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Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Titel: Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Signe Danielsson , Roman Voosen
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griff nach dem Kleidungsstück, löschte das Licht und warf die Tür hinter sich zu. Dann stieg sie wieder in ihren Wagen und fuhr in östliche Richtung aus der Stadt hinaus. Über der Landstraße zwischen den hohen Tannen und Fichten ging die Sonne auf, ein riesiger Feuerball. Ihre Anspannung nahm zu, in ihren Adern pochte Adrenalin. Sie gab Gas und überholte einen Sattelzug, der Baumstämme geladen hatte. Die Landstraße hob und senkte sich. Um halb sechs hatte sie Lessebo und das Haus von Olof Andersson erreicht. Sie stieg aus dem Auto. Die Luft roch nach frischem Tau und Kiefernharz. Sie brach das Siegel der Spurensicherung. Für dieses Haus hatte sie keinen Schlüssel, aber die Heringe taten ihren Dienst, das Schloss schnappte sofort auf. Sonnenstrahlen fielen durch die offene Tür auf die karge Garderobe des Landbriefträgers.
    Sie ging durch den Flur in das Schlafzimmer. Öffnete den Kleiderschrank, in dem Andersson seine Comics aufbewahrt hatte. Dahinter lag der Sack mit alter, aussortierter Wäsche. Ihr Unterbewusstsein hatte sie nicht betrogen. Sie fand Anderssons Trainingsjacke in der Mitte des Haufens. Und in ihrer anderen Hand hielt Stina Forss die passende Hose dazu, Dahlins Hose; beide Kleidungsstücke hatten denselben, vergilbten Braunton und an der Seite jeweils einen gelben und einen roten Streifen. Sie gehörten zweifelsfrei zusammen.
    »Wahnsinn«, sagte Forss. Diesmal sprach sie es laut aus.
    2
    Ingrid Nyström hatte viel länger geschlafen, als sie es vorgehabt hatte. Sie hatte den Wecker auf halb sechs gestellt, jetzt war es beinahe acht. Irgendwie musste sie das Signal überhört haben. Mein Körper nimmt sich, was er braucht, dachte sie, trotzdem ärgerte sie sich. Es gab so vieles, was zu tun war. Eilig duschte sie und zog sich etwas Leichtes an, die digitale Wetterstation auf dem Nachttisch ihres technikbegeisterten Manns zeigte bereits eine Außentemperatur von neunzehn Grad. Es würde im Verlaufe des Tages heiß werden.
    Als sie nach unten in die Küche kam, glich der Raum einem Schlachtfeld. Darin tobten ihre Enkel, der sechsjährige Marcus und seine beiden vierjährigen Schwestern, die Zwillinge Elise und Thea. Wie es aussah, hatten sie sich allein Frühstück gemacht. Milch, Kakao und Joghurtspuren zogen sich vom Kühlschrank zum Küchentisch und wieder zurück. Eine umgekippte Cornflakespackung lag in einer Wasserlache und alle drei Kinder hatten großflächig Marmelade um ihre Münder verteilt. Mit beherzten Handgriffen sorgte Nyström für Ordnung, räumte die Spülmaschine ein, wusch die Kindermäuler und bereitete sich selbst ein Frühstück.
    »Wo sind denn die anderen Erwachsenen?«, fragte sie und gab sich Mühe, die Kleinen ihren Ärger nicht spüren zu lassen.
    »Opa ist im Garten«, klärte Marcus sie auf.
    »Und Mama schläft«, krähten Elise und Thea im Chor.
    »Dürfen wir zu den Nachbarn, mit den Katzen spielen?«, fragte Marcus.
    »Na klar. Ab mit euch.« Nyström scheuchte die jubelnde Horde aus der Küche.
    Als sie schließlich draußen in ihren Wagen stieg, um zur Arbeit zu fahren, knallte sie die Autotür mit solcher Wucht zu, dass Anders es hinten bei seinen Bohnen und Zucchini mit Sicherheit hören konnte, zumindest hoffte sie das. Dann fuhr sie mit so viel Gas vom Hof, dass der Kies bis an das Garagentor spritzte.
    Der Vormittag war voll mit Terminen. Für zwölf Uhr hatte Edman eine zweite Pressekonferenz anberaumt und sie hatte sich geschworen, dieses Mal besser vorbereitet zu sein. Dazu wollte sie sämtliche Ermittlungsakten noch einmal durchgehen und sich ein Skript zusammenstellen. Darüber hinaus hatte sie Besprechungen mit Bo Örkenrud, Ann-Vivika Kimsel und dem Staatsanwalt Joakim Börjlind vereinbart, außerdem sollte sie die IT-Experten aus Jönköping begrüßen und ein Telefonat mit der stellvertretenden Polizeichefin führen. Edman zufolge erwog man in Stockholm bereits, die Reichskriminalpolizei hinzuzuziehen. Das war das Letzte, was sie im Moment wollte: Wichtigtuer aus der Hauptstadt, die ihr den Fall entrissen. Die schlechten Erfahrungen, die sie mit Stockholmer Beamten im Zuge der Ermittlungen um den wirren Amateurpiloten und später in der Boulevardpresse als »Smålandflieger« bekannt gewordenen Oskar Zetterberg gemacht hatte, der sein Leichtbauflugzeug in die Spitzen des Växjöer Doms gesetzt hatte, waren ihr noch in allzu deutlicher Erinnerung. Nun, es lag allein an ihr, die Landespolizeiführung von ihren Qualitäten zu überzeugen und

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