Rosas Vermaechtnis
doch nicht ein solches Interesse daran, wenn nicht jemand das schon in Betracht gezogen hätte. Immerhin scheint es in der Branche trotz allem die Überzeugung zu geben, dass das Buch hier irgendwo sein muss, sonst hätte der Professor sich doch nicht hierher auf den Weg gemacht. Und er kannte sich in der Szene gewiss gut aus.«
Schweigend suchten sie weiter. Es stellte sich heraus, dass der Raum, der direkt unter der Gewölbeküche lag, bei genauer Betrachtung so eine Art Ersatzküche gewesen sein musste; dafür sprachen ein altes Becken und eine scheinbar ebenso alte Gasleitung. Hier musste auch ein Herd gestanden haben. Die eigentliche Entdeckung jedoch war ein mit morschen Brettern zugenagelter Speiseaufzug, den Marie schließlich hinter einem alten Regal entdeckte, das zu jener Menge Gerümpel gehörte, das sie beim nächsten Sperrmülltermin entsorgen wollten. Der Kellerraum gehörte mit drei anderen, die sich daran anschlossen, zu den noch nicht renovierten Räumen. Die Instandsetzung der gesamten Hofanlage hatte so viel Geld verschlungen, dass Alexandra und Marie von vornherein beschlossen hatten, die nicht benötigten Teile des Kellers erst später zu sanieren, die Sache war schließlich nicht besonders dringend.
Jetzt rückten sie mit vereinten Kräften das alte Regal vorsichtig zur Seite und Alexandra begann an den Brettern zu reißen, die die Öffnung des Speiseaufzuges hinter sich verbargen.
»Hör auf!« Marie musste lachen, als Alexandra sich immer mehr in Rage rüttelte, weil das Holz unter ihren Händen nicht nachgeben wollte.
»So alt und immer noch so widerspenstig. Autsch!« Alexandra ließ frustriert die schmerzenden Hände sinken, um nach dem Splitter zu suchen, den sie sich unter die Haut getrieben hatte.
»Gut, dass uns jetzt keiner zugesehen hat«, sagte Marie mitleidslos. »Wozu gibt es schließlich Werkzeug? Mit dem Stemmeisen ist die Sache in null Komma nichts erledigt.«
»Weiß ich selber«, äffte Alexandra Maries besserwisserischen Tonfall nach, »aber das Stemmeisen liegt im Schuppen und ich habe keine Lust hinzulaufen. Warte mal ...« Sie sah sich suchend um. Ihr Blick glitt über am Boden liegende Glasbruchstücke, die sie unbewusst registrierte, bis sie etwas entdeckte, worauf sie gehofft hatte. »Hier, wie wär's denn damit?« Sie ging auf ein Stück verrostetes Eisen zu, das in der Ecke auf dem Boden lag, hob es auf und betrachtete es. »Na also, das ist lang und flach genug, um sich unter die Nägel schieben zu lassen.«
Und tatsächlich, die Bretter gaben nach kurzem Widerstand auf und den Blick auf den geschlossenen Speiseaufzug frei.
Mit beiden Händen zog Marie an dem Griff, der die beiden Hälften miteinander verband. Ächzend tat sich zuerst ein Spalt auf, der sich langsam verbreiterte, sodass sie hineinspähen konnte. Marie nickte. »Da liegt tatsächlich was, ich glaub's ja nicht!« Mit vereinten Kräften zogen sie die Aufzugtüren auseinander – dann war es geschafft. Ein dick eingewickeltes Päckchen lag vor ihnen. Wie einen Schatz hob Marie es heraus und legte es auf einem leeren Regalbrett ab. Dann begann sie vorsichtig damit, die zahlreichen Wachspapierschichten zu entfernen, bis sie schließlich auf einen prächtig bestickten, nur wenig vom Alter vergilbten hellblauen Leinenbeutel stieß, der mit einer ebenso blauen Seidenschleife zugebunden war. Andächtig blieben die beiden Frauen davor stehen, um ihren Fund zu betrachten, dann nahm Marie das Päckchen in die Hand. Alexandra löste die Schleife und zog die Öffnung auseinander, um das Geheimnis endlich zu lüften. Bedächtig ließ sie ihre Hand in den Beutel gleiten, betastete vorsichtig den Inhalt und förderte endlich ein Fotoalbum zutage.
Eine halbe Stunde später saßen sie nebeneinander in der Gewölbeküche und betrachteten mehr oder weniger enttäuscht die vergilbten, aber noch gut erhaltenen Bilder. Auch Mia bekundete Interesse, sprang auf den Tisch und schnupperte vorsichtig an der ersten Seite, um sich schnell wieder abzuwenden und angewidert die Pfote zu schütteln.
Die beiden Frauen lachten. »Na siehst du, Mia, auch du hast schnell gemerkt, dass das nicht das Richtige ist, außerdem hast du natürlich recht. Es riecht wirklich nicht besonders gut.«
Die Bilder im Album waren in sorgfältiger Handschrift kommentiert, unter jedem Foto stand etwas. Durchweg zeigte es das Gehöft im Urzustand, den Kräutergarten, den die Köchin damals angelegt hatte, die Umgebung und natürlich auch die
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