Rosen für eine Leiche (German Edition)
eigenen Schatten verwandelt. Lautlos wie
ein Dieb stahl ich mich ums Haus herum zurück zur Eingangstür, schloss auf,
ging an den Kühlschrank, holte Gläser, mixte Campari Soda und brachte die
Drinks zur Terrasse.
Lola war aufgestanden. Sie wickelte eine braune Strähne um den
Zeigefinger. Ernst sah sie mich an.
»Ich möchte, dass du aufhörst, mich beobachten zu lassen«, sagte
sie.
»Wie kommst du darauf?«, fragte ich.
»Allein deshalb, weil du so einen Schmuddeltypen beauftragt hast,
bin ich enttäuscht von dir.« Sie schnitt eine Grimasse. »Glatze, Lederjeans,
Piercing im Ohr … Ach, hören wir doch auf. Also halt mir diesen Typ vom
Hals, Joe! Bitte!«
Mit einer fahrigen Handbewegung wischte sie meine wenigen Argumente
vom Tisch. Sie ging und vermied es, den Kies spritzen zu lassen, als sie vom
Hof fuhr.
Zwei volle Gläser blieben auf dem Tisch zurück.
»Herr Ottakring.«
Olga Stripli auf dem AB . Keine Begrüßung.
Sie klang aufgeregt.
»Halten Sie sich fest. Priegel ist raus. Am 2. September entlassen. Ich hab das Nötige
veranlasst. Zur Erinnerung: Der Mord in Ros…«
Der Rest war abgeschnitten. Mir lief ein kalter Schauer den Rücken
hinunter. Priegel war frei! Als hätte ich es geahnt. Es war sozusagen eine
Bestätigung meiner vagen Vermutung, dass ein Zusammenhang zwischen Priegel und
den aktuellen Morden bestand. Diese gezielten Schüsse in die Stirn waren denn
doch sehr eklatant. Jener vor über zwanzig Jahren; der, durch den Helen
Esterding umkam, und schließlich das Loch in der Stirn von Herrn Christnacht.
Für mich war es offensichtlich. Doch vorerst musste ich ein Problem nach dem
anderen angehen. In so etwas verwurstelt man sich sonst leicht und beißt sich
dann die Zähne aus.
Hatte ich eigentlich schon etwas aus dem Leben des Herbstfestopfers
gehört? Auch um diesen Christnacht musste ich mich kümmern. Doch zuerst musste
ich mit Pauli reden. Noch sollte er im Bellini-Fall unter Münchener Künstlern
Ausschau halten.
»Hey, Pauli, was ist los?« Ich hatte ihn sofort am
Telefon. Pauli hatte sein Handy immer und überall dabei. »Tust du etwas, von
dem ich nichts weiß?«
»Ich tu vieles, von dem du nichts weißt«, sagte Pauli. »Und das ist
auch gut so.«
»Du musst nicht sülzen. Du weißt genau, was ich meine. Hör auf,
hinter Lola Herrenhaus herzustelzen.«
»Ich? Herrenhaus?«
Pause. Ich hörte ein Feuerzeug klicken.
»Na gut. Du hast mir leidgetan, ich hab doch gemerkt, was mit dir
los ist. Und da hab ich mich eben ein bisserl um die Dame gekümmert. Willst du
das Resultat hören?«
»Nein, ich hab absolut keine Zeit jetzt. Aber ich werd deswegen
wieder auf dich zukommen«, sagte ich. »Kümmer dich lieber um die Esterding.«
Ich überlegte.
»Von mir aus bleib an Lola ein bisserl dran. Nur ein bisserl,
sozusagen einen Hauch für alle Fälle. Aber lass dich nicht wieder erwischen.
Und zieh dir was Ordentliches an.«
»Ja, Mama«, sagte Pauli mit gekünstelt hoher Stimme.
ZWÖLF
»Ich mag die Deutschen«, sagte der Mann im Fernsehen,
»obwohl ihnen Ordentlichkeit, Zuverlässigkeit, Fleiß, Fortschrittlichkeit,
Ehrlichkeit und ein Hang zum Kriegerischen nachgesagt werden.«
Ich hatte mir Kartoffelsuppe aus der Dose warm gemacht, die ich im
Wohnzimmer auf der Couch aß. Herr Huber betrachtete mich mit neidischem Blick
und sabberte mit hängenden Lefzen auf den Teppich. Im dritten Programm kam ein
Interview mit einem italienischen Auslandskorrespondenten. Wie es mit den
sogenannten deutschen Tugenden bei uns bestellt sei, war das Thema.
Ich hörte der Sendung zwar zu, doch konzentrieren konnte ich mich
nicht. Meine Gedanken waren bei Herbert Priegel. Ich war mir sicher, dass nach
ihm gefahndet wurde, und ich mochte nicht schon wieder dazwischenfunken.
»Ich wollte die Räume, in denen ich hier in Frankfurt arbeite,
weißen lassen«, sagte der Journalist. »Von einer deutschen Malerfirma. Nach
zwei Wochen waren sie immer noch nicht fertig. Und sie haben nicht sauber
gearbeitet. Wie in Italien.«
Nun, da Olga mir bestätigt hatte, dass Priegel entlassen worden war,
sprach viel dafür, dass die Lösung für den Wiesnmord nahe war. Die Merkmale des
Mords waren zu typisch, als dass sie nicht für Priegel sprechen würden. Sein
Alibi musste bombenfest sein, wenn er aus dieser Schlinge kommen wollte.
»In Deutschland gibt es Korruption, Schwarzarbeit, Erpressung,
Steuerbetrug und Ladendiebstähle«, sagte der Italiener. »Wie am Balkan und in
Italien.«
Das mit
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