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Rotzig & Rotzig

Rotzig & Rotzig

Titel: Rotzig & Rotzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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Schlagstock weg, zog dafür ein Paar Handschellen aus seinem Gürtel. „Strecken Sie die Hände vor“, forderte er.
    Ich machte „Hä?“, und meine Handgelenke wanderten wie von allein ein Stück zurück und hinter meinen Rücken.
    „Ich fordere Sie zum letzten Mal auf, meinen Anweisungen Folge zu leisten“, sagte er und fing schon wieder an, so schwer zu atmen. Er hatte ein Problem, es war unübersehbar. Und es betraf nicht seine Atemwege. Nein, der Schaden saß höher. „Aber auf gar keinen Fall.“
    Berck kniff die Augen zusammen, machte einen Schritt zurück und griff nach seinem Hüftholster. Das war in gleichem Maße grotesk wie besorgniserregend. „Erst mal nennen Sie mir einen Grund“, signalisierte ich eine gewisse Verhandlungsbereitschaft. „Umdrehen und Hände auf das Wagendach“, bellte er und zog tatsächlich seine Waffe, eine schmale, handliche Pistole. Ich gehorchte. Kaum etwas fördert mein Entgegenkommen so wie eine Schusswaffe in den Händen eines offensichtlich Gestörten. „Ich verhafte Sie und nehme Sie mit auf die Wache zur erkennungsdienstlichen Behandlung“, keuchte er mir ins Ohr, riss mir erst den einen, dann den anderen Arm herunter und legte sie in Eisen.
    Dann zog er die Tür des Toyotas auf und griff nach dem Zündschlüssel. Ein grollendes Knurren stoppte ihn. Also musste er mir ein Handgelenk wieder aufschließen, damit ich die Schlüssel holen konnte, was nicht wirklich dabei half, dem ganzen Vorgang die Züge einer Farce zu nehmen.
    Ich kurbelte noch ein Fenster ein Stück runter, damit Struppi Luft bekam, schloss den Toyota ab, dann legte Berck mich erneut in Eisen, verfrachtete mich auf den mit einem Drahtgitter abgesperrten Rücksitz seines Passats und fuhr mit mir in die Innenstadt. Ich fragte noch mal nach dem Grund meiner Festnahme.
    „Routinemaßnahme“, erklärte er, wieder etwas ruhiger als noch während des physischen Akts der Festnahme. „Wir behandeln grundsätzlich jeden erkennungsdienstlich, der sich an Schulen, Kindergärten oder jugendlichen Sportstätten auffallend benimmt.“ Wenn das tatsächlich stimmte, dann gab es noch nicht mal einen Grund, über ungleiche Behandlung zu meckern. Nicht, dass Meckern in diesem Stadium überhaupt noch etwas bewirkt hätte. Also hielt ich die Schnauze und genoss die Fahrt, wie man so schön sagt. Das Commissariat de Police d'Echternach befand sich im Erdgeschoss eines altehrwürdigen, wenn auch unauffälligen Verwaltungsgebäudes in der Echternacher Altstadt. Berck zerrte mich hinein und meldete mich zur erkennungsdienstlichen Behandlung an. Der Wachhabende nahm meine Personalien auf und reichte mich dann an einen gelangweilt dreinblickenden Kittelträger weiter.
    Berck stellte mich warnend als „nicht kooperativ“ vor. Der Kittelträger blickte mich durch seine Brille fragend an, ich blickte zurück. Er wollte diesen Job ohne Theater hinter sich bringen, ich wollte so schnell wie möglich wieder hier raus. Wir fanden auch ohne große Worte einen Konsens.
    „Machen Sie ihn los“, sagte er zu Berck. Dann bedeutete er mir, ihm zu folgen.
    Und so hielt Kristof Kryszinski triumphalen Einzug ins Luxemburger Pädophilenregister. Speichelprobe und alles.
    Eigentlich hatte ich erwartet, dass man mich anschließend unzeremoniell aus der Tür kickte, wie es auf dem Mülheimer Präsidium liebevoll gepflegtes Brauchtum ist, doch Berck nahm mich wieder in Empfang, fesselte mir erneut die Hände und schob mich in den weißen Passat.
    Ich sagte nichts.
    Ich sagte nichts, bis wir die Uferstraße des Flüsschens Süre erreichten. Und das Echternacher Ortsschild hinter uns ließen. Und die Gegend unübersehbar ländliche Züge annahm.
    Zuerst versuchte ich es mit Sarkasmus. „Verfahren?“, fragte ich.
    Berck schwieg, bog ab in eine Landstraße mit deutlich weniger Verkehr als auf der letzten. „Wo wollen Sie mit mir hin?“, fragte ich dann gereizt, weil, na ja, besorgt.
    Berck schwieg. Bog ab. In eine schmale Straße, nicht geräumt, kaum Fahrspuren im weißen, weißen Schnee. „Berck“, sagte ich dann, „Sie bringen mich jetzt sofort zu meinem Auto, oder ich stehe schneller, als Sie >Ups< sagen können, wieder in der Echternacher Wache und zeige Sie wegen Nötigung und Freiheitsberaubung im Amt an.“
    Berck schwieg verbissen, riss den Wagen in einen Waldweg. Tannenwald, tief verschneit, schon recht dunkel, jetzt, am sich weiter und weiter dem Abend zuneigenden Nachmittag und unter einem grau verhangenen Himmel. Mit

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