Roter Drache
kurz und starb.
23. K APITEL
C aptain Osborne von der Chicagoer Mordkommission hat te das spitze, graue Gesicht eines steinernen Fuchses. Im ganzen Revier lagen Ausgaben des Tattler herum. Eine davon befand sich auf seinem Schreibtisch.
Er forderte Graham und Crawford nicht auf, Platz zu nehmen.
»Sie hatten also mit Lounds hier in Chicago bestimmt nichts vor?«
»Nein, er wollte nach Washington kommen«, erklärte Crawford. »Er hat sich bereits einen Flug reservieren lassen. Das haben Sie doch sicher nachprüfen lassen.«
»Ja, natürlich. Er hat die Redaktion gestern gegen halb zwei verlassen. In der Tiefgarage des Hauses, in dem er wohnt, ist er dann so gegen zehn nach zwei überfallen worden.«
»Irgendwelche Anhaltspunkte aus der Tiefgarage?«
»Seine Schlüssel sind unter seinen Wagen gerutscht. Es gibt dort keinen Garagenwart - sie hatten ursprünglich ein Tor, das sich über Funk öffnen und schließen ließ, aber als es damit dann öfter technische Probleme gab, haben sie die Anlage einfach ausgebaut. Jedenfalls hat niemand etwas bemerkt. Das scheint das Motto des heutigen Tages zu werden. Wir nehmen uns mittlerweile Lounds’ Wagen in aller Gründlichkeit vor.«
»Können wir ihnen dabei irgendwie behilflich sein?«
»Sie können die Untersuchungsberichte haben, sobald sie bei mir eingehen. Sie haben bisher noch kaum was gesagt, Graham. Dabei hatten Sie doch in diesem Zeitungsinterview eine Menge zu erzählen.«
»Was Sie bisher vorzubringen hatten, war ja auch nicht sonderlich aufschlußreich.«
»Sind Sie eigentlich sauer, Captain?« wollte Crawford wissen.
»Ich? Weshalb sollte ich? Wir stellen für Sie fest, von wo ein bestimmter Anruf reingeht und nageln dabei so einen bescheuerten Zeitungsfritzen fest. Dann haben Sie plötzlich nichts gegen den Mann vorzubringen. Statt dessen lassen Sie sich mit ihm auf irgendwelche dubiose Geschäfte ein, was dazu führt, daß er flambiert und geröstet vor dem Eingang des Redaktionsgebäudes rollt. Und jetzt nehmen sich die anderen Blätter seiner an, als wäre er einer der ihren gewesen.
Darüber hinaus haben wir nun also auch in Chicago unseren Zahnschwuchtelmord. Wirklich großartig. ›Zahnschwuchtel in Chicago‹. Mann, das hat uns gerade noch gefehlt. Bis Mitternacht liegen uns mindestens ein halbes Dutzend Fälle von häuslichen Schießunfällen vor; irgendein Kerl versucht sich spät nachts unbemerkt in die Wohnung zu schleichen, nachdem er ein bißchen zu tief ins Glas geschaut hat, und - peng! - schon brennt ihm seine Alte eine auf den Pelz. Vielleicht hat die Zahnschwuchtel dadurch ja auch Gefallen an Chicago gefunden und beschlossen, sich noch eine Weile hier rumzutreiben und sich ein paar schöne Tage zu machen.«
»Wir haben zwei Möglichkeiten«, erklärte Crawford. »Entweder verursachen wir einen Mordswirbel und ziehen alle möglichen Leute bis hinauf zum Distriktsstaatsanwalt in die Sache hinein, damit uns die - und zwar Ihnen und uns - ordentlich auf die Zehen steigen. Oder wir versuchen, handelseinig zu werden und konzentrieren uns lieber darauf, diesen Bastard zu fassen. Die Verantwortung für diese Operation lag bei mir, und mir ist sehr wohl klar, daß das Ganze ein Schuß in den Ofen war. Ist hier in Chicago so was noch nie vorgekommen? Ich möchte mich auf keinen Fall mit Ihnen anlegen, Captain. Wir wollen nichts weiter, als diesen Kerl fassen und wieder nach Hause fliegen. Was wollen Sie?«
Osborne schob statt einer Antwort erst einmal verschiedene Gegenstände auf seinem Schreibtisch hin und her - einen Briefbeschwerer, ein gerahmtes Foto eines fuchsgesichtigen Jungen in Musikkapellenuniform. Dann lehnte er sich in seinen Sessel zurück, spitzte die Lippen und ließ leise den Atem entweichen. »Im Augenblick möchte ich eine Tasse Kaffee. Wie sieht’s bei Ihnen aus?«
»Danke, gern«, erwiderte Crawford.
»Ich ebenfalls«, schloß sich Graham an.
Osborne reichte ihnen die Pappbecher und deutete dann auf zwei Stühle.
»Die Zahnschwuchtel muß einen Kombi oder einen kleineren Transporter gehabt haben, um Lounds in dem Rollstuhl transportieren zu können«, begann Graham nach einem Schluck Kaffee.
Osborne nickte. »Das Nummernschild, das Lounds sah, war von einem Kombi einer Fernsehreparaturfirma in Oak Park gestohlen. Er hat also das Nummernschild eines Nutzfahrzeugs entwendet, weil er es selbst für einen Kombi oder etwas Ähnliches brauchte. Er hat die gestohlenen Nummernschilder an dem Wagen der Fernsehreparaturfirma durch andere,
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