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Rot wie Schnee

Rot wie Schnee

Titel: Rot wie Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Andersson betrachtete ihn lange.
    »Wie steht es mit Patricio? Geht es ihm gut?«, sagte er dann.
    »Ich werde ihn morgen besuchen.«
    Manuel gefiel die Situation nicht. Hinter Slobodan Anderssons Fragen verbargen sich eine unausgesprochene Drohung und die gleiche Taktik, die auch Armas benutzt hatte, um ihn abzuschütteln.
    »Wie lange bist du schon in Schweden?«
    »Nicht lange.«
    »Ich kann dir deine Kosten ersetzen.«
    »Fünfzigtausend Dollar«, sagte Manuel und bemühte sich, seine Stimme fest klingen zu lassen.
    Slobodan Andersson lachte auf und betrachtete ihn nachdenklich. Ohne eine Miene zu verziehen, blieb Manuel ruhig sitzen. Hoffentlich bemerkte der Dicke seine Nervosität nicht. Den Betrag hatte er auf gut Glück genannt, aber an der Reaktion des anderen hatte er gemerkt, dass er mit fünfzigtausend Dollar nichts Unmögliches verlangte.
    |277| Slobodan Andersson stand auf und verließ das Zimmer. Manuel hörte, wie es in der Toilette plätscherte, wie gespült wurde und wie der Dicke mit Wasser planschte, wie er prustete und schnaubte und wie er laut mit sich selbst redete, kurz auflachte.
    Als der Wirt zurückkam, wirkte er wesentlich frischer. Die schütteren Haare hatte er nass zurückgekämmt, und auf den Wangen glitzerten noch ein paar Wassertropfen.
    Er warf einen Blick zum Doppelbett, das Bettzeug lag zerwühlt am Fußende. Er schüttelte den Kopf und ließ sich in den anderen Sessel sinken.
    »Also dann. Let’s make business«, sagte er, breit lächelnd.
    Manuel sehnte sich nach dem Zelt am Fluss. Er war steif vor Müdigkeit und fürchtete sich vor dem Kommenden. Reichte seine Kraft, sich Slobodan Andersson zu widersetzen?
    »Fünfzigtausend«, sagte er und wusste im selben Moment, wie er vorgehen wollte. Patricio würde Geld bekommen und Slobodan Andersson bestraft werden, ohne dass Manuel sich anstrengen musste.
    »Warum sollte ich mich auf dich verlassen?«
    »Du hast meinen Brüdern geglaubt.«
    »Wie viel hast du?«
    Manuel zeigte mit den Händen eine Menge an.
    »Vielleicht zwei Kilo, vielleicht mehr, ich weiß es nicht.«
    »Wenn das Angels Partie ist, dann sind es gut zwei Kilo«, sagte Slobodan Andersson. »Und dafür verlangst du fünfzigtausend Dollar. Ist dir klar, was das bedeutet?«
    Manuel schüttelte den Kopf.
    »Der Wert beträgt etwa eine Million Schwedenkronen. Ich kann für das Gramm fünfhundert Kronen bekommen. Bisher habe ich hunderttausend Dollar ausgelegt und zusammen mit deinen fünfzigtausend ist das mehr als eine Million Schwedenkronen. Ich bekomme Geld zurück, und das ist gut, aber etwas muss ich auch daran verdienen«, fuhr er in versöhnlichem |278| Ton fort. »Fünfundzwanzigtausend könnte ich schaffen. Das ist für dich ein Vermögen.«
    Manuel rechnete im Stillen fieberhaft, aber es waren zu viele Zahlen.
    »Meine Familie hat schwer gelitten«, sagte er still.
    Sie verhandelten noch eine Weile weiter und einigten sich am Ende darauf, dass Manuel vierzigtausend bekommen sollte. Manuel schwitzte, aber Slobodan Andersson schien sich wohlzufühlen. Schwerfällig erhob er sich aus dem Sessel, ging zu Manuel und streckte ihm die Hand hin als Zeichen, dass sie sich einig waren. Manuel zögerte einen Moment. Habe ich meine Seele verkauft?, fragte er sich.
     
    Als Manuel aus dem Haus trat, torkelte er, als hätte ihm jemand einen Schlag versetzt. Er lehnte sich mit dem Rücken an eine Mauer und hielt sich beide Hände vors Gesicht. Eine vorbeigehende Frau starrte ihn neugierig an. Ihre Miene drückte Abscheu aus.
    »Übles Pack!«, fauchte sie.
    Es war kurz nach neun. Manuel ging zum »Dakar«, wo sein Auto parkte, er fühlte sich total ausgelaugt und leer.

45
    P olizeiinspektor Erik Schönell war die amerikanischen Actionfilme restlos leid. Zum Glück musste er nur wenige Sekunden vom Anfang jeden Films sehen, vorspulen und einige spätere Sequenzen anschauen, dann konnte er das Video aus dem Recorder nehmen. Das Problem bestand darin, dass er in Armas’ Videothek einhundertzweiundzwanzig Filme gezählt hatte.
    Aber das war jetzt erledigt, und er hatte in der Sammlung |279| nichts Bemerkenswertes finden können. Es gab eindeutig keinerlei Verbindung zu Mexiko, wenn man nicht die Ermordung einer mexikanischen Familie in einem der Filme mitrechnete.
    Der Pornofilm, der in Armas’ Videorecorder gesteckt hatte, wich als einziger vom Schema ab. Schönell hatte sich das Video einige Minuten angeschaut und geglaubt, der Film sei irgendwo am Mittelmeer aufgenommen,

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