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Rosenmörder (German Edition)

Rosenmörder (German Edition)

Titel: Rosenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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einer
Zorromaske vorm Gesicht. Das Bild verschwindet nicht aus meinem Kopf.

FÜNFZEHN
    Ottakring ließ den Blick über die Hochzeitsgesellschaft
schweifen.
    Pauli, sein langjähriger Spezl aus München, war Trauzeuge gewesen.
Pauli war Mitte vierzig, ein liebenswerter Schlawiner und jahrelang Ottakrings
V-Mann fürs Grobe in München gewesen, als der Kriminalrat dort Chef der
Mordkommission war. Pauli war so etwas wie ein verdeckter Ermittler. Wäre er
kein Gauner gewesen, hätte er Banker werden können, Versicherungsmakler oder
Politiker. Er beherrschte die Kunst, aus der Menschheit Geld herauszuschlagen,
ohne Gewalt anzuwenden. Auch am Tag der Hochzeit trug er sein Indianeramulett
um den Hals. »Um böse Blicke abzuwehren.« Er machte eine gute Figur in seinem
Leihsmoking, in dem bestimmt schon unzählige Trauzeugen und Bräutigame vor ihm
gesteckt hatten, den Fleck am Revers als Erkennungszeichen. Pauli war der
Einzige in der Gesellschaft, der einen Smoking trug.
    Über Lolas Münchener Kolleginnen vom Bayerischen Fernsehen war
Ottakring verwirrt, als sie vor dem Aschbacher Hof ausstiegen. Sie waren Ende
zwanzig bis Ende dreißig und sahen aus, als hätten sie sich alle im selben
Modegeschäft einkleiden lassen. Sie trugen einen beinahe identischen
Einheitslook – weite, schwarze Oberteile, schwarze Hosen, dunkle
Sonnengläser in riesigen schwarzen Metallfassungen und kunstvoll zerzaustes
Haar.
    »Hallo, Susi«, rief Lola und umarmte freudestrahlend eine, die
abseits der Gruppe stand. Eine, die eine Schönheitskonkurrenz für sich hätte
entscheiden können. Ebenmäßiges Gesicht, edle Nase, strahlender Teint, das
Gesicht eingerahmt von einem sexy Locken-Bob.
    Ottakring kannte Susanne von der Hauseinweihungsfeier. Die
Diplom-Journalistin war Fernsehmoderatorin mit Leib und Seele. Sie hatte eine
sehr elegante Art, ihrem Publikum die Zähne zu zeigen, nämlich durch ein
bezauberndes Lächeln. Ihre Bewegungen waren die einer Stewardess auf einer
südamerikanischen Airline, und sie sprach ein reizendes Münchnerisch.
    Die Hochzeitsgesellschaft saß an aristokratisch gedeckten Tischen im
Restaurant L’Opera, dem feinen Lokal im Aschbacher Hof. Es waren nicht sehr
viele Gäste. Das Brautpaar hatte auf Zurückhaltung bestanden.
    »Ich bin vierundfünfzig Jahre alt. Da feier ich meine Hochzeit nicht
wie ein Dreißigjähriger.« Ottakring musste Lola nicht erst überreden.
    Er ging von Tisch zu Tisch, liebevoll verfolgt von Lolas Blick aus
dem gesunden Auge. Das andere war von ihrer Piratenklappe verhangen. Professor
Ekehard, ihr Augenarzt, hatte einen Platz schräg gegenüber. Er trug Fliege.
    »Keine Sorge, Frau Herrenhaus, das wird schon«, sagte er ein ums
andere Mal. »Bald können Sie wieder wie ein Komantsche sehen. Eine Pfeilspitze
auf hundert Meter. Alles wird gut.«
    Richtige Freunde hatte Ottakring nicht. Doch neben Pauli hatte er
einige weitere Bekannte eingeladen. Da war sein Chef, der Polizeidirektor
Schuster in strammer Uniform. Dessen dunkle Züge waren eine Spur blasser als
üblich, doch immer noch wie gemeißelt. Vor wenigen Wochen hätte er sich beinah
wegen einer Blinddarmentzündung von dieser Erde verabschiedet. Aus dem
Präsidium war auch Artur Josef Huber, der Pförtner, dabei. Huawa, wie er von
allen genannt wurde, und seine Frau Bernadette hatten sich immer rührend um
Herrn Huber gekümmert. Sie hatten den Hund geliebt. Huawa hatte eine bewegte
Vergangenheit hinter sich, deretwegen sich einige fragten, wieso gerade er an
der Pforte des Präsidiums saß.
    Am anderen Ende der Tafel hatte Ludgar Sachs Platz genommen, der
Besitzer des Aschbacher Hofs. Sachs war ausgebildeter Opernsänger, der in einem
Orchestergraben verunglückt war und seine Karriere beenden musste. Als Ersatz
dafür zog er im Sommer inmitten eines tierischen Gnadenhofs Musikfestspiele in
einer Reithalle auf. Ebenfalls anwesend war Giorgio von dem Knesebek, Mitglied
im Lions Club Rosenheim. Ottakring und er hatten zusammen verschiedene
Bergtouren mit den Hunden unternommen. Hohe Asten, Hochries, Farrenpoint,
Kampenwand, Samerberg, abends auf den Pfandlhof. »Prost! Schön, dass es euch
gibt«, das war Knesebeks liebster Satz.
    Und da war noch der Pfarrer. Ottakring blieb besonders lang bei ihm
stehen, denn Pfarrer Presidio war ein Original. Obwohl der Kriminalrat nicht
gerade ein Kirchgänger war, verstanden die beiden Männer sich prächtig.
Presidio war in seinen frühen Vierzigern. Groß und schlank, lange Haare, die
ihm in

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