Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)
offenbar nur ein Angeber, und selbst wenn er den Plan wirklich ernsthaft hatte, so war ihm die Sache wohl spätestens auf Aruba zu heiß geworden.
Trotzdem: Mit der Nummer wollte ich ihn auch nicht einfach so davonkommen lassen.
Dafür sollte es bald eine Möglichkeit geben.
Lehrte
»Ende vergangenen Jahres schlossen sich sämtliche 16 Gruppen (›Chapter‹) der Bones den Hells Angels an. Damit fusionierte der einflussreichste deutsche Motorradclub mit der unumstrittenen Nummer eins in der weltweiten Rockerhierarchie. (…) Gut zwei Jahre nach Hanebuths Eintritt bei den Bones war Ruhe am zuvor auch von Albanern und Russen umkämpften Steintor. Diese Ruhe schätzt man in Hannover. Im Kommissariat Milieukriminalität bezeichnet man Hanebuth wohlwollend als ›Ordnungsfaktor‹.«
Focus , 7.2.2000, »Kopfgeld auf Hagen«
Die Idee, mit zwei Griechen eine spanische Bar zu eröffnen, ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Eine Faustregel für die Gastronomie: Mach mit Griechen ein griechisches Restaurant auf. Wenn du eine spanische Bar willst, such dir um Gottes willen Spanier. Nur leider ist zu dieser Zeit Tapasessen total in, während der griechische Grillteller mit gemischtem Salat niemanden mehr hinter dem Ofen hervorlockt.
Ich kenne die Tante der beiden Griechen und sie bittet mich, ihren Neffen unter die Arme zu greifen. Bisher sind sie mit allen ihren Unternehmungen in der Gastronomie grandios gescheitert. Der nächste Versuch sollen jetzt Tapas sein, in Lehrte, einem verschlafenen Städtchen bei Hannover. Bekannteste Tochter der Stadt ist Hillu, dritte Exfrau von Gerhard Schröder. 40 000 Einwohner, kaum Kneipen, ein Kino, kein Nachtleben, kultureller Mittelpunkt ist ein Theatersaal, in dem 400 Menschen Platz finden und Wanderbühnen gastieren.
Aber immerhin: Hier lässt es sich bestens abtauchen. Nachdem aus Aruba nichts geworden ist, habe ich beschlossen, mich einige Zeit in Deutschland zu verstecken. Also steige ich in die Bar ein. Was ich zu dem Zeitpunkt nicht weiß, ist, dass meine Partner 400 000 Mark Schulden bei der Brauerei haben, also jeden Pfennig aus dem Restaurant ziehen müssen, um ihre Schulden zu tilgen. Das Geld, das ich in das Geschäft investiere, wandert zu einem beträchtlichen Teil in die Schuldentilgung meiner Partner.
Die beiden Griechen sind nicht die Art von Geschäftspartnern, die man sich für einen Gastronomiebetrieb wünscht. Der eine, Dimitri, riecht immer nach Köter, weil er nebenher eine Schäferhundezucht betreibt. Außerdem hat er eine widerliche, feuchte Aussprache. Der andere, Nikolas, versucht, jede Frau im Dorf zu ficken. Der hat sogar seinem eigenen Cousin die Frau ausgespannt.
Weil offenbar niemand die beiden Griechen leiden kann, kommen keine Gäste und der Laden läuft nicht. Letztendlich ist mir das aber egal, denn ich habe schnell gemerkt, dass die normale Gastronomie, also ohne leichte Mädchen und Gangster, sterbenslangweilig ist. Ich befinde mich in einer Art Habachtstellung, sehe den Griechen dabei zu, wie sie die letzten Gäste vertreiben, und überlege, wie ich neu im Milieu einsteigen könnte.
Einige Monate später ergibt sich dazu die Gelegenheit. Unser Koch ist zum Ficken in Hannover gewesen, und in der Puffstraße im berüchtigten Steintorviertel haben ihn dann ein paar Nutten um 300 Mark abgezockt. Da er dagegen protestierte, wurde er dann noch von einem Zuhälter niedergeschlagen. Als er mir die Geschichte erzählt, wittere ich die Chance, mal wieder in Kontakt mit dem Rotlichtmilieu zu treten. Wenn auch auf die harte Tour.
»Wer war denn das?«, frage ich den Koch.
»So ein langhaariger Türke.«
»Ich gehe da mal hin und rede mit denen.«
Dimitri und Nikolas halten das für keine gute Idee, denn mit den Jungs vom Steintor sei nicht gut Kirschen essen. Aber ich habe gerade Bock auf ein bisschen Stress.
Ich muss auch nicht lange herumfragen, um herauszufinden, wer der langhaarige Türke ist. Denn die meisten Türken haben kurze Haare. Im Hannover Rotlichtmilieu gibt es genau einen Türken mit langen Haaren, und der nennt sich »Apache«.
Also fahre ich ins Rotlichtviertel von Hannover. Als ich ein wenig durch die Straßen schlendere, sehe ich vor einem Puff eine S-Klasse stehen, Kennzeichen »H« für Hannover und dann »A« für Apache. Das könnte passen, überlege ich gerade, da kommt er auch schon aus dem Puff heraus und setzt sich ins Auto.
Ich gebe ihm Zeichen, dass ich mit ihm reden will, aber er fährt ungerührt weiter,
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