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Rot wie Schnee

Rot wie Schnee

Titel: Rot wie Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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zum Flugplatz gefahren bin. Dafür können sie mich nicht bestrafen«, wiederholte er.
    »Aber wenn   …«
    »Hör auf! Willst du nicht nach Hause?«
    Manuel war Patricios Pessimismus leid. Abrupt erhob er sich.
    »Ich muss heute Abend in die Stadt.«
    Patricio sah auf.
    »Bist du deshalb so unruhig?«
    »Ich bin gar nicht unruhig«, fauchte Manuel.
    »Was willst du da? Wir haben doch alles.«
    »Ich muss   …«
    Manuel ließ den Bruder sitzen und ging zum Waldrand, blieb auf halbem Wege stehen, kehrte zurück und ging in den Schuppen. Patricio hörte ihn rumoren.
    |391| Nach einer Weile kam Manuel mit einer Tasche und einem Handtuch über der Schulter heraus, von der Wäscheleine nahm er eine Hose und ein T-Shirt .
    Als er anfing, die Waschschüssel mit Wasser zu füllen, lachte Patricio.
    »Aha, du willst schön sauber sein«, sagte er.
    Manuel warf ihm einen wütenden Blick zu, aber als er Patricios Gesichtsausdruck sah, konnte er nicht anders und lachte mit.
    Möge es gut gehen, dachte er. Ich will, dass er froh ist, wenn wir in Mexiko sind. Er zog sich aus und wusch sich von Kopf bis Fuß. Die Sonne ging unter, und er fröstelte. Patricio kam zu ihm, füllte einen Eimer und goss das Wasser über ihn.
    »So kannst du gehen«, sagte er.
     
    Während sich die Brüder Alavez im Wald außerhalb Uppsalas versteckten, verstärkte die Polizei ihre Anstrengungen, sie und José Franco, den anderen Ausbrecher aus der Strafanstalt von Norrtälje zu finden. Auch er war noch auf freiem Fuß.
    Die Vernehmungen der gescheiterten Posträuber Brügger und Björnsson hatte nichts ergeben. Sie behaupteten, keine Ahnung zu haben, wohin sich die beiden anderen abgesetzt hatten. Brügger hatte erklärt, der Mexikaner sei an den Vorbereitungen der Flucht nicht beteiligt gewesen, er behauptete sogar, sich nicht einmal an den Namen des Mexikaners zu erinnern.
    Die Polizei in Norrtälje und die sofort eingeschaltete Landeskriminalpolizei gingen von der Theorie aus, dass sich Franco und Alavez zusammengetan hatten und vielleicht noch immer zusammen waren. Der Bekanntenkreis des Spaniers, seine früheren Adressen und Aufenthaltsorte wurden, soweit bekannt, abgeklappert, aber ohne Erfolg. José Franco war wie vom Erdboden verschluckt.
    Der Hinweis eines Einwohners von Tierpsbo wurde als wenig |392| glaubwürdig eingeschätzt. Der Mann behauptete, gesehen zu haben, wie Patricio Alavez den Zug nach Uppsala bestieg. Der Zeuge war nicht ganz nüchtern, und zwar nicht nur, als er bei der Polizei anrief, sondern auch, laut eigener Aussage, als er meinte, den Mexikaner auf dem Bahnsteig gesehen zu haben.
    Dieser Tipp drang nie bis zur Polizei von Uppsala vor.
     
    Die Vernehmung Slobodan Anderssons ging nicht voran. Hartnäckig hielt er daran fest, er habe die Tasche von einem Unbekannten bekommen, der ihn gebeten habe, sie eine Weile aufzubewahren. Der Unbekannte würde sie zu gegebener Zeit im »Alhambra« abholen.
    Belastender für Slobodan Andersson war die Tatsache, dass Konrad Rosenbergs Fingerabdrücke auf der Plastikfolie gefunden wurden, in die das Kokain eingeschlagen war. Als Slobodan Andersson gebeten wurde, das zu erklären, hüllte er sich in Schweigen.
    Sogar seine Anwältin sah mittlerweile mitgenommen aus. Sammy Nilsson notierte zufrieden, wie unmöglich die Lage für den Restaurantbesitzer war und wie die Anwältin nach und nach ihre vertrauliche Haltung ihm gegenüber zurücknahm. Als er dann beim nächsten Versuch eines Verhörs gar nichts mehr sagte, zeigte sie offen ihre Verärgerung.
     
    Aus Mexiko kamen unerwartet schnell die erbetenen Informationen zu den Brüdern Alavez. Den Drogenfahndern war keiner der beiden bekannt. Der ältere, Manuel, war einmal wegen »Störung der allgemeinen Ordnung« festgenommen, fünf Tage später aber wieder freigelassen worden. Was das konkret bedeutete, ging aus der Mail eines
comisario
Adolfo Sanchez der
Policía criminal
von Oaxaca nicht hervor.
    Man hatte eine Ermittlungsgruppe gebildet, der Repräsentanten der Behörden in Norrtälje und Uppsala angehörten; |393| aus Uppsala waren Inge Werner vom Führungs- und Lagedienst, Sammy Nilsson, Kommissariat für Gewaltverbrechen, und Jan-Erik Rundgren von der Drogenfahndung dabei.
    Sie versuchten, Zusammenhänge zwischen dem Mord an Armas, dem Kokainfund im »Alhambra« und dem Ausbruch aus der Strafanstalt von Norrtälje zu rekonstruieren. Zweimal hatten sie sich in Uppsala getroffen, aber das hatte nicht sonderlich viel gebracht. Jetzt

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