Rost
kümmern, weil er eigentlich schon
weg ist. Selbst sich Sorgen machen bringt nichts, stimmt’s? Das sagst du mir
doch gerade.«
»Nein«, meinte er. »Das sag ich dir überhaupt nicht.«
Harris sah, wie sie zu weinen anfing, und berührte sie, abersie
reagierte nicht, sie saß nur da und weinte, lange schaute er sie über den Tisch
hinweg an und wusste nicht, was er mit seinen Händen machen sollte, ihn
beschlich ein Vorgefühl, als lauerte etwas, ganz nah, dann fingen seine Ohren
an zu klingeln, und ihm wurde flau. Ein Teil von ihm wollte den anderen Teil
zum Aufstehen und Fortgehen bewegen. Doch stattdessen streckte er die Hände aus
und hielt ihr Gesicht fest.
»Es tut mir leid«, sagte sie. »Kann nicht anders.«
»Noch ist nichts verloren.«
»Das wird mich zerstören.«
»Denk doch so was nicht, er hat noch nicht mal mit dem Anwalt geredet.«
»Nein, bitte.«
»Mir geht’s nicht darum, dir Hoffnungen zu machen.«
»Ja, ich weiß, für uns ist es jetzt auch zu spät.«
Er küsste sie, sie wich zurück.
»Tu’s nicht, wenn du nur willst, dass ich mich besser fühle.«
»Das ist nicht der Grund«, sagte er.
Sie ließ sich noch einmal küssen.
»Ein paar Tage musst du dich gedulden. Mit dem Anwalt wird sich
alles ändern.«
»Okay«, sagte sie.
Sie griff über den Tisch nach seinen Händen, und dann kam sie zu
ihm, setzte sich auf seinen Schoß, umschlang die Taille, küsste ihn am Hals. Er
hielt ganz still, blieb einfach sitzen, um all das zu fühlen. Sie küsste ihn
weiter. Er berührte ihre Haare, spürte, wie ihr Herzschlag schneller wurde,
oder war es seiner, in der Kehle prickelte und rauschte etwas, das sich
überallhin ausbreitete.
Grace sagte: »Ich müsste mal für kleine Mädchen.«
Sie verschwand im Bad, er machte keine Anstalten zu gehen. Als sie
zurückkehrte, ließ sie sich wieder auf ihm nieder, griff nach seinen
Gürtelschlaufen, wie es ein Kind bei seinem Vater tun mochte, und zog ihn an
sich, legte ihren Kopf an seine Brust,dass er sie auf den Scheitel küsste,
und so blieben sie. Dann sah sie hoch, und ihr Gesicht strahlte für ihn.
»Es tut mir leid«, sagte sie, »dabei hatte ich mir selbst
versprochen, nicht daran zu denken, wenn du hier bist.«
Lächelnd rutschte sie auf seinem Schoß herum.
»Ich fühl mich wie ein Teenager. Erst spitz, dann heulen, und dann
wieder spitz.«
»Ich finde, erst mal machst du mir ein schönes Abendessen. Damit ich
mir nicht wie eine Schlampe vorkomme.« Dann sagte er: »Das war ein Scherz.«
»Ha-ha.«
»Ha.«
Er stand auf, schnallte das Holster mit der Waffe ab und legte beides
auf den Kühlschrank.
»Hast du das aus irgendeinem Grund mit reingebracht?«
»Wahrscheinlich, weil ich allein lebe.«
»Früher hast du sie im Auto liegen lassen.«
»Tja, die Zeiten ändern sich.« Er zuckte mit den Schultern. »Was
gibt’s denn zu essen?«
»Fisch. Forelle.«
»Aus dem Fluss?«
»Ich lebe ja in einem Trailer«, sagte sie, »aber …«
»Das hatte ich auch nicht gedacht.«
»Jetzt setz dich hin.«
»Ich nehm mir mal den Wein vor.« Nach einer Minute Fummeln kriegte
er den Korken raus, mit einem Messer sowie einer Zange. Er beschloss, die
andere Flasche auch gleich aufzumachen, wo er schon dabei war.
Die Forelle schmeckte zart, die Haut knusprig und salzig, und dazu
hatte sie eine süße Sahnesoße zubereitet, was Französisches. Er wischte mit dem
Brot die Soße auf, und von dem Fisch ließen sie nur die Gräten übrig. Kurz
dachte er dran, die Bäckchen mitzuessen, wie es ihm Ho mal gezeigt hatte,
beschloss dann aber, es zu lassen.
»Das ist wahrscheinlich der beste Fisch, den ich jemals gegessen
habe.«
»Kommt von F ood Network «, erklärte sie.
»Gottes Geschenk an Männer, indirekt.«
Als sie die Soße fertig aufgetunkt und auch die zweite Flasche niedergemacht
hatten, sagte sie: »Darf ich dich noch was fragen?«
Harris nickte.
»Wer ist dieser Pflichtanwalt, den du erwähnt hast?«
»Gute Frau, und wahrscheinlich gelingt es mir, dass sie den Fall
vertritt, nicht einer von den üblichen Idioten. Sie wird wohl mal richtig
Karriere machen irgendwo, doch erst mal macht sie jetzt die Ochsentour, zum
Wohle der Gemeinschaft, diese Richtung. Hoffentlich beschämt sie unsere
Lebenslänglich-Freunde so sehr, dass die sich ein bisschen mehr anstrengen.«
»Es ist eine Frau.«
Er nickte.
»Das gefällt mir«, sagte sie.
»Dacht ich mir schon.«
Sie tauschten einen langen Blick.
»Es tut mir leid, dass ich es noch einmal
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