Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rosenrot, rosentot

Rosenrot, rosentot

Titel: Rosenrot, rosentot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Arsenault
Vom Netzwerk:
Außerdem würde ich bald wegziehen, und all die unschönen Urteile über mich – denen ich so sorgsam auszuweichen versucht hatte – waren sowieso längst gefällt. Zudem war ich müde, und es gab keinen Grund, weshalb ich laufen sollte, wenn Toby mich fahren wollte.
    Und kaum war ich einige Male mit ihm gefahren, wurde mir klar, dass ich ihn lieber mochte als die meisten anderen aus unserer Klasse.
    Ich nahm meinen Kaffeebecher, verließ das »Dunkin’ Donuts« und ging zur Werkstatt hinüber. Obwohl ich gar nicht erwartet hatte, unsicher zu werden, wurde ich es, sobald ich durch die Tür trat.
    »Was kann ich für Sie tun?«, fragte der massige Kerl hinter dem Tresen.
    »Ähm«, sagte ich und ging näher heran. Sein dunkles Haar war sehr kurz geschnitten, fast schon militärisch. Er hatte große braune Augen, von denen das linke nur noch ein klein wenig schielte. Ja, das war Toby Dean.
    »Hi«, begrüßte ich ihn mit einem idiotischen Kichern.
    »Hi«, antwortete er, neigte den Kopf zur Seite und grinste verwirrt. »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Toby?«
    »Ja.«
    »Erinnerst du dich nicht an mich?«
    Er sah mich fragend an, dann zog er erstaunt die Brauen hoch.
    »Nora!«, rief er.
    »Wie geht es dir?«
    »Okay.« Er verschränkte die Arme und steckte die Daumen unter seine Oberarme, wo sich das zu enge grüne T-Shirt über seinen dicken, blassen Bizeps spannte. »Es war ein ganz schön hartes Jahr. Ich weiß nicht, ob du es gehört hast.«
    »Ja, das mit deinem Dad tut mir leid, Toby.«
    »Ja«, erwiderte er mit einem verhaltenen Nicken.
    Ich hatte das Gefühl, mehr sagen zu müssen, nur fiel mir nichts ein. Ich hatte seinen Dad ja kaum gekannt. Als wir Kinder waren, hatte er wie verrückt gearbeitet, und die wenigen Male, die ich ihn gesehen hatte, wirkte er stets ausgelaugt. Ein bisschen so wie Charlottes Mutter.
    »Besuchst du deine Mom?«, fragte Toby.
    »Meine Mom? Nein. Sie wohnt jetzt in Bristol. Sie ist an ein anderes Krankenhaus gewechselt.«
    »Ja, das weiß ich. Sie war hier und hat einen Ölwechsel machen lassen. Muss so ein Jahr her sein. Damals war sie mit ein paar alten Freundinnen aus Waverly zum Kaffeetrinken verabredet.«
    »Ach so.«
    »Und was tust du in Connecticut, wenn du nicht deine Mom besuchst?«
    »Ich ... ich bin bei Charlotte Hemsworth zu Besuch.«
    »Aha? Ich wusste gar nicht, dass ihr beide noch befreundet seid.«
    »Na ja, wir haben auch noch nicht lange wieder Kontakt.«
    »Interessant. Ich erinnere mich noch, wie dicke ihr wart.« Er kreuzte Mittel- und Zeigefinger. »Damals.«
    »Stimmt. Jedenfalls will ich dich nicht bei der Arbeit stören, Toby. Ich wollte nur Hi sagen und dachte, wir könnten vielleicht mal einen Kaffee trinken oder so, bevor ich wieder nach Hause fahre.«
    »Wie lange bleibst du denn?«
    »Weiß ich noch nicht genau. Eine Woche, schätze ich.«
    »Bist du mit deinem Mann hier?«
    Also wusste er, dass ich verheiratet war? Ich fragte mich, wer es ihm erzählt hatte – Charlotte oder meine Mom. Und ich fragte mich, wie oft mein Name in dieser Stadt noch fiel.
    »Nein«, antwortete ich. »Er ... ähm, muss arbeiten.«
    »Tja, heute wird es wohl nichts mehr, du hattest ja schon deinen Kaffee«, stellte er mit einem Blick auf meinen Dunkin’-Donuts-Becher fest. »Vielleicht können wir ja ein Bier draus machen. Wie wär’s mit heute Abend?«
    »Ähm ... Ich weiß nicht. Zuerst muss ich sehen, was Charlotte geplant hat. Wir sind bisher noch nicht viel zum Reden gekommen.«
    Wir verabredeten, uns an einem der nächsten Abende im »Atkins Tavern« zu treffen. Toby gab mir seine Karte, damit ich ihn anrufen könnte, wenn ich Genaueres wusste, und ich ging zur Tür. Dort drehte ich mich noch einmal zu ihm um. Er trat an einen ölverschmierten Computer hinter dem Tresen und klickte eine Taste an. Die langsame, entschlossene Armbewegung erinnerte mich daran, wie er mir auf dem Abschlussball das Haar aus dem Gesicht gestrichen hatte.
    »Nora«, sagte er.
    »Vorsichtig. Du machst die Locken platt«, protestierte ich.
    »Die brauchst du doch nicht mehr, oder?«
    Toby blickte genau in dem Moment auf, in dem mir die Tränen in die Augen stiegen.
    »Ach, übrigens«, schob ich nach. Ich war verlegen, weil ich immer noch in seiner Werkstatt stand. Leider fiel mir nichts ein, womit ich die peinliche Situation hätte entkrampfen können, also platzte ich mit einer Frage heraus: »Erinnerst du dich noch an den Looking Glass ?«
    » Looking Glass ?« Toby blinzelte. »Was ist

Weitere Kostenlose Bücher