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Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Titel: Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Signe Danielsson , Roman Voosen
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    Rune, der Ork, holte weit aus, schwang die Streitaxt über seinen behelmten Kopf und spaltete dem Nachtelf den Schädel. Blut spritzte. Der Druide neben ihm schaute zunächst etwas verwundert, dann bemühte er sich überhastet, einen Heilzauber anzubringen, doch viel zu spät: Rune hatte ihm bereits wirkungsvoll in die Schulter gehackt und damit seinen Arm samt Zauberstab außer Gefecht gesetzt. Dem Troll, dem Ritter und der Marktfrau erging es kaum besser: Köpfe rollten, Gliedmaßen flogen über den Schirm, Todesschreie gellten durch den Wald. Sie alle fielen Runes fürchterlichem Blutrausch zum Opfer. Natürlich wusste er, dass ihm das amoralische Massaker im weiteren Spielverlauf Probleme bereiten würde. Die Spielintelligenz vergaß nichts. Aber das war jetzt egal. Auch die wüsten Beschimpfungen seiner Mitspieler, die ihn bereits über Kopfhörer erreichten, prallten an ihm ab. Er war wütend und seine Wut brauchte ein Ventil. Da konnte man schon einmal seine Verbündeten zu Gulasch verarbeiten, sollten sich diese Kleingeister doch aufregen! Mit einem letzten, gewaltigen Hieb halbierte er ein buntschuppiges Echsenwesen, das, wie er wusste, von einem Steuerberater aus Borås gespielt wurde, der ihm mit seinen altklugen Kommentaren schon seit Monaten auf den Sack ging. Bruderschaft hin, Bruderschaft her – es war schließlich nur ein Spiel. Dann loggte er sich aus. Den Shitstorm, der nun unweigerlich auf ihn niederprasseln würde, wollte er sich ersparen. Die waren doch selbst schuld, diese Penner, wenn sie sich mit einem Ork wie ihm einließen. Orks konnte man einfach nicht trauen. Um das zu wissen, reichte es schon, einmal Der Herr der Ringe gesehen zu haben, dachte Delgado. Er ging an den Kühlschrank, holte sich eine Dose Bier heraus, öffnete sie mit einem Zischen und trank sie in einem Zug aus, es war schließlich Mittsommer. Nun fühlte er sich schon etwas besser. Trotzdem war da dieses nagende, bohrende Gefühl: Sie waren reingelegt worden. Verarscht. Nach Strich und Faden ausgetrickst. Und zwar gleich in doppelter Hinsicht. Zum einen war da der Killer. Dieses kranke Schwein hatte drei Menschen umgelegt, zwei davon direkt vor ihrer Nase. In ihrem Revier. Und auch wenn die Opfer anscheinend ehemalige Stasi-Agenten oder sonst etwas waren, blieben sie Menschen. Erschossen, zerhackt, entzweigerissen: Wie psycho war das denn bitte schön? Wie kaputt musste man sein, um so etwas zu tun? Und dann verdünnisierte sich die Sau nach Nordschweden. Weit weg aus Delgados Reichweite. Aber sie würde irgendwo wieder auftauchen, so viel war sicher. Serientäter tauchten immer wieder auf. Und wenn er den Rhythmus seiner Taten beibehielt, dann konnte es nicht mehr lange dauern ...
    Ja, und dann waren da natürlich die Schnösel von der Reichskrim und der Säpo. Gelackmeierte Karrieristen aus Stockholm in schnieken Anzügen und Kostümchen. Ließen ihn und seine Kollegen die Drecksarbeit machen, die Kohlen aus dem Feuer holen, um genau dann zu übernehmen, wenn das meiste getan war. Die Sahne abschöpfen, wenn die Schäflein im Trockenen waren. Na ja, halbwegs im Trockenen. Noch war der Killer ja nicht geschnappt. Auch wenn der Rest seiner Meinung nach nur noch reine Fleißarbeit war, jetzt, wo die Opfergruppe identifiziert war. Man brauchte im Grunde nur eine Liste von allen in Schweden lebenden ehemaligen Stasi-Mitarbeitern. Eine Liste, die es de facto ja auch gab. Um das herauszufinden, hatte er am Morgen nur zwei Minuten bei Google und Amazon gebraucht. Seit die Historikerin Brigitta Almgren im vergangenen Jahr ihr Buch über die Stasi-Infiltration in Schweden während des Kalten Kriegs veröffentlicht hatte, war die Existenz von Akten von über fünfhundert schwedischen StasiMitarbeitern bekannt. Die Säpo hielt sie unter Verschluss. Jetzt galt es, diese Liste herauszuholen, den Kreis möglicher Opfer weiter zu verengen und dann vor den Türen der potenziell Gefährdeten Sicherheitsposten zu installieren. Eine große Aktion, sicher, aber schließlich ging es hier um Menschenleben. Zu der Erkenntnis würden die hohen Herren aus Stockholm wahrscheinlich früher oder später auch gelangen. Nach tagelanger Datenanalyse und ein bis zwei Toten mehr. Und am Ende wären es dann doch wieder einfache Polizisten wie er, die sich in nächtelangen Überwachungsaktionen die Beine in den Bauch stehen durften. Oben die Großen, unten die Kleinen, das war der Lauf der Welt und daran konnten weder ein Hugo Delgado noch Rune,

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