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Rot

Rot

Titel: Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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mit einem Kopfnicken befahl, die Tür zu schließen.
    Kati Soisalo starrte den Mann an, die zusammengewachsenen schwarzen Augenbrauen, der muskulöse Kiefer, die Bartstoppeln, die fast das ganze Gesicht bedeckten. Dazu sein hasserfüllter Blick. Solche Angst hatte sie seit dem Tag nicht mehr gehabt, als sie Vilmas weggeworfene Puppe Saara im Gebüsch des Parks inDubrovnik gefunden und begriffen hatte, dass ihre Tochter verschwunden war. Laut Paranoid galt die albanische Mafia als eine der brutalsten, wenn nicht die brutalste ethnisch-kriminelle Organisation weltweit. Jetzt hatte sie wieder etwas zu verlieren – Vilma.
    »Du weißt vermutlich, warum ich hier bin«, sagte der Mann auf Englisch.
    »Ihr seid Albaner, gehört zur Gruppe Veliki. Zu den Tieren, die Kinder produzieren und verkaufen«, fauchte Kati Soisalo, ehe sie nachdenken konnte.
    Der Mann mit der langen Augenbraue verzog keine Miene. »Wir machen auch noch viele andere Dinge. Alles, was einträglich ist, in ganz Europa und auch darüber hinaus.«
    Kati Soisalo glaubte ihm. Schon der Gedanke daran, was diese stechenden schwarzen Augen alles gesehen hatten, tat weh, jede Menschlichkeit war in ihnen längst gestorben.
    »Ich kann nicht zulassen, dass du den Poulsens das Mädchen wegnimmst …«
    Kati Soisalo unterbrach den Albaner: »Dieses Mädchen ist mein Kind.«
    Die Miene des Mannes wirkte nun noch bedrohlicher, er beugte sich vor. »Ich verhandle über meine Entscheidungen mit niemandem, und du bist keine Ausnahme. Ich habe den Poulsens mein Wort gegeben, dass sie das Mädchen bekommen, und der Händedruck eines Albaners bedeutet mehr als irgendeine Unterschrift. Shqiptari kur jep fjalën, ther djalën «, sagte er. »Wenn ein Albaner sein Wort gibt, dann verliert er lieber seinen Sohn, als es zu brechen.«
    Kati Soisalo rührte sich nicht und starrte auf ihre Schuhe. Erwartete dieser Irre tatsächlich, dass sie auf ihre Tochter verzichtete, nur weil eine albanische Mafiagruppe es befahl?
    »Du bist nicht die erste Mutter eines entführten Kindes, der es gelungen ist, uns auf die Spur zu kommen. Wir wissen genau, wieman in solchen Situationen vorgehen muss. Noch niemand hat sein Kind vor Gericht zurückgefordert oder uns bei der Polizei angezeigt, du verstehst sicher, warum. Schon bei einem ersten Fall würden die Behörden Kenntnis von unserem Namen erlangen, also wird es einen ersten Prozess niemals geben. Dein Fall lässt sich allerdings noch einfacher erledigen, weil die Unterlagen auf geradezu vorbildliche Weise in Ordnung sind.«
    Man sah Kati Soisalo ihre Verwirrung an, als sie aufschaute und den Albaner anblickte.
    »Es ist gar nicht so selten, dass wir von einem der beiden Elternteile des Kindes, das verkauft werden soll, Unterstützung erhalten. Und manche treten uns ihr Kind gegen eine Geldsumme vollkommen freiwillig ab. Dein Mann hat den Verkauf eures Kindes vereinbart, er hat für die Adoptionsunterlagen auch deine Unterschrift besorgt und …«
    »Er ist nicht mein Mann. Und ich habe nichts unterschrieben.« Kati Soisalo konnte nur den Kopf schütteln, so absurd war die Situation. Jukka Ukkola hatte Vilma verkauft, er hatte ihr Kind verkauft.
    »Wenn die Gültigkeit deiner Unterschrift vor Gericht geklärt werden müsste, dann würde dein Mann bezeugen, dass sie echt und das Original ist. Aber wie ich bereits sagte, auch dieser Fall wird nie vor Gericht kommen.«
    Das konnte doch nicht sein! Kati Soisalo spürte, wie die Verzweiflung ihren Kopf lähmte. Ihre Augen wurden feucht. Sie breitete die Arme aus. »Was willst du von mir?«
    »Ich mache ein Angebot, dass du ablehnen kannst«, antwortete der Albaner und richtete die Mündung seiner Waffe auf ihre Stirn. »Das ist die eine Alternative. Die andere besteht darin, dass du nach Hause zurückkehrst und deine Tochter vergisst. Schaff dir einfach anstelle des Mädchens ein neues Kind an, anscheinend bist du noch im geeigneten Alter.«
    »Alles klar. Abgemacht«, erwiderte Kati Soisalo und stand auf.Sie wollte diesen Mann loswerden. Es war sowieso egal, was sie mit diesen Bestien vereinbarte. Der Albaner steckte die Waffe in den Hosenbund, erhob sich und reichte ihr die Hand.
    »Ich muss wissen, mit wem ich die Vereinbarung treffe«, sagte Kati Soisalo.
    »Selami«, antwortete der Albaner und ergriff ihre ausgestreckte Hand.

33
    Montag, 10. Oktober
    Leo Kara wachte mit bohrenden Kopfschmerzen auf, öffnete die Augen und fluchte. Wieder eine Zelle. In dem wenige Quadratmeter großen

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