Rost
tropfnass aufhängen, Automatenwäsche für die großen
Mengen. Wer einen wohl anfasst, wenn man tot ist? Er nahm noch eine Handvoll
Papiertücher und säuberte sich weiter. Zitterst schon, das Wasser kühlt sich
schnell ab. Eine Wanne, einen warmen Schoß, das nehmen wir als selbstverständlich
– typisch Schoß halt. Meine Mutter hat sich selbst gebadet. Frage mich, ob sie
sie nachher auch gewaschen haben. Wie die Moorleichen – gut konserviert im
Torf. Nicht Schwede Otto – keine Waschungen auf Steuerzahlers Kosten. Armengrab
zu teuer. Seine letzte Wärme ist das Krematorium. Räum deinen Kopf leer, dachte
er. Du bist noch lang nicht angekommen.
Als er fertig war, nahm er das Messer raus und seifte sorgfältig die
Klinge ein, spülte sie und trocknete sie, dann seine Hände mit den letzten der
zerknüllten Papiertücher, zwei komplette Rollen hatte er verbraucht. Bevor er
kam, war die Toilette frisch geputzt gewesen, und jetzt wischte er den Boden
und das Becken sauber, bevor er zurückging in den Speiseraum. Er überprüfte
sich im Spiegel. Oberhalb der Gürtellinie war’s okay. Der Anorak hatte den
meisten Dreck von Hemd und Pulli abgehalten. Geh nicht mit dem Anorak irgendwo
rein, dachte er. Zieh ihn vorher aus.
Die Kellnerin hielt Ausschau nach ihm, als er aus dem Waschraum kam,
sie hievte ihr Gewicht ganz langsam hoch, als gäben ihre Knie nach, und brachte
ihm die Speisekarte, dazu eine Tasse Kaffee. Wie er so in seiner Nische saß,
den hinteren Bereich des Restaurants für sich, warm, sauber, trocken, war ihm
sehr behaglich. Er verrührte Milch und kräftig Zucker im Kaffee, er trank ihn
schluckweise und merkte, wie es langsam klar wurde in seinem Kopf. Er würde
sich Zeit lassen. Es genießen. Und bestellte bei der Kellnerin gebratenes Landsteak
mit Kartoffelpuffern, drei Spiegeleier, von beiden Seiten ganz leicht
angebraten, ein Stück Pfirsichkuchen. Sie schrieb alles auf und füllte seinen
Kaffee nach, er machte ihn sich so, wie er es mochte, süß undcremig, fast
wie Nachtisch. Isaac schaute sich in dem Diner um, ein angenehmer Ort, mehr wie
ein Restaurant im Grunde, ein paar Dutzend Tische mit karierten Decken drauf,
wahrscheinlich kriegten sie’s hier nie mehr voll, doch es war sauber, nicht zu
helles Licht, ein Kiefernholzpaneel und eine hohe, schön verzierte Zinndecke.
Die Wände hingen voller Fotos von der Footballmannschaft, den Monessen Greyhounds,
von den größten NFL -Stars aus dem Tal wie Dan
Marino, Joe Montana, und ein paar gerahmte Poster vom Stierkampf in Spanien,
Souvenirs von einer Reise, die vor zwanzig Jahren einer mal gemacht hatte. Die
Kellnerin brachte sein Essen.
»Schläge einkassiert?« Sie deutete auf sein Gesicht.
»Ach, kaum.«
»So schlimm?«
»Es waren ziemlich viele.«
»Geh doch einfach wieder heim«, sagte sie. »Besser wird’s nicht
werden.«
»Sind Sie immer so nett zu den Kunden?«
Darauf lächelte sie, und er lächelte zurück. Sie hatte eine Zahnspange.
»Da siehst du’s. Lass dir von mir bloß nichts sagen.« Sie ließ zwei
gefüllte Essensteller vor ihm stehen und kehrte zu ihrem Tisch zurück. »Den
Kuchen bring ich gleich.«
Er schnitt sein Steak in kleine Stücke, außen knusprig, innen zart, tropfsaftig,
so gut hatte ihm kein Essen je geschmeckt. Er gabelte Kartoffelpuffer, mit den
Zwiebeln kross gebraten, mischte eins der Eier drunter, ein Gefühl, als hätte
er noch nie im Leben was gegessen, und am liebsten hätte er es aufgeteilt in
kleine Bissen, damit er lang etwas davon hatte, doch stattdessen schaufelte er
riesige Gabeln voll in sich rein, sie brachte seinen Kuchen und goss seinen
Kaffee nach, und dessen Schärfe schmeckte gut zu dem üppigen Essen. Als der
Teller endlich leer war, machte er sich über seinen Kuchen her.
Er lehnte sich zurück und schloss die Augen, dabei wusste er,er
durfte jetzt nicht einschlafen. Es ist ein gutes Leben, dachte er. Ein gutes
Leben, irgendwo hineinzugehen und zu essen. Plötzlich kam die Kellnerin mit
einer Schüssel Eiskrem.
»Geht aufs Haus«, sagte sie. »Du isst aber ordentlich.«
Nachdem er eine Zeitlang dagesessen hatte, merkte er, wie er ins
Dösen kam, es war so warm, und er beschloss, sein Glück nicht zu versuchen. Er
sah auf die Rechnung. Da standen nur Spiegeleier und Kaffee, zwei Dollar und
acht Cent. Er blickte hoch, um ihr zu danken, doch sie saß schon wieder an dem
Tisch und träumte in den Tag hinein.
Er dachte an ein Trinkgeld, eigentlich sollte sein Geld so lang wie
möglich
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