Rosskur: Ein Allgäu-Krimi
hatte ich mir angewöhnt, auf jeden blöden Spruch noch eins draufzusetzen – das hat Thomas gefallen, und irgendwann hat er mich in die Disco mitgenommen, ich bin fast geplatzt vor Stolz. Da geht die mürrische Marlene mit dem feschen Thomas aus – mein Gott, wie gut er damals aussah! Groß, schlank und immer ein freches Lächeln auf den Lippen.« Sie lächelte versonnen. »Ist lange her.«
»Was ist passiert?«
»Wir haben geheiratet, mit Kindern hat’s nicht geklappt, und bald hatte er nur noch den Hof im Sinn. Hat alles umgemodelt, alles auf Pferdezucht ausgerichtet – grad so, wie er es vom Hof seiner Eltern in Burggen kannte. Ich glaube, er wollte seinem Vater beweisen, dass er es mindestens genauso gut kann wie der. Das hat leider nicht mehr geklappt: Der alte Ruff ist vor ein paar Jahren gestorben, da hat unser Hof noch nicht allzu vielversprechend ausgesehen.«
»Und wie sieht es heute aus?«
»Na ja, wenn Salvatore als Deckhengst nicht so viel einspielt, wie Thomas sich das vorstellt, können wir den Laden dichtmachen.«
»Und? Wird das klappen?«
Marlene Ruff zuckte mit den Schultern.
»Und wenn nicht?«, fragte Hansen.
»Dann hat’s nach zweihundert Jahren ein Ende mit dem Hachberger-Hof.«
»Und mit der Plackerei.«
»Ach, inzwischen ist es viel besser als in meiner Kindheit. Ich mach eigentlich nur noch die Büroarbeit. Wir haben den Klemens, der ordentlich mit anpackt, wir haben ein paar Reitschülerinnen, die helfen, und den Rest schafft mein Mann, und er …« Sie unterbrach sich wieder und schluckte. »Das Blut unter der Brücke stammt wirklich von meinem Mann?«
Hansen nickte.
»Woher wissen Sie das?«
»Wir haben es verglichen mit … Im Geländewagen Ihres Mannes lag noch ein Hut von ihm, aus der Krempe haben wir DNA-Proben genommen.«
»Das dürfen Sie eigentlich gar nicht, oder?«
»Nein, eigentlich nicht.«
»Egal. Ist ja gut, dass ich Bescheid weiß.«
»Könnte der Hut im Wagen Ihres Mannes auch jemand anderem gehören?«
Sie schüttelte den Kopf. »Mit dem ist immer nur er gefahren, Klemens hat entweder den Schlepper genommen oder mein Auto.« Ein böses Grinsen huschte über ihr Gesicht. »Und es war ja wohl ein Männerhut, oder?«
»Ja, und vorne drauf ist das Emblem Ihres Pferdehofs. Warum fragen Sie?«
»Na ja, wäre es Reizwäsche gewesen …« Ihr wütender Blick ließ keinen Zweifel, dass sie Bescheid wusste, was ihr Mann außerehelich trieb.
»Wussten Sie, dass er sie betrügt?«, fragte Hansen trotzdem.
»Klar, was glauben Sie denn? Da verschwindet er zwei-, dreimal die Woche nachmittags für ein paar Stunden, immer zu Fuß, meistens hinten raus und über die Wiesen bis zur Lechbrücke. Irgendwann hab ich mich gefragt, wo er eigentlich steckt. Ich hab auf dem Hof nach ihm gesucht und Klemens gefragt, und der hat nur rumgedruckst, also bin ich Thomas zwei Tage später gefolgt und hab gesehen, wie er zu dieser Schlampe geschlichen ist.« Sie stand auf. »Kommen Sie.«
Hansen und Fischer folgten ihr ins Schlafzimmer, wo Marlene Ruff durch das Fenster auf die andere Lechseite deutete.
»Das dort drüben ist ihr Haus. Dort wohnt sie, dort trifft er sie. Ich liege nachts allein in unserem Gästezimmer, und mein Mann wälzt sich dort drüben mit diesem Flittchen in den Laken. Ich hab mir mal das Fernglas genommen – man macht ja allerhand, wenn einem etwas sehr wehtut. Aber die hat extra ihre Fenster verspiegeln lassen. Was weiß ich, was die da für Sauzeug treibt …«
»Und zwischen Ihnen und Ihrem Mann …«
»… tut sich nichts, schon lange nicht mehr«, sagte sie und sah Hansen traurig an. Dann wandte sie sich wieder zum Fenster. »Wie denn auch? Wenn Sie abends mit dem Hof fertig sind und verschwitzt auf dem Sofa hocken, kommt einem so etwas ganz sicher nicht in den Sinn. Und dann hat es mein Mann halt auch nicht verwunden, dass das mit den Kindern nichts wurde. Ich hab mich damals untersuchen lassen, da war alles in Ordnung. Thomas wollte nicht zum Arzt. Dass es vielleicht an ihm liegen könnte, hat sicher an ihm genagt. Na, vielleicht hat er sich deshalb die Kessie genommen – um sich selbst etwas zu beweisen.« Sie drehte sich zu den beiden Kripobeamten um und verzog den Mund. »Der Einzige, der hier auf dem Hof überhaupt noch Sex hat, ist Salvatore.«
Haffmeyer fuhr los, kaum dass sein Chef und Hanna Fischer im Auto Platz genommen hatten.
»Wie hat sie’s aufgenommen?«, fragte er.
»Irgendwie komisch«, antwortete Hansen und
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