Rosenberg, Joel - Hüter der Flamme 05
schwarz. Doch es flog in westlicher Richtung und sie segelten nach Norden, die Sonne ging unter, und sie konnten nicht genau erkennen, um was es sich handelte.
Es war nicht Ellegon, das wußte Jason sicher. Es war nicht Ellegon.
Landgang auf Millipos und wieder nichts als Gerüchte. Ja, der Krieger hatte auf Klimos zugeschlagen, aber dann war er verschwunden. Zu viele Verfolger auf seiner Spur, also hatte er sich in Luft aufgelöst. Nein, nicht in Luft aufgelöst; er hatte die Niederlassung der Gilde dort überfallen, doch war der Angriff abgewehrt worden.
In Millipos gab es eine Taverne, die hauptsächlich von Seeleuten besucht wurde. Einige vertranken dort ihre Heuer, andere suchten Arbeit. Kethol und Bren Adahan bestellten etwas zu trinken und spitzten die Ohren.
Nichts Neues seit Klimos. Aber habt ihr schon gehört ...
An dem ersten mit Ellegon verabredeten Treffpunkt segelten sie vorüber. Es hätte drei Tage gedauert, Pefret anzulaufen, überdies hatten sie keinen Grund dazu. Bis zum nächsten Treffpunkt würden sie die Lösung des Rätsels gefunden haben, so oder so, hofften sie.
Nach Millipos legten sie auf Filaket an und erhielten auch dort keine brauchbaren Informationen.
Versucht es in Klimos. Er war dort, und seither hat man nichts mehr von ihm gehört. Doch er ist nicht verschwunden; er tötet Sklavenhändler im Schlaf, und er hat zwei - nein zwölf, nein, zwanzig Gefährten.
Sklavenhändler, hier? Wo der Krieger sich herumtreibt und jeden Augenblick auftauchen kann, um jedem die Haut abzuziehen, der auch nur entfernt aussieht wie einer von der Gilde? Seid ihr verrückt? Nun, ja, es war ein Gildemann hier, aber seht euch doch die Kornspeicher an - wir haben zu essen. Für was haltet ihr uns, daß ihr glaubt, wir würden unsere Kinder verkaufen, wenn es nicht sein muß? Der Rauchschleier am Horizont wurde größer und deutlicher, je mehr sie sich Klimos näherten. Die Gazelle lief mit hohem Bug dicht am Wind und krängte stark.
Während er an der Reling stand, spürte Jason eine bleierne Kälte in der Magengegend, als hätten sich Brot und Käse, die er kurz zuvor gegessen hatte, in Stein verwandelt.
»Also gut, Leute«, sagte Tennetty und klatschte Aufmerksamkeit heischend in die Hände, »genug herumgeschaut. Ich möchte, daß jede einzelne Schußwaffe geladen ist, jede Pulverpfanne gefüllt, jeder Hahn halb gespannt. Bren Adahan und Durine, ihr ladet eure Armbrüste; Kethol, du machst deinen Langbogen einsatzbereit.«
Bren Adahan schüttelte den Kopf. »Wir sind mindestens ...«
»Halt den Mund und tu, was ich dir sage«, unterbrach sie ihn. »Von euch allen hier habe ich die meiste Erfahrung im Führen eines Trupps Freischärler. Damit habe ich das Kommando über alles und jeden, Euch eingeschlossen, Baron Adahan.«
Jason merkte, daß alles auf ihn blickte.
Das ist gemein, dachte er. Keiner kann von mir verlangen, daß ich ständig solche Entscheidungen treffe, nur weil ich meines Vaters Sohn bin.
Und warum nicht? Warum spielte Tennetty Hansdampf, wenn sie noch gut und gerne eine Stunde von der Insel entfernt waren? Der Rauch am Himmel ließ Gefahr vermuten - aber warum die Dinge jetzt schon auf die Spitze treiben?
Nach kurzem Nachdenken kam er zu dem Schluß, daß jetzt der geeignete Moment war zu entscheiden, wer die Führung übernehmen sollte. Vielleicht war Tennetty keineswegs so verrückt wie alle glaubten.
Immer noch waren aller Augen auf ihn gerichtet.
Wie würde sein Vater gehandelt haben? Das war einfach zu beantworten: Karl Cullinane hätte Tennetty vertraut. Doch Karl Cullinane hätte sich auf Tennetty verlassen können. Jason schätzte Tennettys Sympathien für seine Person weitaus geringer ein.
Doch er konnte es immerhin versuchen. Er bemühte sich, gelassen zu sprechen. »Du hast das Kommando, Tennetty. Ihr alle, macht euch kampfbereit.«
»Nehmt Ölpflaster für die Kugeln«, fügte Tennetty hinzu. »Vielleicht braucht ihr eure Spucke noch anderweitig. Und, Durine«, sagte sie, zu dem großen Mann gewandt, »nimm die Rundkugel für deine Trompete.«
»Ist es schlimm, wenn ich ein bißchen mehr Pulver nehme?« erkundigte sich Durine, indem er die abgesägte Schrotflinte an der Reling festschnürte und sich das zweite Gewehr mit dem glatten Lauf vornahm.
»Es ist dein Gesicht, das du in Gefahr bringst.«
»Wäre nicht schade drum.« Durine schüttete eine großzügig bemessene Ladung in die Mündung, schob einen dicken Pfropfen hinterher, nahm eine gefettete Kugel
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