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Rosenrot ist mausetot - Kriminalroman

Rosenrot ist mausetot - Kriminalroman

Titel: Rosenrot ist mausetot - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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vielleicht sei es für ein solches abschliessendes Urteil noch zu früh. Adelina erwiderte resolut, das werde man gleich sehen, und wandte sich wieder ihrem iPad zu. Auf die Frage, wonach sie suche, antwortete sie, dass in den abgeschotteten Internet-Foren der Rechtsextremisten längst ein grosses Triumphgeschrei ausgebrochen sein müsste, wenn die Tat tatsächlich auf die Kappe der eigenen Leute ginge. Davon war aber nichts zu finden. Es gab zwar, ekelerregend genug, einige unverhohlene Äusserungen von Genugtuung über den Tod einer engagierten Feindin, aber keinerlei Hinweise darauf, selbst für die Tat verantwortlich zu sein.
    Ganz aufgeben wollte ich die Spur noch nicht, auch wenn sie im reichlich schmierigen Sand verlaufen war. Das lag auch daran, dass wir bislang keine erfolgversprechende alternative Spur hatten. In dieser Nacht würden wir sie nicht mehr finden, das wurde uns rasch klar. Ich warf noch ein Scheit aufs Feuer, um für Wärme zu sorgen. Dann legten wir uns, eng aneinandergeschmiegt, rücklings auf den Boden und blickten hinaus in die unendlichen Weiten des Alls, wo es keine Neonazis und keine Morde zu sehen gab. Nur die Milchstrasse, die sich wie ein breites glitzerndes Band quer über das Firmament spannte.

Von: [email protected]
    Betreff: Liegenschaftskauf
    Datum: 3.   Juli 14   :   37   :   08 MEZ
    An: [email protected]
    Sehr geehrte Frau Spross Döbeli
    Es tut mir aufrichtig leid, dass ich auch noch Ihre Familie in eine Angelegenheit hineinziehen musste, die wir längst zwischen uns hätten regeln können. Sie haben das nicht für opportun gehalten. Mir ist gar nichts anderes übrig geblieben, als Ihnen zu demonstrieren, dass ich neben vergleichsweise harmlosen Spässen durchaus in der Lage bin, Ihrem Ruf und dem Ihrer Firma ernsthaft zu schaden.
    Zudem haben mir – verzeihen Sie bitte den Kalauer – Ihre Vorfahren aber auch einen Steilpass für meine Aktion geliefert. Ihr Grossonkel hat jahrelang den Fussballverein Grasshopper Club Zürich finanziert, und Ihr Vater sitzt nach wie vor im Verwaltungsrat von  GC . Was lag da näher, als das Gerücht zu streuen, Heinz Spross, Ihr Vater, sei in einen der Wettskandale verwickelt, die seit einiger Zeit den Fussball heimsuchen?
    Natürlich weiss ich so gut wie Sie, dass an diesem Gerücht absolut nichts dran ist. Das wird sich eines Tages auch aufklären. Doch Sie wissen: Etwas bleibt immer hängen. Ein dunkler Fleck an der weissen Weste bleibt nach jedem falschen Gerücht. So funktioniert Rufmord.
    Diesen kleinen Sturm werden Sie sicher überstehen. Bei ernsthafteren Rufschädigungen würde auch Ihr Geschäftsgang anfangen zu leiden. Und das wollen wir doch beide nicht.
    Was ich will, wissen Sie.
    Hochachtungsvoll
    Aceraceae  AG , Amanda Raggenbass
    P . S . Als hoffnungsvolles Zeichen betrachte ich es, dass Sie bisher die Polizei nicht eingeschaltet haben. Bleiben Sie so klug …

Schneeweisschen
    Die dunklen Zweige nickten so vertraut,
    an meiner Wange flüsterte das Kraut,
    unsichtbar duftete die Heiderose.
    Annette von Droste-Hülshoff
    Wir hatten an diesem Vormittag verpennt, und Adelina musste sich beeilen, dringende geschäftliche Angelegenheiten zu erledigen, was sie auch bei mir zu Hause tun konnte. Ich beschäftigte mich derweil mit diesem und jenem, wurde aber allmählich immer unruhiger. Das bemerkte auch Adelina und riet mir zu einem kleinen Fussmarsch, das helfe bekanntlich fast immer.
    Ich gab ihr recht und zog los. Dabei merkte ich, wie es mich unwillkürlich zum nahen Tatort trieb. Ich beschloss, dem Hinweis zu folgen und noch einmal die Geschehnisse jener Nacht zu rekonstruieren. Vielleicht fiel mir dabei ja doch noch eine nützliche Erinnerung an den Täter ein. Diese Hoffnung hatte sich bisher nicht erfüllt. Ich konnte also ebenso gut der Spur des flüchtenden Mörders folgen und mich im Wald umsehen.
    Der Wald hinter dem Hirschen sah, wenig überraschend, ganz anders aus als in der Nacht, in der ich Rosenrots Leiche gefunden hatte, was, wie ich zu meinem eigenen Erstaunen feststellen musste, erst vorgestern gewesen war. Damals wirkte der Wald, in den der flüchtende Mörder verschwunden war, düster, finster und abweisend. Jetzt dagegen, in der sommerlichen Klarheit eines hellen Spätvormittags, waren seine flirrenden Grün-, Grau- und Brauntöne eine einzige Einladung, ihn zu betreten.
    Ich nahm diese Einladung gerne an. Zwar streife ich nicht mehr so oft quer durch die Wälder wie früher, doch ab und an

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