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Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)

Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)

Titel: Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianni Sander , Marc-André Rüssau
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anderen fällt, ich spüre die Schmerzen an der Faust nicht mehr. Seit zwei Monaten bin ich Straßenzuhälter, dieses Mal werde ich zum ersten Mal wegen Körperverletzung festgenommen und verbringe die Nacht auf der Davidwache.
    Fast jeden Abend gibt es Protest. Meist begründet. Die Mädels auf St. Pauli arbeiten alle auf Falle, das heißt, sie ziehen den Freiern das Geld aus der Tasche, ohne dass es dafür eine ordentliche Gegenleistung gibt.
    Auf der Straße wird den Freiern der Sex für 30 Euro angeboten. In der Steige wird dann aber nachverhandelt. Für 30 Euro ziehen sich die Nutten nicht mal aus, da gibt es nur ein bisschen Gefummel, für Sex muss deutlich mehr auf den Tisch gelegt werden.
    Die Protestschreierei der Huren ist aber auch ein Ego-Ding. Sie wollen sehen, wie ihre Männer sich prügeln. Die Männer geben an, wenn sie eine besonders geile Frau auf der Straße haben. Und die Frauen geben an, wenn ein besonders starker Mann für ihren Schutz zuständig ist.
    Der Kiez ist kaputt. Die Reeperbahn bietet Hunderte Möglichkeiten, richtig abgezockt zu werden.
    Die Reeperbahn ist 930 Meter lang. An ihren beiden Seiten ist meine Wirkungsstätte, das Hamburger Rotlichtmilieu, der Stadtteil St. Pauli, der Kiez. Kurz vor Mitternacht beginnt der Hochbetrieb an den Wochenenden. Dann fahren hier fast nur noch Taxis, Zuhälterkarren und hier und da mal eine Stretch-Limo, die Angeber zu einer Party bringt.
    Längst gibt es auf dem Kiez mehr Diskotheken als Stripclubs, mehr günstige Saufkneipen als Bordelle, mehr Theater als Sex-Shows. Das Rotlicht flackert nur noch an ein paar Stellen auf.
    Auf der einen Seite, in Richtung Hafen, ist der Straßenstrich. Die Prostituierten warten am Hans-Albers-Platz und in der Davidstraße auf Freier. Ab 20 Uhr stehen die Frauen hier, in einer langen Reihe, insgesamt schaffen etwa 400 Huren in diesem Bereich an. Die Regeln sind hart: Jede Frau hat einen nur wenige Meter breiten Bereich, in dem sie potenzielle Freier ansprechen darf. Danach kommt das Revier der Kollegin. Ein Mann wird also von der ersten Prostituierten angesprochen, sie darf vier Schritte mit ihm mitgehen, dann ist die nächste Hure dran. Die Mädels achten ziemlich genau darauf, dass die Konkurrentinnen diese Regel einhalten. Wenn es zu einem ernsthaften Konflikt kommt, müssen die Zuhälter miteinander diskutieren.
    Darüber, welcher Platz in der langen Reihe der beste ist, hat sich wohl schon jeder Zuhälter den Kopf zerbrochen. Stelle ich mein Mädel ganz an den Anfang, damit sie den anderen Frauen den Typen wegschnappt? Oder lieber in die Mitte, weil sich die Freier gerne erst ein paar Frauen anschauen, um zu vergleichen, bevor sie mitgehen?
    Nur Frauen mit einer großen Klappe können auf dem Straßenstrich bestehen, sie müssen die Freier aktiv ansprechen und auf jede Antwort einen passenden Spruch parat haben.
    Nutte: »Komm doch mal mit!«
    Freier: »Nee, keine Lust.«
    Nutte: »Die mach ich dir schon, ist ja mein Job.«
    Freier: »Ich bin verheiratet …«
    Nutte: »Na und? Weißt du, was deine Frau gerade macht?«
    Freier: »Ich hab kein Geld dabei.«
    Nutte: »Da hinten ist ein Automat, ich begleite dich.«
    Wenn er dann immer noch nicht weit genug gekommen ist, um im Revier der nächsten Nutte zu sein, die das Spiel noch einmal mit ihm spielt, ruhig mal am Arm packen, vielleicht geht er ja dann mit.
    Auf das Aussehen kommt es auf dem Straßenstrich dafür weniger an. Kaum ein Mann nimmt sich die Zeit, genau hinzuschauen, auf offener Straße ist das auch zu peinlich. Bei kaltem Wetter sind die Frauen sowieso zu dicht eingepackt, da lässt sich die Figur kaum beurteilen.
    Parallel zur Reeperbahn verläuft die berühmte Herbertstraße. Die Straße ist schmal, auf beiden Seiten stehen nur Bordelle, in deren Schaufenster Frauen sitzen. Die Herbertstraße ist abgetrennt durch einen Sichtschutz, Eintritt für »solide« Frauen und Minderjährige verboten. Verboten im Sinne von: nach den Regeln des Milieus verboten. Laut Gesetz ist die Herbertstraße nämlich eine öffentliche Straße wie jede andere auch, durch die jeder gehen darf, egal ob Mann oder Frau. Aber die Zuhälter und die Prostituierten mögen es nicht, wenn sie von Leuten betreten wird, die nicht als Freier infrage kommen. Zum einen haben die Nutten keinen Bock, sich von soliden Frauen begaffen zu lassen. Solche Frauen halten sich für etwas Besseres, Nutten sind für sie Abschaum, und Nutten hassen solide Frauen, weil sie sich zu fein sind, die

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