Rosenberg, Joel - Hüter der Flamme 05
Gesichtsausdruck zeigte, wobei den spähenden Augen unter den schweren Brauen allerdings nicht die geringste Kleinigkeit entging.
Tennetty hatte als einzige im Saal noch nicht Platz genommen; jetzt trat sie einige Schritte zurück und lehnte sich gegen die Wand. Wie üblich in ein ledernes Männerhemd und abgetragene Hosen gekleidet, rückte sie an ihrem Waffengurt, als wollte sie jedermann vor Augen führen, daß sie einen viel gebrauchten Säbel trug, einen Nehara-Dolch sowie zwei geladene Pistolen statt lediglich eines formellen Kurzschwerts.
Thomen beugte sich vor und flüsterte ihm zu: »Ich bat den Drachen, rechtzeitig zum Beginn der Sitzung hier zu sein, doch er scheint sich verspätet zu haben.
Am besten fangen wir mit den Punkten an, bei denen keine Probleme zu erwarten sind. Doch als erstes mußt du die Abwesenheit deiner Mutter erklären.« Thomen winkte dem Hofschreiber, einem stämmigen Ingenieur, der an seinem Schreibpult unmittelbar neben der langen Versammlungstafel ganz und gar fehl am Platze wirkte. Der rotbärtige Mann sah aus, als hätte er sich lieber zum Schichtdienst in der Waffenschmiede einteilen lassen.
Thomen nickte leicht mit dem Kopf.
»Also schön«, sagte Jason und erhob sich. Thomen hatte es deutlich erklärt: Er mußte die Versammlung stehend eröffnen. Sie überragen, die Zusammenkunft beherrschen, keinen Zweifel daran aufkommen lassen, daß er das Zepter führte. Selbst wenn letzteres nicht genau der Wahrheit entsprach. Ganz besonders, wenn es nicht der Wahrheit entsprach.
»Meine Damen und Herren, ich heiße sie zu dieser Ratsversammlung willkommen. Wir werden heute abend viel zu besprechen haben, also werde ich mir eine lange Rede darüber ersparen, wie sehr mein verstorbener Vater von uns allen vermißt wird, und gleich in medias res gehen. Punkt eins: die Abwesenheit meiner Mutter. Sie hat in letzter Zeit viel zu hart gearbeitet, so daß man ihr bis zum Tag meiner Abreise strikte Ruhe verordnet hat.«
Ein unterdrücktes Raunen lief um den Tisch.
Thomen ergriff das Wort. »Um den von außerhalb angereisten Versammlungsteilnehmern die Möglichkeit zu geben, die Kaiserin persönlich zu begrüßen, habe ich veranlaßt, daß für die nächsten paar Tage in der Burg Quartiere hergerichtet werden.«
Bren Adahan schüttelte den Kopf. »Vielleicht können die übrigen noch bleiben, aber Ranella und ich sollten auf dem Weg über Furnael und Klein-Pittsburgh nach Adahan zurückkehren. Die Produktion geht zurück, und wir müssen den Grund dafür herausfinden - die Berichte legen die Vermutung nahe, daß es in Adahan Nachschubschwierigkeiten gibt, aber ...«
Einem Kaiser, auch einem angehenden Kaiser, gebührt absoluter Gehorsam. »Es genügt, wenn Ranella nach dem Rechten sieht. Du wirst tun, was man dir befiehlt«, sagte Jason.
Im Saal herrschte plötzlich eine frostige Atmosphäre. Bren Adahan hatte ganz unbekümmert gesprochen; auf eine derart scharfe Reaktion Jasons war er nicht gefaßt gewesen.
»Vergebung, Sire«, entgegnete Bren Adahan. »Ihr habt vollkommen recht; ich werde selbstverständlich tun, was man mir befiehlt. Vermutlich war meine Ausdrucksweise zu wenig präzise und hat ein Mißverständnis verursacht; ich wollte lediglich Euch und den Regenten darüber informieren, daß es sowohl in meiner Baronie als auch in der Baronie Furnael dringende Probleme gibt, die sofortige Aufmerksamkeit verlangen und vorschlagen, daß Gouverneur Ranella und ich uns der Sache annehmen.« Er neigte den Kopf vielleicht einen Millimeter zu tief und schaute dann mit steinernem Gesicht vor sich hin.
Thomen verdrehte die Augen gen Himmel, während die übrigen Anwesenden unbehaglich auf ihren Stühlen rutschten.
Roter Feuerschein leuchtete durch das Fenster.
*Guten Abend miteinander*, grüßte Ellegon und verkündete seine Ankunft mit einer plumpsenden Landung im Burghof. Ledrige Schwingen knatterten im Wind, während der Drache sich auf dem Boden bequem einrichtete.
*Und auch dir einen guten Abend*, sagte Ellegon mit jener besonderen Färbung seiner Gedankenstimme, die Jason verriet, daß der Drache ihn allein ansprach, *Quarkhirn. Sieht aus, als wäre ich zu spät gekommen.*
Wovon redest du? Und was hat dich aufgehalten?
*Nichts Wichtiges. Ich entdeckte einen kleinen Trupp Reisender, die zu ungewöhnlich später Stunde noch unterwegs waren, also duckte ich mich hinter den nächsten Hügel und wartete, bis sie nahe genug kamen, daß ich ihre Gedanken lesen konnte. Sie waren in
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