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Roter Staub

Roter Staub

Titel: Roter Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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Himmel! Der
Himmel!«
    Die Flossler hatten Berichte von Lee und den Aufständen in
Xin Beijing über das ganze Netz von Kanälen verbreitet,
wodurch sie die zensierten Fernsehaufnahmen auf dem einzigen
Nachrichtenkanal ergänzten, dem der Kleine Vogel zu arbeiten
gestattete. Gleiter hatten die Geschichte gleichfalls mitbekommen.
Neuigkeiten, daß Lee auf dem Weg nach Ichun sei, und die
Vorzeichen am Himmel in jener Nacht hatten sich vereinigt und eine
öffentliche Revolte verursacht.
    Die Kompanie von Soldaten, die in der Stadt kaserniert war, hatte
sich ergeben, nachdem ihr Lager in Brand gesetzt worden war. Der
Gouverneur und seine Familie waren in die Staubseen geflohen, sobald
die Revolte begonnen hatte, er hatte den letzten Gleiter benutzt, der
vom Hebewerk hinabgetragen worden war. Die Post war von seinem
Nachtwächter befreit worden, der jetzt einen großen Rausch
ausschlief, nach all dem Reisbier, mit dem er traktiert worden war.
Aus Postern der Sechserbande waren die Gesichter herausgerissen
worden, und Slogans, die vom Aufstand in Xin Beijing aufgeschnappt
worden waren, bedeckten die meisten der weißen Mauern der
Gebäude von Ichun. Lee erkannte einiges vom Jargon der WBBM
wieder, das vermischt war mit Zitaten aus den Filmfragmenten des
›King of the Cats‹. Die öffentlichen Lautsprecher
sendeten nicht mehr länger eine fade Diät aus Pop-Arien,
Werbung und anti-expansionistischer Propaganda, sondern die
Rund-um-die-Uhr-Rock ’n’ Roll-Show des Kings.
    Und die massiven Schiffshebewerke, welche die Gleiter zwischen dem
Großen Kanal und den Staubseen hinauf- und
hinabbeförderten, waren abgeschaltet worden. Die Familien, die
sie besaßen und bedienten, hatten sich der Revolution
angeschlossen. Reihen von Gleitern stauten sich bereits einen halben
Kilometer zurück, und die Reihen wurden jede Stunde länger.
Unter ihnen war der Schwarze Drache, den Lee, Chen Yao und
Redd in der Morgendämmerung verlassen hatten.
    Zu dieser Zeit war die Ankunft in Ichun über die Straße
vernünftig und unverdächtig erschienen: bis jetzt
mußte Mary Makepeace Gaia herausbekommen haben, wie sie
entkommen waren. Wie sich herausstellte, hätten sie ebensogut
riesige Fahnen tragen können, die ihre Anwesenheit
unübersehbar kundgetan hätten. Tatsächlich sah Lee,
während er von der feiernden Menge die Hauptstraße zur
Gouverneurs-Residenz hinabgetragen wurde, daß eine Fahne mit
seinem Namen zwischen den beiden großen Gingkos ausgespannt
worden war, die neben der Durchfahrt standen.
    Chen Yao, die Hände auf den schuppigen Köpfen der beiden
Karpfen, rief: »Dies ist deine Stunde, Wei Lee! Jetzt fängt
deine Reise wirklich an!«
    »Denk dran, was in Xin Beijing geschehen ist«, sagte
Lee.
    Chen Yao lachte. »Ich sehe keine Armee!«
    »Noch nicht!«
    Dann schob sich die Menge zwischen sie, und Lee wurde durch die
Tore zum Haus des Gouverneurs getragen.

 
     

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51
     

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    Das Haus des Gouverneurs thronte auf dem Rand kilometerhoher
Klippen, die steil hinab auf das weite rote flache Land der Ebene des
Himmels fielen. Das zierlich abgestufte Haus und seine saftigen
grünen Gärten, geschützt von gebogenen Windabweisern,
die den Himmel wie dreißig Meter hohe Klauen ankratzten, waren
in das Hauptquartier der öffentlichen Revolte von Ichun
verwandelt worden. Gepflegte Rasenflächen, die jeden Tag
gewässert und von einem Dutzend Frauen mit Handsicheln
geschnitten worden waren, wurden von der Siegerpartei allmählich
zu Matsch zertrampelt. Kochgruben waren in den kostbaren Rasen
gegraben worden; es standen Tische da mit saurem Gemüse,
gepökeltem Yakhirn, Mapo-Tofu mit feurigen Soßen,
gefüllten und gerösteten Innereien, Schweinsschnauzensuppe,
gezuckertem Dzo-Auge und anderen Delikatessen.
    Einer aus dem selbsternannten Revolutionskomitee erklärte
Lee, daß der ganze Festschmaus aus den gekühlten
Vorratsschränken des Gouverneurs geplündert worden war. Er
war ein großer nervöser Student, nicht viel älter als
Lee, auf eine abgezehrte Weise gutaussehend, dessen Adamsapfel
über dem Knoten in seinem gelben Halstuch hervorstach. Ein
gelbes Tuch und das Fehlen einer Maske waren die Zeichen für
Autorität, schien es. Das Komitee wußte nur zu gut,
daß Masken, wenn die Stadt wieder eingenommen wurde, sie nicht
vor Informanten schützen konnten, also gingen sie nacktgesichtig
unter dem verängstigten Stadtvolk, das es bevorzugte, die
Revolution anonym durchzuführen.
    »Du siehst die Reichtümer, die der

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