Rosskur: Ein Allgäu-Krimi
Kinderspielzeuge herumlagen. Vor dem Haus standen ein Van und ein Kleinwagen, dazwischen hing ein Geländemotorrad mit verdrecktem Nummernschild etwas windschief auf seinem Ständer.
Haffmeyer kniete sich neben das Motorrad, machte ein paar Fotos und zog eine Plastiktüte hervor, um einige Erdkrümel vom verschmutzten Nummernschild für weitere Untersuchungen mit nach Kempten zu nehmen. Hansen und Fischer gingen zur Haustür. Drinnen war Kindergeschrei zu hören, das den dünnen Klang der Türglocke vermutlich übertönte. Tatsächlich dauerte es eine Weile, bis jemand im Haus auf das Klingeln reagierte.
Eine junge, sehr schlanke und kleine Frau öffnete die Tür. Sie hatte ein weinendes Kind auf dem Arm und sah müde aus.
»Guten Tag, Frau Schwarzacker«, sagte Hansen und stellte sich und die Kollegin vor. »Ist denn Ihr Mann da?«
»Ja, klar, der ist im Wohnzimmer, aber …« Sie verzog ihr Gesicht. »Mit dem werden Sie grad nicht viel anfangen können.«
»Können wir trotzdem mal reinkommen? Wir sollten mit ihm reden.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Wenn Sie gute Nerven haben, kommen Sie ruhig mit.«
Damit wandte sie sich ab, ließ die beiden stehen und ging ins Wohnzimmer voraus. Hansen musste den Boden im Blick behalten, um nur ja nicht auf eines der vielen Kleidungsstücke oder Spielzeuge zu treten, die auf dem Parkettboden verstreut waren. Dazwischen lagen Essensreste, ein Babyfläschchen und ein paar frische Windeln.
Das Sofa war über und über mit Decken und Kuscheltieren unterschiedlicher Größe bedeckt, und mitten in diesem Chaos lag ein großer, sehr muskulöser Mann im Feinrippunterhemd. Er streckte seine Beine lang von sich, hielt ein weiteres Kleinkind in seinen mächtigen Armen und schnarchte in beachtlicher Lautstärke.
»Bitte schön«, sagte die Frau. »Das ist mein Mann. Ich hab Ihnen ja gesagt, dass er Ihnen im Moment vermutlich nicht allzu sehr behilflich sein kann.«
»Könnten Sie ihn bitte wecken?«
Sie lachte und schüttelte dabei den Kopf. Das Kind auf ihrem Arm kniff sofort die Augen zusammen und machte Anstalten loszuschreien. Sie strich ihm sanft über den Kopf, drückte das Kind an ihr Gesicht und murmelte etwas. Der Kleine beruhigte sich wieder, gab aber noch ein paar ungnädige Geräusche von sich, bevor er sich wieder gegen die Brust seiner Mutter sinken ließ.
»Entschuldigen Sie bitte, Frau Schwarzacker, aber wir ermitteln in einem Mordfall. Und ich möchte Sie wirklich bitten, nun Ihren Mann aufzuwecken. Wir haben dringend mit ihm zu reden! Auch über das Motorrad draußen vor dem Haus.«
»Ach«, sagte sie und sah ihn überrascht an, »ist das wieder da?«
»Steht draußen und sieht ziemlich dreckig aus. War es denn weg?«
»Ja, das ist immer wieder mal fort, wird aber jedes Mal zurückgebracht.«
Hansen wollte gerade nachfragen, was das zu bedeuten hatte, aber da hob sie schon abwehrend die freie Hand, während sie in einem fort das Kind auf dem anderen Arm leicht wiegte.
»Das muss Ihnen wirklich mein Mann erklären, aber der … Sie sehen es ja selbst, der kann grad nicht.«
Sie beugte sich zu ihm hinunter und rüttelte heftig an seiner Schulter. Das Kind auf seinem Arm blinzelte ein bisschen, murrte ein-, zweimal halblaut und schlief dann wieder ein. Marco Schwarzacker ließ sich nicht stören, sondern lag da wie zuvor.
»Und wie lange dauert es, bis er wieder aufwacht?«
»Unterschiedlich. Meistens kommt er nach einer guten halben Stunde wieder zu sich.«
»Und wie lange liegt er da schon?«
»Zwanzig Minuten.«
Hansen sah seine Kollegin an, die zuckte nur mit den Schultern.
»Tja, dann warten wir halt. Dürfen wir uns setzen?«
»Klar, suchen Sie sich ein Plätzchen, ich kann auch noch Stühle aus der Küche holen.«
»Ja«, sagte Hansen, »zwei Stühle wären schön. Aber ich kann sie gerne selbst holen.«
Die Frau nickte zur Küche hinüber, wo vier helle Holzstühle um einen kleinen Tisch herumstanden. Dann saßen sie im Wohnzimmer und warteten darauf, dass Marco Schwarzacker erwachte. Die Klingel summte noch einmal, Frau Schwarzacker öffnete, Haffmeyer kam herein und registrierte staunend die gemütliche Runde.
»Wir warten«, erklärte Hansen, »Herr Schwarzacker müsste jeden Moment aufwachen.«
Haffmeyer sah kurz auf die Uhr, es war noch Zeit, also holte er sich ebenfalls einen Stuhl aus der Küche und setzte sich zu den anderen.
»Was haben Sie denn für Probleme?«, fragte Hansen nach einer Weile, als ihm die bloße Warterei
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