Rote Lilien
sich gefühlt haben muss, aber er ist die ganze Zeit bei mir geblieben.«
»Er liebt dich wirklich.«
Wunder über Wunder, dachte Hayley. »Stella, ich habe immer daran geglaubt, dass ich mich eines Tages so richtig verlieben würde, aber ich habe mir nicht vorstellen können, wie es sein würde. Und jetzt, da ich verliebt bin, kann ich mir das Leben ohne Verliebtsein gar nicht mehr vorstellen. Verstehst du, was ich meine?«
»Ja. Und die Sache mit Amelia hat überhaupt nichts damit zu tun. Du und Harper solltet diese Phase in eurer Beziehung in vollen Zügen genießen.«
»Es kommt mir so vor, als hätte alles in meinem Leben geradewegs zu ihm geführt, zu Harper. Das Gute und das Schlechte. Und mit dem Schlechten werde ich fertig, weil ich weiß, dass zwischen uns etwas ist, das wirklich etwas bedeutet. Das klingt jetzt ziemlich lahm, aber ...«
»Tut es nicht. Es klingt sehr glücklich.«
15. Kapitel
Der Laptop, den Hayley gebraucht gekauft hatte, war sehr günstig gewesen und gab ihr das Gefühl, etwas tun zu können.
Ein, zwei Stunden Recherche im Internet hatten ihr zwar nicht viele neue Informationen gebracht - zumindest nicht solche, die auf ihre Situation zutrafen -, aber es hatte ihr bestätigt, dass sie nicht allein war. Es gab tatsächlich eine Menge Leute, die zumindest glaubten, dass sie schon einmal etwas mit Geistern zu tun gehabt hatten. Hayley war bereits dazu übergegangen, die Begegnungen mit Amelia aufzuschreiben - eine dringende Empfehlung jeder Website, auf der sie gewesen war. Aber mit dem Computer brauchte sie ihre Notizen wenigstens nicht mehr mit der Hand zu schreiben. Außerdem machte es Spaß, ihren Freunden in Little Rock E-Mails zu schicken. Und natürlich hatte sie sich in den Weiten des Internets verloren und war stundenlang gesurft. Es gab einfach so viele Informationen, so viel Interessantes. Doch von einer Seite hangelte sie sich unweigerlich zu einer anderen und von dort zur nächsten, und wenn sie nicht aufpasste, saß sie noch bis weit nach Mitternacht vor ihrem Laptop. Sie saß im Wohnzimmer, hatte die Hand ins Kinn geschmiegt und las gerade einen Online-Bericht aus Toronto, in dem es um ein weinendes Geisterbaby ging, als sie eine Hand auf ihrer Schulter spürte. Hayley zuckte nicht zusammen und unterdrückte den Schrei, der ihr im Hals steckte.
Stattdessen machte sie die Augen zu und sagte in einem fast normalen Ton.
»Bitte sag mir, dass das eine echte Hand ist.«
»Ich hoffe doch sehr, dass sie noch mit meinem Handgelenk verbunden ist.«
»Roz.« Hayley atmete hörbar aus. »Ich hätte jetzt gern hundert Punkte, weil ich nicht wie eine Cartoon-Katze an die Decke gesprungen und mich dort festgeklammert habe.«
»Das hätte bestimmt sehr lustig ausgesehen.« Roz kniff die Augen zusammen und warf einen Blick auf den Bildschirm. »Ghosthunters Punkt com?«
»Das ist nur eine von vielen Sites«, klärte Hayley sie auf. »Und man findet dort ganz tolle Sachen. Hast du gewusst, dass man Geister früher davon abgehalten hat, ein Zimmer zu betreten, indem man Nadeln oder Eisennägel in den Türrahmen geschlagen hat? Dann wird der Geist irgendwie von ihnen gefangen und kann nicht hereinkommen. Wenn der Geist allerdings schon im Zimmer ist, wenn man die Nägel einschlägt, kann er nicht mehr raus.«
»Wenn ich dich dabei erwische, wie du etwas in meine Türrahmen hämmerst, werde ich dich grün und blau schlagen.«
»Das hatte ich mir schon gedacht. Außerdem ist mir nicht klar, wie das funktionieren soll.«
Sie stand auf. »Man sagt auch, dass man den Geist einfach nur höflich bitten sollte, zu gehen. Etwa so: He, tut mir ja Leid, dass du tot bist und so, aber das ist jetzt mein Haus und du störst, also zisch ab.«
»Das haben wir schon versucht. In mehreren Variationen.«
»Ja. Und es hat nichts genützt.« Als Roz sich auf das Sofa setzte, wurde Hayley klar, dass sie nicht nur gekommen war, um sich mit ihr über Amelia zu unterhalten. Sie wurde nervös. »Es wird natürlich immer gesagt, dass man alles dokumentieren soll, aber das hat Mitch uns ja bereits eingebläut. Und man soll Fotos machen. Man kann sich auch einen Geisterjäger mieten, aber ich glaube nicht, dass du eine Horde Fremder im Hause haben willst.«
»Bitte nicht.«
»Man kann auch einen Priester bitten, das Haus zu segnen. Schaden kann das sicher nicht.«
»Du hast Angst.«
»Noch mehr als früher. Aber ich weiß, dass uns das da nicht helfen wird« sie tippte auf den
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