Rote Lilien
Reichweite. »Wenn du drei bist, kauft dir Mama einen richtigen Welpen. Okay, wenn du zwei bist, aber das ist mein letztes Angebot. Schlaf gut, mein Kleines.« Sie ließ das Nachtlicht an und ging aus dem Zimmer. Als sie in ihr Schlafzimmer kam, drehte sich Harper, der vor Balkontüren stand, zu ihr um. »Das war ein schönes Bild eben, du und Lily im Schaukelstuhl. Mutter hat mir erzählt, dass sie mich und meine Brüder früher auch dort in den Schlaf geschaukelt hat.«
»Deshalb fühlt es sich auch so gut an. Dieser Schaukelstuhl hat schon eine Menge Liebe erlebt.«
»Heute Abend ist es kühler, zumindest ein bisschen kühler. Was hältst du davon, wenn wir eine Weile nach draußen gehen?«
»Gute Idee.« Sie nahm den Empfänger des Babyfons und ging mit ihm auf den Balkon hinaus. Vor dem Geländer standen drei große Kupfertöpfe, die langsam grün wurden. Hayley hatte die Töpfe dieses Jahr selbst bepflanzt, und sie freute sich immer, wenn sie die Mischung aus Farbe, Form und Textur der blühenden Pflanzen sah. »Die Hitze macht mir nichts aus, jedenfalls nicht zu dieser Tageszeit.« Sie beugte sich vor und schnupperte an einer violetten Blüte.
»Wenn die Sonne noch etwas weiter unten steht, kommen die Glühwürmchen heraus und die Zikaden fangen an zu singen.«
»Ich hab einen Riesenschreck bekommen, als Mutter vorhin angerufen hat.«
»Das kann ich mir denken.«
»Ich hab mir was überlegt.« Er strich ihr zerstreut über den Arm. »Nach dem, was heute passiert ist, solltest du von hier weg. Du kannst morgen zu Stella und Logan ziehen. Und nimm dir Urlaub«, fuhr er fort, als sie sich umdrehte und ihn entgeistert anstarrte. »Ich soll Urlaub nehmen?«
»Was Amelia angeht, ist das Gartencenter das Gleiche wie Harper House. Es wäre am besten, wenn du für eine Weile weggehst. Mitch und ich werden versuchen, die Herkunft des Armbands herauszufinden falls uns das überhaupt weiterbringt.«
»Ich soll also meine Sachen packen, zu Stella ziehen und kündigen?«
»Ich habe nicht gesagt, dass du kündigen sollst. Nimm Urlaub.«
In seiner Stimme lag unendlich viel Geduld - jene Art von Geduld, die sie so fuchsteufelswild machte wie das Kratzen von Fingernägeln auf einer Schiefertafel. »Urlaub?«
»Ja. Ich habe mit Mutter darüber gesprochen. Und mit Stella, damit du eine Weile bei ihr und Logan bleiben kannst.«
»Ach, nein. Du hast mit ihnen darüber gesprochen?« Er wusste, wie es sich anhörte, wenn eine Frau kurz davor war, ihn in Stücke zu reißen. »Du brauchst dich jetzt nicht aufzuregen. Das ist das Vernünftigste, was wir tun können.«
»Dann hältst du es also für vernünftig, Entscheidungen über meinen Kopf hinweg zu treffen, mit anderen Leuten darüber zu sprechen und mich vor vollendete Tatsachen zu stellen?« Sie trat einen Schritt zurück, wie um zu zeigen, dass sie auf eigenen Füßen stehen konnte. »Harper, du wirst mir nicht sagen, was ich machen soll, und dieses Haus werde ich erst verlassen, wenn Roz mich vor die Tür setzt.«
»Es will dich doch niemand rauswerfen. Was zum Teufel ist denn dabei, wenn du eine Weile bei Freunden wohnst?« Es klang so ungemein vernünftig. Und es war einfach ungeheuerlich. »Weil ich hier zu Hause bin. Weil ich hier lebe. Weil ich im Gartencenter arbeite.«
»Es wird immer noch dein Zuhause sein, du wirst immer noch hier leben, und du wirst auch in Zukunft hier arbeiten. Jetzt sei doch um Himmels willen nicht so verdammt stur.« Dass er die Beherrschung verlor, kam ihr gerade recht, denn jetzt konnte sie zurückschlagen. »Was fällt dir ein, so mit mir zu reden?«
»Ich ...« Er schluckte den Rest hinunter, steckte die Hände in die Taschen und fing an, auf dem Balkon hin und her zu gehen, während er sich zu beruhigen versuchte. »Du hast gesagt, sie wird stärker. Warum zum Teufel solltest du hier bleiben und riskieren, dass dir etwas passiert, wenn du lediglich ein paar Kilometer weiter weg ziehen müsstest? Und das nur vorübergehend.«
»Wie lange ist vorübergehend? Hast du dir das auch schon überlegt? Soll ich etwa bei Stella zu Hause rumhocken und Däumchen drehen, bis du entscheidest, wann ich zurückkommen kann?«
»Bis es hier wieder sicher ist.«
»Woher weißt du, wann es hier wieder sicher ist oder ob es hier überhaupt je wieder sicher sein wird? Und wenn du dir solche Sorgen machst, warum packst dann nicht deine Sachen? »Weil ich ...« Er räusperte sich, drehte sich um und starrte auf den Garten hinunter. »Das
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