Rosenmörder (German Edition)
Richtung
Polizeipräsidium.
Was hat eine Polizistin im Sinn, die sich als Journalistin ausgibt
und sich an Nadeschda Gubkinowa heranmacht? Womöglich ein Interview mit ihr
führt. Er kennt Nadeschda, sie ist eitel, vor allem, was ihre Charity betrifft.
Das Spielchen bedeutet nichts anderes, als dass die Polizei ihre und
möglicherweise seine Spur aufgenommen hat.
Schon bevor er die Straße überquert, hält er Ausschau nach einem
geparkten Golf mit ungewisser Farbe und dem Kennzeichen, das er sucht. Er sieht
ihn nicht auf den Polizeiparkplätzen in der üppigen Kaiserstraße, er findet ihn
nicht in der kargen Ellmaierstraße.
Ohne Weiteres gelangt er in den Innenhof, wo die Werkstatt und die
Waschanlagen des Polizeipräsidiums sind. Das Tor steht wegen Reparaturarbeiten
offen. Er marschiert an einem Schild mit der Aufschrift »Zutritt verboten«
vorbei. Er greift nach der Zeichnung in seiner Sakkotasche und wirft einen
Blick darauf. Lässt den Blick kreisen. Nur Männer, keine einzige Frau.
Lenya fällt ihm ein, er weiß nicht warum. Wahrscheinlich weil es im
Wesentlichen Lenya war, der ihnen diese Verfolgung eingebrockt hat. Lenya mit
seinen kleinkarierten Machtgefühlen. Legt sich mit dem Chef der Mordkommission
an, ohne die Folgen zu bedenken. Es ist schon richtig, dass er ihn beseitigt
hat.
Dr. Monique Zarah. Wie kommt sie auf diesen Namen? Hätte es nicht
Emmi Müller auch getan? Dr. Monique Zarah kommt von rechts direkt auf ihn zu.
Erkennen darf sie ihn nicht. Er wendet sich ab und erhöht die Schrittfolge. Da
sieht er ihn, den Golf. In der Waschanlage, er glänzt, das Kennzeichen blitzt
ihm entgegen. Das Rolltor der Anlage war vorhin geschlossen gewesen. Die Zöpfin
also auf dem Weg zu ihrem Wagen.
»Hallo!«
Eine helle Frauenstimme. Nein, das darf nicht sein. Unwillkürlich
fährt die Rechte unter die Jacke. Fühlt das kalte Metall.
»Hallo! Bleiben Sie stehen!«
Fluchtinstinkt. Er will losrennen. Doch aus welchem Grund? Was liegt
gegen ihn vor? Außer dass sie ihn bei Gubkin gesehen hat, hat sie nichts in der
Hand. Cool bleiben. Er bleibt stehen. Langsam wendet er sich ihr zu. Sie hat
nichts gegen ihn. Absolut nichts. Er muss sich zwingen, die rechte Hand in
Schach zu halten. Jetzt sieht er, dass die Polizistin hinkt.
»Was suchen Sie hier? Kann ich Ihnen weiterhelfen?«
Seine trainierten Instinkte sind hellwach. Hat sie ihn nicht
erkannt?
»Kennen wir uns?«, fragt er so harmlos wie möglich.
»Warum sollten wir uns kennen? Ich hab den Eindruck, Sie haben sich
verirrt. Oder sind Sie ein Besucher? Zu wem wollen Sie?«
»Das stimmt«, sagt er. »Ich hab mich verirrt. Ich war noch nie in
einem deutschen Polizeichof. In meiner Heimat war ich auch Polizist. Ich wollte
sehen, wie ist das chier. Rein Neugier.« Er setzt das schönste Lächeln auf, das
ihm gelingen will. »Oder wären Sie freundlich und zeigen mich a bissl rum?«
Sie zeigt. Nicht sehr lang. Gerade so lang, dass er seine gefühlte
Überlegenheit wiedergewinnen kann.
»Wirtschaft, Würstlstand, Döner?«, lädt er sie ein. Er kann sich
nicht vorstellen, dass sie so naiv ist, anzunehmen.
Doch sie folgt ihm. Wie in einem schlechten Kriminalroman landen sie
in einem der Dönergeschäfte, die entlang der Kaiserstraße die Atmosphäre
prägen. Er sieht sie an. Sie hat Ähnlichkeit mit Galina aus der Kufsteiner
Straße. Nur die dicken Brüste, die hat sie nicht.
Er spürt ein deutliches Ziehen im Unterleib.
ACHT
Sie hatte ihn sofort erkannt. Das musste er sein. Ein Foto
hatte sie sich gewünscht. Nun hatte sie ihn leibhaftig vor sich. Dunkler Typ,
mittelgroß, runder Kopf, energischer Unterkiefer, Smoking. Bis auf Smoking
stimmte alles, er hatte einen Anzug an. Was suchte er im Innenhof? Wie war er
überhaupt hereingekommen? Sie wollte Ottakring anrufen. Aber nun stand sie mit
dem Mann am Tresen einer Dönerbude, in die sie ohne ihn niemals gegangen wäre,
und kam nicht so einfach wieder los.
Am Morgen noch waren sie sich vor dem Russenschlösschen begegnet.
Obwohl es geregnet hatte und schlechte Sicht herrschte, musste er sie gesehen
und jetzt wiedererkannt haben.
Ein grellweißer Blitz schoss durch ihren Kopf. Ihretwegen war er
hier! Den Golf hatte er gesucht im Innenhof. Er war hinter ihr her. Den Schmäh
mit der Journalistin hatte er durchschaut.
»Ich heiße Zarah. Wie heißen Sie?«
Der Mann, obwohl er lächelte, verbreitete eine tödliche Aura.
Eva M. hatte so etwas noch nie erlebt. Eigentlich ein Mann zum Verlieben.
Eine
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