Rose
Tag bringen. Thomas hatte ihr zwar gesagt, dass Vincent sie noch liebte, doch sie wollte unbedingt, dass ihr das Vincent persönlich sagte. Aber ihr Telefon schwieg weiterhin.
„Du Arschloch, melde dich endlich! ... Hast du mich etwa schon vergessen... Du hast bestimmt eine andere und das war alles nur ein Trick, um mich los zu werden.“
Den letzten Satz bereute sie, als sie die Waffe vor sich liegen sah, denn sie war der Beweis, dass das kein Trick sein konnte, sondern dass der Killer sie beide in seiner Hand hatte.
Das war der rettende Gedanke. Sie nahm den Revolver, steckte ihn in das Halfter und band sich dieses um ihren Knöchel.
„Ich werde bereit sein, wenn du kommen solltest und dann werde ich dir dein beschissenes Gehirn wegpusten. Du hast dich mit der Falschen angelegt, du Wichser!“
Sie holte abermals ihr Handy heraus und diesmal drückte sie nur auf Wahlwiederholung und ließ es klingeln. Es dauerte eine Ewigkeit, doch dann hörte sie endlich die Stimme, die sie so vermisst hatte.
„Claudia, danke, dass du dich endlich bei mir meldest, denn ich konnte es auch nicht mehr ohne dich aushalten.“
Das waren die Worte, die Claudia gerne gehört hätte, doch dem war nicht so.
„Claudia, bist du denn völlig wahnsinnig geworden? Du bringst dich und deine Tochter in große Gefahr. Ruf bitte nicht mehr an. Ich melde mich bei dir.“ Dann legte er wieder auf.
Die Stärke, die sie noch vor Sekunden gespürt hatte, war verpufft. Nun war sie wieder in der Realität angekommen. Eine Realität voller Angst.
Auch Vincent hatte Angst um Claudia. Er wollte nicht so grob zu ihr sein, doch er musste. Sie brachte sich und ihre Tochter mit dieser Aktion in große Gefahr. Vincent fühlte sich für sie verantwortlich und wollte keinerlei Risiko eingehen. Er war sich aber immer noch nicht sicher, ob er Michael vertrauen konnte. Vielleicht war er schon auf dem Weg zu Claudia, um sie zu töten. Diese Ungewissheit machte ihn verrückt. Seine innere Stimme verlangte pausenlos, dass er zu ihr fahren sollte, nur um nachzusehen, ob alles in Ordnung war. Doch noch konnte er ihr widerstehen.
Vincent und seine Mannschaft versuchten herauszufinden, wie sie Michael aufspüren konnten, doch auch nach stundenlangem Recherchieren kamen sie nur zu dem Ergebnis, das sie ein Phantom jagten. Er hatte so viele Menschen getötet und doch hinterließ er keine Spuren. Und die Spuren, die sie hatten, hatte er selbst gelegt.
Es gab keinerlei Verbindungen zwischen den einzelnen Opfern. Das Einzige, was sie verband, war, dass sich keiner für sie interessierte. Auch auf dem Stadtplan, auf dem sie die Punkte gekennzeichnet hatten, war kein Muster auszumachen. Sie wussten alle, dass Michael in die Geschichte eingehen wollte, doch so wie es zu dem Zeitpunkt aussah, war er nur ein Killer, der äußerst brutal vorging. Was nicht dazu führen würde, dass man ihn nicht vergessen konnte. Also gingen alle davon aus, dass das dicke Ende noch folgen musste.
Sie fanden nichts Besonderes über Nicole und ihre Mutter heraus. Auch Jaqueline war eine Sackgasse. Die Schriftproben der Zettel ergaben auch keinen Treffer. Alles in allem hatten sie nichts außer Leichen im Keller und sie wussten, dass das nicht die letzten sein würden.
Wieder war es spät geworden und so entschlossen sich die Männer, erst einmal Schluss zu machen, damit sie sich mal wieder richtig ausschlafen konnten, denn in einem übermüdeten Körper wohnt auch ein übermüdeter Geist. Sie einigten sich darauf, dass sie sich für zwei Tage nicht sehen würden, außer einem von ihnen kam die goldene Idee. Sie brauchten Abstand von dem Fall und von der Gruppe. Herr Strauß hatte diesen Vorschlag und alle waren damit einverstanden. Es hieß ja nicht, dass sie alle Urlaub machen sollten, sondern nur, dass jeder für sich, ohne Beeinflussung von jemand anderem, über den Fall nachdenken sollte. In zwei Tagen würden sie sich wieder treffen. Wiederum war es Herr Strauß, der dafür gesorgt hatte, dass alle Informationen und Bilder per Email an seine Leute gesendet worden waren. So hatten sie alles, was sie brauchten, um die zwei Tage sinnvoll zu nutzen.
Es war 04:23 Uhr, als sie sich voneinander verabschiedeten. Alle gingen getrennt zu ihren Autos und machten sich auf den Weg nach Hause, nur Vincent saß noch eine gute Viertelstunde in seinem Wagen und wusste nicht, wohin er fahren sollte. Natürlich hätte er nach Hause fahren sollen, um richtig auszuschlafen, doch da war sie wieder,
Weitere Kostenlose Bücher