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Roter Drache

Roter Drache

Titel: Roter Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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dabei?«
»Ja.«
»Auch Fotos?«
»Ja.«
»Überlassen Sie sie mir für eine Weile; dann werde ich es mir überlegen.«
»Nein.«
»Träumen Sie viel, Will?«
»Wiedersehen, Dr. Lecter.«
»Sie haben mir doch noch gar nicht damit gedroht, mir meine Bücher wegzunehmen.«
Graham entfernte sich wortlos.
»Geben Sie die Unterlagen schon her. Ich werde Ihnen sagen, was ich denke.«
Graham mußte die Akte mühsam in den Durchreichschlitz zwängen. Lecter zog sie nach drinnen.
»Am Anfang finden Sie eine Zusammenfassung. Am besten lesen Sie die jetzt gleich mal«, erklärte Graham.
»Hätten Sie was dagegen, mich das ungestört machen zu lassen? Kommen Sie in einer Stunde wieder.«
    Graham wartete auf einer durchgesessenen Plastikcouch in einem unwirtlichen Wartezimmer. Ab und zu kam ein Wärter herein, um sich Kaffee zu holen. Er sprach mit keinem von ihnen. Er starrte nur auf verschiedene kleine Gegenstände im Raum und war froh, daß sie sich in seinem Blickfeld nicht bewegten. Zweimal mußte er auf die Toilette. Er war wie betäubt.
    Ein Gefangenenwärter ließ ihn wieder in den Hochsicherheitstrakt.
Seine Augen von angestrengtem Nachdenken mit einem matten Film überzogen, saß Lecter an seinem Tisch. Graham war klar, daß er sich die längste Zeit mit den Fotos beschäftigt hatte.
»Ein außerordentlich schüchterner Bursche, Will. Ich würde nur zu gern seine Bekanntschaft machen... Haben Sie schon die Möglichkeit in Erwägung gezogen, daß sein Äußeres in irgendeiner Weise entstellt ist; oder daß er sich einbildet, entstellt zu sein?«
»Wegen der Spiegel?«
»Ja. Wie Sie wissen, hat er alle Spiegel in den beiden Häusern zerschlagen; das tat er jedoch nicht nur wegen der paar Scherben, die er dann benötigte. Er benutzt die Spiegelscherben auch nicht nur wegen der Verletzungen, die er ihnen dadurch beibringt; er bringt sie so an, daß er sich darin sehen kann. Mit ihren Augen sozusagen. Mit denen von Mrs. Jacobi und... wie hieß die andere Frau gleich noch mal?«
»Mrs. Leeds.«
»Genau.«
»Das ist allerdings interessant«, nickte Graham nachdenklich.
»Machen Sie mir doch nichts vor. Daran haben Sie auch schon gedacht.«
»Stimmt, daran hatte ich auch schon gedacht.«
»Sie sind doch nur hergekommen, um mich anzusehen, um die alte Fährte wieder aufzunehmen, oder etwa nicht? Warum beschnüffeln Sie sich nicht einfach selbst?«
»Ich wollte Ihre Meinung dazu hören.«
»Eine solche habe ich im Augenblick noch nicht.«
»Falls Sie sich doch noch eine bilden sollten, hätte ich sie gern gehört.«
»Kann ich die Unterlagen behalten?«
»Darüber bin ich mir noch nicht im klaren«, erwiderte Graham.
»Weshalb enthalten sie keine Beschreibung der näheren Umgebung des Tatorts? Hier haben wir Frontalansichten der Häuser, Grundrisse, Aufrißzeichnungen der Räume, in denen die Morde geschahen, aber von der Umgebung der Häuser so gut wie nichts. Wie sahen die Gärten aus?«
»Ziemlich weitläufig, eingezäunt, zum Teil auch von Hecken eingefaßt. Warum fragen Sie?«
»Weil dieser Pilger, mein lieber Will, falls er sich tatsächlich so sehr vom Mond angezogen fühlt, wie es den Anschein erweckt, vielleicht vors Haus treten möchte, um ihn sich anzusehen. Bevor er sich gesäubert hat, wie Sie sicher verstehen werden. Haben Sie schon mal Blut bei Mondlicht gesehen, Will? Es wirkt dann fast schwarz, wenn es auch seinen charakteristischen Schimmer beibehält. Und wenn man dabei nackt ist, würde ich es doch wohl für angeraten erscheinen lassen, sich vorher zu vergewissern, ob hierfür auch die nötige Abgeschiedenheit gegeben ist. Man muß doch schließlich auf die Nachbarn Rücksicht nehmen, hmmmmm?«
»Glauben Sie, der Garten könnte bei der Auswahl der Opfer eine gewisse Rolle spielen?«
»Auf jeden Fall. Und es wird natürlich weitere Opfer geben. Lassen Sie mir die Unterlagen hier, Will. Ich werde sie noch genauer studieren. Und falls Sie noch weitere Informationen bekommen sollten, würde ich die auch gern sehen. Sie können mich übrigens auch telefonisch erreichen. In den seltenen Fällen, in denen mein Anwalt anruft, bringen sie mir ein Telefon in die Zelle. Sie stellen ihn über die Hausleitung durch, und natürlich hören sie alle unsere Gespräche mit. Würden Sie mir vielleicht Ihre Privatnummer geben?«
»Nein.«
»Wissen Sie überhaupt, wie Sie mich gefaßt haben, Will?«
»Wiedersehen, Dr. Lecter. Sie können mir unter der auf der Akte angegebenen Nummer jederzeit eine Nachricht hinterlassen.« Damit

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