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Rosa

Rosa

Titel: Rosa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Wemels geredet, sie suchen tatsächlich jemanden, er erwartet dich am Dienstag in der Praxis. Ich habe gesagt, du wärst um elf Uhr da, ist das in Ordnung?
    Das konnte es nicht sein, was immer es auch war. Wieder ein Piep. Ein alter Mann, er drückte sich sonderbar förmlich aus, aber seine Stimme zitterte vor Empörung: Kars, Hendrik Dufour am Apparat. Ich habe Ihnen mein vollstes Vertrauen geschenkt und Sie haben mich schamlos hintergangen. Sie sind ein abscheulicher Verräter und ein kriminelles Element. Ich will Sie nie wiedersehen. Europa kann auf einen Mann wie Sie verzichten wie … wie auf Zahnschmerzen.

 

14
    Der Einbruch und der Mord waren in zwei aufeinander folgenden Nächten geschehen, nicht in ein und derselben, wie die Polizei vermutete, weil sie am Tatort keinerlei Spuren gefunden hatte, die auf etwas anderes hinwiesen. Cor hatte Zweifel in mir geweckt und jetzt war ich mir sicher: Freitag der Einbruch, Samstag der Mord.
    Ich aß ein Brötchen und stellte eine Theorie auf.
    Am Samstagmorgen hatte Dufour die eingeschlagene Scheibe und das leer geräumte Versteck entdeckt. Er war so deprimiert und schockiert gewesen, dass er nicht einmal die Scheibe repariert hatte, woraus die Polizei schloss, dass der Einbruch und der Mord in derselben Nacht geschehen waren. Er hatte auch nicht die Polizei gerufen. Was hätte er sagen sollen? Dass ihm ein geheimes und der Steuer nie gemeldetes Vermögen in Form von Diamanten gestohlen worden war? Sie hätten ihm nicht mal geglaubt. Ein spinnerter alter Mann. Sein Traum war zerstört worden und für ihn gab es nur einen, der es getan haben konnte: der Europa-Journalist mit seinen schönen Versprechungen.
    Wie Zahnschmerzen. Dufour hatte nach diesem unzulänglichen Ausdruck suchen müssen und er klang wie ein verzweifelter Schluchzer machtloser Frustration. Es war Mitleid erregend.
    Samstagmorgen. Als Dufour die Nachricht hinterließ, war Kars bei Betty. Er hatte sie nie abgehört, sonst hätte er das Band sofort gelöscht. Julia konnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, wovon Dufour redete, doch sie hatte die Kassette aus dem Apparat genommen und Kars nichts gesagt, aus welchen Gründen auch immer. Heute Nachmittag jedoch hatte sie draußen auf dem Flur den Reden ihres Exmannes gelauscht und begriffen, dass dieses Band ihn des Diebstahls überführte. Wahrscheinlich brachte sie Kars nicht mit dem Mord in Zusammenhang, der später begangen worden sein musste, sonst hätte sie vielleicht gezögert, mir die Kassette zuzuspielen, aber sie wollte, dass er für den Diebstahl bestraft wurde. Ihr war klar, dass ihre Kinder durch einen Vater im Gefängnis gezeichnet würden, aber man brauchte ihr nur ins Gesicht zu sehen, um zu erkennen, wie verbittert sie war. Sie hatte eine Stelle bei einem Arzt in Aussicht, sie würde schon über die Runden kommen. Vielleicht tat sie es auch nur aus dem einfachen Grund, weil sie schlicht die Nase voll hatte von Kars und einem von Desillusionierungen geprägten Leben.
    Im Nachhinein entdeckt man oft eine sonderbare Verkettung der Umstände, aber diesmal lag ein bösartiger Glanz auf der Harmonie des Zufalls.
    Denn an demselben Samstagmorgen rief Kars selbst bei Dufour an, von Betty aus. Vielleicht wollte er Betty bei der Stange halten, indem er ihr durch ein simples Telefongespräch bewies, dass er tatsächlich einen Finanzier an der Hand hatte und eine goldene Zukunft vor ihr lag. Doch stattdessen meldete sich ein wütender, bestohlener Dufour. Derselbe Text oder noch mehr: Dufour hatte ihn womöglich rundheraus des Diebstahls bezichtigt. Kars kapierte sofort, dass Victor ihn verraten hatte, und ließ seine Wut an der ahnungslosen Betty aus.
    Das alles verriet, dass Dufour ein naiver Sonderling gewesen war, ein ideales Opfer für jeden gewieften Halbintellektuellen. Er war bei Kars’ Besuch am Dienstag sofort von dessen Gerede beeindruckt gewesen und arglos genug, in dessen Anwesenheit einige Diamanten aus dem Versteck zu holen. Kars kam an Ort und Stelle auf die Idee, dass ein Einbruch mehr einbringen und weniger Scherereien bedeuten würde als der Aufbau einer Zeitschrift.
    Doch Kars war kein Einbrecher, er wusste nicht, wie er es anfangen sollte, oder er wagte sich allein nicht heran. Das Szenario war einleuchtend. Der einzige Einbrecher, den er kannte, war Victor. Er rief ihn im Nachtclub an, versprach ihm einen Job und bat ihn, noch in derselben Nacht zurückzurufen, wenn er von der Arbeit nach Hause kam. Victor tat es und Kars

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