. »So«, sagte er. »Tut mir leid. Wie geht es dir? Kann ich dir eine Tasse Kaffee anbieten?«
    »Gern.«
    Laacken griff zum Telefon. »Eis, zweimal Kaffee bitte.« Er nahm einen Stapel bedrucktes Papier von einem Stuhl und setzte sich. »Nichts als Ärger hat

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