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Rost

Titel: Rost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Meyer
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ihre
Ausbildung fortsetzen konnte, sie war startklar, und dann dachte sie,
vermutlich kannst du bald Tomaten pflanzen, nimm sie von der Fensterbank und
setze sie im Garten, Paprika genauso. Sie beschloss, ein paar Dollar zu sparen
und in diesem Jahr mehr Kräuter zu pflanzen. Er rührte sich von neuem in ihr.
    »Wollen wir ins Bett gehen?«, sagte sie. »Ich möchte nicht, dass
Billy heimkommt und uns dabei sieht.«
    Dann stand sie auf und ging ins Schlafzimmer, gefolgt von Virgil,
der die Whiskeyflasche mitnahm. Mach dir über morgige Probleme morgen Sorgen,
sagte sie sich. Als sie auf dem Bett saßen, nahm Virgil einen langen Schluck
aus seiner Flasche und dann noch einen, dann gab er sie ihr.
    »Wie du trinkst. Als hättest du den Whiskey irgendwo geklaut.«
    Statt einer Antwort murmelte er – da war irgendwas im Busch. Er
schaute sie nicht an; und als sie ihm noch einmal zwischen die Beine griff,
hatte er auch keine Lust mehr – wenn sie ehrlich war, sie auch nicht.
    »Was ist los mit dir?«
    »Ich hab nur gerade nachgedacht.«
    »Klar.«
    »Vielleicht sollten wir es langsam angehen«, meinte er.
    Sie dachte drüber nach. Sie hätte früher nicht gewagt, es auszusprechen,
aber heute tat sie es: »Du willst bloß ficken, heißt das.«
    »Müssen wir das so ausdrücken?«
    »So hast du es jemand anders gegenüber ausgedrückt, nicht wahr? Du
hast beim Angeln Pete davon erzählt.«
    »Bei dir hat sich auch nichts verändert, oder?«
    Sie wischte mit dem Laken zwischen ihren Beinen herum und schmiss es
beiseite, etwas ballte sich in ihrem Magen, aber fühlen tat sie nichts, sie sah
nur aus dem Fenster. Fast vorbei, der Tag. Sie hätte neben sonst wem liegen
können. Noch war Zeit, ihre Tomaten einzupflanzen. Und sie spürte, wie etwas
sie würgte.
    »Gehst du?«, fragte sie.
    »Ich hatte es nicht vor.«
    »Wär vielleicht besser.«
    »Das ist immer noch mein Haus.«
    »Ich habe, seit du weg bist, sämtliche Raten bezahlt, und ein paar
hundert Dollar hier und da machen den Braten auch nicht fett.«
    »Ach komm.« Er rollte sich zu ihr, sie merkte, wie der Rahmen unter
dem Gewicht nachgab. Sie hatten sich kein richtiges Bett leisten können. Und
dann dieser Trailer mit den falschen Holzpaneelen. Niemals hatte sie hier leben
wollen – sie hatte sich breitschlagen lassen.
    »Ich hab mit einer Anwältin geredet, aus dem Frauenhaus.«
    Er starrte sie mit halbem Grinsen an.
    »Sie sagte, dass das Haus juristisch mir gehört, solange du nicht
deinen Anteil zahlst.«
    »Das ist gequirlte Scheiße«, teilte er ihr mit.
    Er hatte recht – sie hatte nie mit einer Anwältin geredet. Aber sie
war überrascht, wie wütend ihre eigene Lüge sie jetzt machte. Denn sie glaubte,
was sie ihm gesagt hatte. Das mochte nicht die Wahrheit sein, sie hätte es aber
sein sollen.
    »Red ruhig mit jemand«, sagte sie, »und find es selbst raus.«
    »Du bist so beschissen, Grace, ein Albtraum.«
    »Raus jetzt. Harris sagt, dass das ’ne Straftat ist, dass du mir
immer noch den Unterhalt für unser Kind schuldest.«
    »Der Junge ist kein Kind mehr.«
    »Ändert nichts an deinen Schulden. Schließlich hat es das Gericht so
angeordnet.«
    »Und du würdest es auch fertigbringen, einen Bullen da mit reinzuziehen,
was?«
    »Das würde ich. Das werde ich.«
    »Na, passt ja.«
    Sie schwieg.
    »Peteys Frau sagt, was dein Bullenfreund an Pillen schluckt, könnte
’nen Elefanten umhauen – Xanax, Zoloft, alles, was du willst. Das fetteste
Rezept in Fayette County.«
    »Ich find, unsere Apotheke sollte wissen, dass da eine Angestellte
über ihre Kunden tratscht.«
    »Der eitle Wichser! Die meisten halten ihn für schwul.«
    Sie dachte, und er hat ’nen größeren Schwanz als du, hielt aber ihren
Mund und unterdrückte schnell ein Kichern.
    »Was denn«, sagte er.
    »Zieh ab. Nimm alles mit, was du hier gestern Abend hergebracht
hast.« Sie sah zu, wie er sich anzog und dann ging, die ganze Zeit den Kopf
schüttelnd. Und als sein Auto wegfuhr, dachte sie, sie müsste weinen, tat es
aber nicht. Sie zwang sich aufzustehen, denn sie wusste, sonst würde sie aus
dem Suhlen nicht mehr hochkommen. Sie überlegte, wen sie fragen könnte,um
es sicher zu erfahren, aber das war ganz egal, sie wusste, dass er pleite war,
wahrscheinlich hatte eine seiner Freundinnen ihn rausgeschmissen, also war er
bei ihr aufgetaucht. Dasselbe hatten ihr die Frauen bei der Arbeit auch
erzählt, die das schon lange mit ansahen, doch sie hatte es nicht glauben
wollen. Und in dem

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