Rosen des Lebens
liebt?«
»Aber nicht zu sehr.«
»Ich merke es mir. Hinzufügen muß ich, daß die erfolglose Belagerung dem armen Ludwig Sorgen bereitete, um sich die Haare
zu raufen. Am Vortag war er gegen vier Uhr im Feldlager gewesen, denn drei Attacken standen bevor. Alle drei scheiterten.
Und als er sich zurückzog, kam eine Kanonenkugel von den Wällen von Montauban geflogen und tötete zehn Schritt von ihm einen
Lakaien. Ich sah den König, wie ich Sie sehe. Er zuckte mit keiner Wimper. In den folgenden zehn Tagen besuchte er die Königin
nicht, denn er hatte viel zu tun und zu entscheiden. Und vierzehn Tage später, am vierzehnten November, wie gesagt, verließ
er das Lager von Montauban.«
»Den Tod in der Seele, vermute ich.«
»Ja, Madame, den Tod in der Seele, ist gut gesagt. Ihm war klar, daß das Scheitern vor Montauban im allgemeinen Bewußtsein,
vor allem aber in dem der Hugenotten, die Erfolge |318| auslöschen würde, die er am Beginn des Feldzugs errungen hatte und die doch nicht gering waren. Allein Saint-Jean-d’Angély
war schon eine wichtige Eroberung, und daß dort nun eine königliche Garnison saß, störte die Hugenotten von La Rochelle empfindlich.
Aber die ganze Affäre traf ihn auch in seiner Liebe. Luynes’ völliges Versagen vor Montauban erschien ihm nicht nur unwürdig
eines Konnetabels, sondern, schlimmer noch, sogar unwürdig eines Edelmannes und hatte seinen Ehrbegriff tief verletzt. Zu
dieser Enttäuschung gesellte sich der Zorn darüber, daß Luynes sich nicht entblödet hatte, hinter seinem Rücken mit den Rebellen
zu verhandeln. Das hieß in seine königlichen Vorrechte eingreifen, und für ihn war dieser Fehler unverzeihlich.«
»Sie meinen, Luynes’ Ungnade war nahe?«
»Ja, Madame. Und wenn ich es so auszudrücken wage, rettete ihn davor nur der Tod.«
»Luynes starb?«
»Als das königliche Heer Montauban verließ, ging es über Nérac, Duzet nach Nordwesten und hielt in Longuetille, einem Dorf
westlich von Aiguillon. Von Longuetille machte sich Luynes auf, Monheur zu erkunden, ein kleines Hugenottennest. Da verharrt
er denn zu Pferde, begleitet von Monsieur de Desplant, und während er die Feste beobachtet, schießt ein Narr unter diesen
Hugenotten, die der Sieg von Montauban offenbar berauscht hat, mit der Muskete auf ihn. Nicht daß er ihn trifft – stellen
Sie sich vor, Madame, welche edle Figur Monsieur de Luynes heute vor der Geschichte machen würde, hätte ihn die Kugel ins
Herz getroffen! Nein, sie traf den Sattelknauf, auf den Monsieur de Desplant lässig seine Hand stützte, und bevor sie einschlug,
zerlöcherte sie seinen Handschuh und streifte seinen kleinen Finger. Das Ereignis hatte große Folgen: Der Herr Konnetabel
war im Feuer, o Wunder! Er kehrt mit verhängten Zügeln zurück nach Longuetille, zeigt allen den Sattelknauf und den Handschuh
von Monsieur de Desplant und beredet den König, Monheur anzugreifen.«
»Wenn ich recht verstehe, will er einen kleinen Sieg über eine kleine Feste, um seinen Ruhm zu vergolden.«
»Ebendas, Madame. Am achtundzwanzigsten November wird Monheur von einem Gewittersturm heimgesucht mit Regenfluten und endlosen
Blitzen. Es war, als breche der Himmel |319| über dieses Dorf herein, weil es sich vergangen hatte, einen Musketenschuß auf einen guten Katholiken abzufeuern. Und als
ob der himmlische Zorn noch nicht genügte, beschoß man es nun auch noch mit Kanonen. Doch wider alle Erwartung ergaben sich
die Belagerten nicht und hielten wacker stand. Und am dritten Dezember, um drei Uhr nachts, wurde Monsieur de Luynes von starkem
Schüttelfrost und Halsweh erfaßt. Am vierten, fünften und sechsten besuchte ihn Ludwig. Am siebenten Dezember überzogen sich
Rücken und Beine von Monsieur de Luynes mit hochroten Pusteln. Vor einer solchen Evidenz erklärte sein Arzt, er habe das Purpurfieber,
und Héroard untersagte Ludwig die Krankenbesuche. Wie schon in den Tagen zuvor, verbrachte Ludwig von nun an bis zum Tod des
Favoriten viele Stunden mit dem Grafen von Schomberg in seinem Quartier in Longuedy.«
»Schomberg?«
»Ein Freund aus Kindheitstagen. Er war im gleichen Alter wie der König. Henri Quatre hatte ihn mit Montpouillan und anderen
zum Ehrenknaben seines Sohnes erwählt, in Saint-Germain-en-Laye hießen sie seine ›kleinen Edelleute‹. Montpouillan war Ludwig
der liebste, aber ohne daß Schomberg ihm je gleichkam, wurde er doch immer sehr geschätzt, und als
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