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Rosa

Rosa

Titel: Rosa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Jedenfalls nicht in Groningen, wo es nur einen gibt. Woher rührt dein merkwürdiges Gefühl?«
    »Der Bauunternehmer aus Zevenaar erhielt am 4. Januar einen Anruf mit der Nachricht, man hätte ein Herz für ihn. Der Krankenwagen stand schon vor der Tür, als er erfuhr, dass die Operation nicht stattfinden könne, weil das Herz nicht passte.«
    Sie runzelte die Stirn. »Hast du von diesem Telefon aus angerufen?«
    »Erschien mir einfacher, als hinzufahren.« Ich grinste, um sie zu beruhigen. »Willem Hofstra reicht in Kürze seine Examensarbeit über die Aufklärung von Angehörigen ein. Ich glaube nicht, dass die einen Anruferdetektor haben.«
    »Das heißt Rufnummernanzeige und jeder Bauunternehmer hat so eine.«
    »Reg dich doch nicht über solche Kleinigkeiten auf.«
    Sie lächelte lieb. »Ich werde meinen Kopf schon aus der Schlinge ziehen, aber Hanna kriegt ein Trauma, wenn ihr Vater ihr bis zu ihrem fünfzehnten Lebensjahr nur einmal die Woche zur Besuchszeit Märchen erzählen kann.«
    Ich trank einen Schluck Wein. »Es geht jedenfalls darum, dass sie nicht sagten, Lessing sei nicht der geeignete Empfänger, sondern es sei nicht das geeignete Herz«, erklärte ich. »Und warum hätten sie ihn anlügen sollen? Wenn beim Cross-match Schwierigkeiten auftreten, liegt es häufiger am Herzen als am Empfänger. Es könnte also sein, dass es überhaupt nicht verpflanzt wurde.«
    »Warum hat man das dann Arin Bodosian erzählt?«
    »Arin Bodosian hat man gar nichts erzählt, die hielt sich in Armenien auf und man konnte nur ihren Anwalt erreichen.« Ich holte die Schüssel aus dem Ofen, schob Nel eine Forelle auf den Teller und streute Petersilie über die Erbsen und Möhren.
    »Und was macht das für einen Unterschied?« Nel legte ihren Fisch zurecht und trennte geschickt den Rücken auf. »Hm, sogar mit Mandeln«, bemerkte sie. »Meneer versucht, ein törichtes Mädchen ins Bett zu kriegen.«
    Ich nahm die Flasche aus dem Kühler. »Trink vor allem noch ein bisschen Wein.«
    »Was macht es aus, wem sie es erzählt haben?«, wiederholte Nel.
    »Während ich die Ausrede mit der Zeitnot erfand, fiel mir ein, dass das vielleicht gar keine Ausrede war«, erklärte ich. »Alles dreht sich um die Eile, mit der das Krankenhaus handeln muss. Sie haben nur vier Stunden. Sie versuchen, Rosa zu retten, was ihnen nicht gelingt. Als sie hirntot ist, schneiden sie sie auf und finden ein Herz, das brauchbar aussieht. Sie checken das Register, sehen, dass sie Spenderin ist. Von dem Moment an läuft die Uhr. Lessing steht ganz oben auf der Warteliste. Er muss aus Zevenaar kommen, deshalb rufen sie ihn so bald wie möglich an. Aber sie können ihm die frohe Botschaft nicht überbringen, bevor sie mit den Angehörigen gesprochen haben. Die mussten sie zuerst anrufen.«
    »Rosa war älter als sechzehn, also brauchten sie die Zustimmung der Angehörigen gar nicht«, erwiderte Nel.
    »Die Regel lautet, dass die Angehörigen immer benachrichtigt werden, schon allein aus Höflichkeit. Das Krankenhaus hält sich an die Regeln. Leute wie Reider tragen Papiere bei sich, in denen steht, an wen man sich im Falle eines Unglücks wenden soll. Das sind seine Frau und sein Anwalt. Seine Frau ist nicht zu Hause, sein Anwalt schon. Der kann zwar keine Entscheidung treffen, aber die Zeit drängt und das Krankenhaus teilt ihm daher höflich mit, dass sie das Herz für eine Transplantation verwenden werden. Erst dann rufen sie Lessing an. Eine halbe Stunde später wird festgestellt, dass das Herz doch nicht brauchbar ist, und sie sagen ihm telefonisch ab. Ich könnte mir vorstellen, dass man es nicht für nötig hielt oder gar nicht daran gedacht hat, auch den Anwalt darüber zu informieren, der es daher nicht besser wusste, als dass Rosas Herz transplantiert wurde. Das erzählt er später der Mutter. Die Mutter ist schockiert und erkundigt sich nicht näher.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Sie wusste nicht einmal, ob es sich bei dem Empfänger um einen Mann oder eine Frau handelte. Wenn die Angehörigen es wünschen, können sie das Alter und das Geschlecht des Empfängers in Erfahrung bringen. Wenn sie sich erkundigt hätte, hätte sie erfahren, dass das Herz gar nicht eingepflanzt wurde, und dann säßen wir nicht in Rumpt bei Forelle, sondern in Spanien bei Paella.«
    Nel trank einen Schluck Wein. »Ich mag keine Paella«, sagte sie. »Wie kommst du an diese medizinischen Weisheiten?«
    »Aus Broschüren der Stiftung für Organspenden. Wenn das

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