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Roter Drache

Roter Drache

Titel: Roter Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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nachdenklich. »Da hat man es ständig mit irgendwelchen fürchterlich gelehrten Burschen zu tun, Experten, die ihre Forschungen mit Unterstützung von seiten der Regierung betreiben. Und Sie - Sie bezeichnen sich als einen Laien. Aber schließlich waren Sie es doch, der mich gefaßt hat, Will, oder nicht? Wissen Sie eigentlich, wie Sie das gemacht haben?«
    »Sie haben doch sicher das Verhandlungsprotokoll gelesen.
    Dort steht alles schwarz auf weiß.«
»Keineswegs. Wissen Sie, wie Sie es gemacht haben, Will?« »Das steht alles im Protokoll. Außerdem steht das doch jetzt
    nicht mehr zur Debatte.«
»Das ist richtig; für mich steht es nicht mehr zur Debatte.« »Ich möchte, daß Sie mir helfen, Dr. Lecter.«
»Das dachte ich mir fast.«
»Es dreht sich um diese Morde in Atlanta und Birmingham.« »Ja.«
»Sie haben sicher davon gelesen.«
»Ja, ich habe in den Zeitungen davon gelesen. Allerdings konnte ich mir die Artikel nicht ausschneiden. Sie müssen wissen, daß ich hier keine Schere haben darf.« Als Lecter lachte, kamen seine kleinen, weißen Zähne zum Vorschein. »Sie wollen sicher wissen, nach welchen Gesichtspunkten er sie aussucht.« »Ich dachte zumindest, daß Sie diesbezüglich ein paar Ideen
    haben könnten, und ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir dazu etwas sagen könnten.«
»Weshalb sollte ich das?«
Mit dieser Frage hatte Graham gerechnet. Einem Dr. Lecter fiel sicher nicht so schnell ein plausibler Beweggrund ein, einem Massenmörder das Handwerk zu legen.
»Es gibt gewisse Dinge, die Sie nicht haben dürfen«, erwiderte Graham. »Forschungsunterlagen auf Mikrofilm zum Beispiel. Ich könnte diesbezüglich ein gutes Wort für Sie einlegen.«
»Bei Chilton? Sie müssen ihn doch sicher gesehen haben, als Sie hier reinkamen. Grauenhaft, finden Sie nicht auch? Fummelt einem am Kopf herum wie ein Pennäler an seinem ersten BH-Verschluß. Sicher hat er Sie auch aus dem Augenwinkel zu beobachten versucht. Das ist Ihnen doch wohl nicht entgangen, oder?
Sie werden es vielleicht nicht glauben, aber er hat doch tatsächlich versucht, mich einem thematischen Apperzeptionstest zu unterziehen. Und dann saß er wie eine Cheshire-Katze vor mir und hat gewartet, daß wir zu Karte Mf 13 kämen. Lächerlich. Sie müssen entschuldigen - ich habe ganz vergessen, daß Sie nicht zum erlauchten Kreis der Gesalbten zählen. Dabei handelt es sich um eine Karte mit einer Frau im Bett und einem Mann im Vordergrund. Ich hätte versuchen sollen, eine sexuelle Deutung der Abbildung zu vermeiden. Ich habe nur gelacht. Er ist rot angelaufen und hat jedermann erzählt, ich hätte mich mit einem Ganser-Syndrom vor dem Gefängnis gedrückt - aber was rede ich denn; das ist doch alles belanglos.«
»Sie hätten dann Zutritt zur AMA-Mikrofilmbibliothek.«
»Ich glaube nicht, daß Sie mir die Sachen besorgen könnten, die ich wirklich haben möchte.«
»Lassen Sie’s doch auf einen Versuch ankommen.« »Außerdem habe ich auch so genügend zu lesen.« »Sie könnten Einsicht in die Unterlagen zu diesem Fall nehmen. Und dann wäre da noch ein Grund.«
»Und der wäre?«
»Ich dachte, es könnte Sie vielleicht interessieren herauszufinden, ob Sie nicht vielleicht cleverer sind als die Person, nach der ich suche.«
»Demnach halten Sie sich also für schlauer als mich, da Sie mich gefaßt haben.«
»Keineswegs. Ich weiß sehr wohl, daß ich nicht schlauer bin als Sie.«
»Und wie sind Sie mir dann auf die Schliche gekommen, Will?«
»Sie waren sozusagen etwas benachteiligt.«
»In welcher Hinsicht?«
»Durch Ihre Besessenheit. Außerdem sind Sie wahnsinnig.«
»Sie sind sehr braun, Will.«
Darauf erwiderte Graham nichts.
»Ihre Hände wirken derb. Sie sehen nicht mehr wie die Hände eines Polizisten aus. Dieses Rasierwasser kann Ihnen doch nur ein Kind geschenkt haben. Auf der Flasche ist doch ein Schiff abgebildet, wenn ich mich nicht täusche?« Dr. Lecter hielt seinen Kopf selten gerade. Er neigte ihn, wenn er eine Frage stellte, leicht zur Seite, als wollte er einem einen Löffelbohrer der Neugierde ins Gesicht drehen. Nach längerem Schweigen fuhr Lecter fort: »Ich glaube nicht, daß Sie bei mir mit Appellen an meine intellektuelle Eitelkeit Erfolg haben werden.«
»Ich habe mir nie eingebildet, Sie überreden zu können. Ich bin von vornherein davon ausgegangen, daß Sie es entweder tun würden oder nicht. Außerdem arbeitet Dr. Bloom bereits an dem Fall; er ist der beste -«
»Haben Sie die Unterlagen

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