Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)
der Wohnlage. Die Modellwohnungen in der Innenstadt sind auf die Geschäftsleute spezialisiert, die in der Mittagspause eine schnelle Nummer schieben wollen. Die Prostituierten haben hier auch immer ein Bügeleisen parat, falls das Hemd nach dem Sex zerknittert ist, damit der Manager einwandfrei beim Fünf-Uhr-Meeting erscheint. Die Albaner haben den Trend mit den günstigen Modellwohnungen früh erkannt und sind hier die dominierende Gruppe.
Auf dem Straßenstrich Süderstraße arbeiten etwa 80 Frauen. Die Kundschaft sind traditionell Trucker, die ihre Ladung im Hamburger Hafen abholen, die schnelle Nummer an der Süderstraße liegt dann auf dem Weg. Auch hier haben Hells Angels und Albaner den größten Einfluss.
Protest im Eros-Laufhaus. In der zweiten Etage hat ein Freier das Tischchen neben dem Bett der Nutte umgetreten. Jetzt steht er auf dem Flur, die Tür steht offen, keine Nutte zu sehen. Aber der Freier schimpft. Zwei Freunde von ihm kommen den Gang entlang, er hat sie angerufen, nun versuchen sie, ihn zu beruhigen. Sie sind besoffen, scheinen sich allerdings nicht so richtig entscheiden zu können, ob sie die Situation nun lustig finden oder ihren Kumpel bedauern sollen.
»Die hat meine EC-Karte. Ich hab der meine EC-Karte gegeben«, brüllt der Freier.
»Kann sie ja nichts mit machen. Ohne Geheimzahl«, sagt sein Freund, der sich am Barhocker vor der Tür abstützt.
»Die hab ich ihr aufgeschrieben!«
Die Jungs gucken betreten zu Boden.
»Ich hatte nur 100 auf Tasche. Sie hat mir gesagt, für einen Hunderter extra würde auch noch ihre Freundin dazukommen. Sie könnte das eigentlich einfach von meiner Karte abbuchen, aber leider wäre ihr portables Lesegerät kaputt, deswegen sollte ich ihr einfach die Geheimzahl aufschreiben, sie wollte das dann im Büro machen und gleich zurückkommen. Ich sollte es mir so lange schon mal gemütlich machen.«
»Wie dumm kann man sein?«
»Ein Dreier, Mann!«
Ist doch sowieso nichts auf dem Konto. Bist doch immer pleite.«
»Doch! Die ganze Kohle für den Anzug. Plus Dispo!«
Die Kiez-Tour ist wohl ein vorgezogener Junggesellenabschied. Die Kohle für den Hochzeitsanzug zieht sich die Nutte wohl gerade mit seiner Karte.
»Wir müssen die Karte sperren.«
»Hast du die Nummer von deiner Bank?«
Ratlosigkeit. Niemand hat die Nummer von der Bank, wenn er sie braucht.
Dann kommt die Nutte tatsächlich wieder, mit einer blonden Freundin im Arm. Sie hält dem Freier seine Kreditkarte hin.
Das Konto ist leer, da kann er sicher sein.
»Na, was ist los? Willst du deinen Service nicht mehr? Und was ist mit meinem Tisch passiert?«
Er tut jetzt das einzig Richtige. Er legt den Arm um die beiden Frauen, seine Freunde bleiben auf dem Gang stehen und lachen. Diesen teuersten Fick seines Lebens wird er wenigstens auskosten.
Später wird er sich einen Anzug leihen müssen. Und seiner Frau erklären müssen, warum das Geld gerade etwas knapp ist. Der älteste Nutten-Trick, der immer wieder funktioniert. Selten kommt die Abzocke vor Gericht. Ein geplündertes Konto lässt sich vor der Ehefrau vielleicht noch verbergen. Ein Nutten-Prozess, bei dem man als Geschädigter aussagen muss, jedoch wohl kaum.
Je später es wird, desto mehr riecht der Kiez nach Pisse. Die Besoffenen ziehen durch die Laufhäuser, kotzen in die Gänge, belästigen die Frauen, kriegen eine aufs Maul.
Das Leben als Straßenzuhälter ist mir zuwider. Ich verbringe zu viel Zeit mit primitiven Proleten. Viele Hells Angels, Hooligans. Es geht hier nicht darum, ehrliche Geschäfte zu machen, es geht darum abzuzocken, Leute festzumachen. Unsere Gespräche drehen sich nur darum, wer was auf die Fresse gekriegt hat und wer noch was auf die Fresse bekommen soll.
Ich merke, wie ich mich selbst verändere. Ich trainiere fast jeden Tag im Olympic-Fitnessstudio am Hauptbahnhof, lege ordentlich an Muskeln zu, aber die brauche ich auch. Denn fast jeden Abend gibt es Stress, mal mit Freiern, mal mit anderen Zuhältern.
Irgendwann, das weiß ich, werde ich wegen einer Körperverletzung richtig in den Knast einfahren.
Es gibt strenge Regeln, die mit Gewalt, Demütigungen, Geldforderungen durchgesetzt werden. Am Anfang imponiert mir das raue Leben auf dem Kiez. Ohne Regeln funktioniert nichts. Bis ich merke, dass die Regeln nur dazu dienen, um sich gegenseitig abzuzocken.
Mit den Frauen wird ein wahnsinniges Programm gefahren mit strikten Arbeitsplänen, hier wird Geld gefordert, da erniedrigt, dort
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