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Rot

Rot

Titel: Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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bei den Ermittlungen zum Kabinett untersucht wurden. Daraufhin hatte er den Vorsitzenden mit seinen Kopien von Eeva Vanhalas Unterlagen erpresst und gezwungen, dafür zu sorgen, dass er zumindest nicht lange sitzen musste. Seine Beziehungen zum Kabinett waren somit endgültig abgebrochen. Und dann hatten ihm Kati und der verrückte Halbfinne Kara eine halbe Million Euro geboten und als Gegenleistung verlangt, dass er Vilmas Aufenthaltsort verriet und ihnen noch ein paar andere Gefallen tat. Und er hatte sich darauf eingelassen. In dem Moment war ihm der Tauschhandel vorgekommen wie ein Geschenk des Himmels, wie die Lösung für all seine Probleme.
    Ukkola trank die Amontillado-Flasche aus und öffnete eine neue. Ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis: Eine Dreiviertelliter-Flasche zwanzigprozentiger trockener Sherry kostete einen schlappen Zehner. Natürlich hatte er Geld, aber Tradition verpflichtete. Sein Vater war einmal in betrunkenem Zustand mit der Rechenmaschine die ganze Preisliste von Alko durchgegangen, um herauszufinden, in welcher Form Alkohol am billigsten verkauft wurde. Und der Sherry war nicht etwa irgendein Abwaschwasser. Die Arschlöcher im KRP-Hauptquartier wussten wahrscheinlich nicht mal, was Amontillado war, jedenfalls nicht dieser Nyman, dieser finnlandschwedische Nerzficker.
    Erst später, als Kati und Leo Kara sein Haus längst verlassenhatten und sein Puls ruhiger schlug und er wieder normal denken konnte, war ihm klar geworden, was er angerichtet hatte: Seinen einzigen Trumpf, Vilmas Aufenthaltsort, hatte er verraten! Womit zum Teufel sollte er Kati jetzt erpressen? Sie hatte schon einen Vorschuss von hunderttausend Euro auf sein Konto überwiesen.
    Auch das Verhalten des Kabinettsvorsitzenden ließ befürchten, dass es Probleme geben würde. Der Mann hatte ihn vor zwei Stunden angerufen und war ganz gegen seine sonstigen Gewohnheiten freundlich gewesen. Viel zu freundlich. Er hatte versichert, zusammen mit dem Generalstaatsanwalt alles in seinen Kräften Stehende zu unternehmen, damit die gegen Ukkola erhobene Anklage nicht zu einer Verurteilung führte, zumindest nicht zu einer Haftstrafe ohne Bewährung, aber auf keinen Fall zu einer langen Gefängnisstrafe. Ukkola hatte das Gefühl, schon am Galgen zu hängen, wenn auch der Strick noch nicht gespannt war, und es gab niemanden, der ihm einen Hocker unter die Füße schob.
    Das Telefon klingelte einige Male, es dauerte eine Weile, bis das Geräusch in Ukkolas umnebeltes Hirn vordrang. Der Anrufer war Einars Eigims, ein lettischer Dealer, der zur Zeit dafür sorgte, dass man in den Helsinkier Nachtklubs die neuesten Designerdrogen bekam.
    »Ich wollte dir nur sagen, dass jemand herumzieht und deine Memorysticks aufkauft. Der Kumpel hat hoch und heilig geschworen, du würdest nicht wieder zur Polizei zurückkehren.«
    Ukkola war zwar betrunken, begriff aber, dass er sich jetzt Sorgen machen musste. »Wer? Wie sah er aus? Was hast du geantwortet?«
    »Seinen Namen hat er nicht gesagt, er sah aus wie ein ganz normaler Finne. Ich habe natürlich die zehntausend genommen und ihm den Stick gegeben, und das haben angeblich auch ein paar andere Bekannte gemacht. Wer will dir Arschloch schon noch helfen, wenn du nicht mehr zur KRP zurückdarfst. Im Gegenteil, ich vermute, einige … Kollegen werden in der nächsten Zeit mitdir etwas vertraulich besprechen wollen.« Eigims lachte schadenfroh und brach das Gespräch ab.
    Der gelbbraune Amontillado gluckerte direkt aus der Flasche in Ukkolas Kehle. Noch eine neue Gefahr, die seine Zukunft überschattete, und auch die war äußerst ernst zu nehmen. Wenn das Kabinett alle Sticks an sich brachte, büßte er seine Lebensversicherung ein – danach wäre er Freiwild. Vielleicht ließe sich Kati leichter zur Rückkehr überreden, wenn er einen Neuanfang vorschlug, sie könnten beispielsweise nach Italien ziehen. Und er würde versprechen, sich zu ändern. Ukkola brach in ein abgehacktes Gelächter aus.
    Als er bemerkte, dass er die Wand anstarrte, ohne etwas zu sehen, schreckte er hoch. Nun war er allmählich richtig besoffen. Ihm ging der Gedanke durch den Kopf, dass er wie sein Vater wurde. Aber ihm blieb noch etwas Zeit: Er trank erst den zweiten Tag, Vater hingegen hatte wochenlang gesoffen, bis er sich selbst aufknüpfte.
    * * *
    Leo Kara landete um 22:50 Uhr mit dem Airbus 321 der Austrian Airlines auf dem internationalen Flughafen von Wien. Während des Fluges hatte er nichts gegessen oder

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