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Rose Harbor und der Traum von Glueck

Rose Harbor und der Traum von Glueck

Titel: Rose Harbor und der Traum von Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Macomber
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sah, wie unter meinen Händen etwas Schönes entstand. Der sich immer wiederholende Akt, Wolle um eine Nadel zu schlingen, Masche für Masche, beruhigte mich auf eine Weise, die sich schwer beschreiben lässt. Wenn ich mich zum Stricken hinsetzte, vermochte ich das Gefühl der Leere, das ich seit Pauls Tod empfand, wenigstens zeitweise zu verdrängen. Und obwohl sich meine Augen vor allem nachts noch immer regelmäßig mit Tränen füllten und ich an nichts anderes denken konnte als an ihn, schien es mir, als würde mir jede gestrickte Masche ein bisschen mehr Linderung bringen.
    Auch jetzt nach dem verwirrenden Gespräch mit Mark Taylor wollte ich mich durch eine Runde Stricken zur Ruhe bringen. Vielleicht konnte ich mir mit klarem Kopf endlich einen Reim darauf machen, was das alles bedeutete. Also setzte ich mich vor den Kamin und griff nach meinem Strickzeug.
    Ich hatte fast immer drei Sachen gleichzeitig in Arbeit. Die Socken waren eher für unterwegs gedacht, denn ich wurde auf Behörden oder beim Arzt, wenn ich lange warten musste, leicht unruhig. Still zu sitzen und keine Ablenkung zu haben, das war seit Pauls Tod schwierig für mich. Sobald ich nicht in Bewegung war oder etwas zu tun hatte, überkamen mich nach wie vor mit aller Macht mein Schmerz und meine Verzweiflung. Insofern wurde Stricken für mich zu einer optimalen Therapie.
    Neben den schlichten Socken hatte ich noch den Spitzenschal aus hellblauer Alpakawolle in Arbeit, der so fein war wie ein Spinnennetz, und außerdem eine Decke in Braun-, Orange- und Gelbtönen für eines der Gästezimmer. Es war ein kompliziertes Muster mit jeweils zehn Reihen, für die ich etwa eine Stunde brauchte. Das machte es allerdings zugleich leichter, immer wieder zwischendurch mal an der Decke zu arbeiten.
    Während ich die nächste Zehnerreihe in Angriff nahm, kehrten meine Gedanken zu Mark Taylor zurück, diesem rätselhaften, mal schroffen, mal hilfsbereiten Mann, und zu dieser seltsamen Geschichte mit Spencer. Wieso war er so plötzlich aufgetaucht und woher diese spontane Abneigung einem Wildfremden gegenüber? Er hatte es mir nicht erklären können.
    Ich zupfte an der Wolle und fuhr mit der Arbeit fort. Meine Gedanken bewegten sich mit der gleichen Geschwindigkeit wie die Nadeln, wanderten von Mark zu meinen Gästen. Beide hatten mir am Morgen erklärt, sie würden erst spät zurückkommen und ich solle für sie nichts zum Essen vorbereiten.
    Überhaupt bekam ich wenig von ihnen zu sehen. Nun ja, sie hatten beide private Dinge zu erledigen. Joshua Weaver wollte sich wohl um seinen kranken Stiefvater kümmern, und Abby Kincaid war zur Hochzeit ihres Bruders gekommen. Eigentlich ein freudiger Anlass, und doch wirkte die junge Frau zutiefst unglücklich. Ich fragte mich, was wohl der Grund dafür sein mochte.
    Jedenfalls schienen beide eine Last mit sich herumzutragen, und beide hatten offenbar absichtsvoll ihre alte Heimat lange Zeit gemieden. Ohne Details zu kennen, verstand ich sie nur allzu gut. Jeder von uns schleppte irgendeine Bürde mit sich herum, der eine eine größere, der andere eine kleinere, und manch einer gewöhnte sich so sehr daran, dass es ihm gar nicht mehr als Besonderheit auffiel.
    Plötzlich verspürte ich den Wunsch, meinen Gästen zu helfen, wusste aber nicht, ob oder wie sich das bewerkstelligen ließ. Auch ein anderer Gedanke schoss mir durch den Kopf: Waren die beiden mit ihren Sorgen womöglich durch das Schicksal ins Rose Harbor Inn geführt worden, um mir zu helfen?
    Die halb fertige Decke auf meinem Schoß wärmte mich – ich wurde schläfrig und wäre beinahe eingenickt. Dabei war es fürs Zubettgehen viel zu früh, erst halb acht, wie mir ein Blick auf die Standuhr verriet. Offenbar hatten mich die Ereignisse des Tages ganz schön angestrengt.
    Ich strickte die Reihe zu Ende, ließ die Hände im Schoß ruhen und beschloss, kurz die Augen zu schließen und mich zu entspannen. Nur für ein paar Minuten. Fast im selben Moment muss ich in einen Halbschlaf hinübergeglitten sein.
    Und dann passierte es zum zweiten Mal seit meiner Ankunft in Cedar Cove, dass ich Pauls Gegenwart spürte.
    Erinnerungen an unsere erste Begegnung fluteten über mich hinweg. Es war in Seattle beim Spiel der Seahawks. Paul saß neben mir, und das Erste, was mir an ihm auffiel, war sein Lächeln. Es kam weniger von seinem Mund als vielmehr von seinen Augen, diesen großen, strahlend blauen Augen, die ständig zu lächeln schienen.
    » Gehen Sie zu allen

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