Roulette der Liebe
Sporen und verließ sein Versteck. Eve riß hart an den Zügeln, als sie ihn erblickte. Die Graubraune richtete sich auf der Hinterhand auf und kam rutschend und schnaufend zum Stehen.
»Wie kann man nur...« brüllte Reno.
»Alles mit dir in Ordnung?« fragte Eve besorgt.
»... so verdammt dämlich sein! Natürlich ist mit mir alles...«
»Ich habe Schüsse gehört, und dann war alles still, und ich habe deinen Namen gerufen, aber du hast nicht geantwortet.«
»Mir geht es gut«, sagte er gepreßt. »Außer, daß mir beinahe das Herz stehengeblieben wäre, als du dein Pferd in diesem abenteuerlichen Tempo über den schlüpfrigen Boden gehetzt hast.«
»Ich dachte, du wärst verletzt.«
»Was hast du vorgehabt - Slaters Truppe in Grund und Boden zu stampfen?« »Ich...«
Reno fiel ihr ins Wort. »Wenn du jemals wieder auf eine so verdammt hirnlose Idee kommst, lege ich dich übers Knie!«
»Aber...«
»Kein Aber!« unterbrach er sie wütend. »Du hättest geradewegs in ein Kreuzfeuer hineingaloppieren und in Fetzen geschossen werden können.«
»Ich dachte, genau das wäre dir passiert.«
Reno atmete tief aus und dämpfte seine Wut, die außer Kontrolle zu geraten drohte. Er war schon an vielen gefährlichen Orten gewesen und war mehr als einmal angeschossen worden; aber er hatte noch niemals eine so abgrundtiefe Angst empfunden wie in dem Moment, als er Eve in diesem höllischen Tempo über Sand und spiegelglatte Felsen galoppieren sah.
»Diesmal habe ich im Hinterhalt gelegen«, sagte Reno schließlich. »Nicht sie.«
Ein zitternder Seufzer der Erleichterung war Eves einzige Antwort.
»Es wird eine Weile dauern, bevor sie zurückkommen und um mehr bitten«, fuhr er fort. »Hoffen wir lieber, daß es nicht zu lange dauert.«
»Warum?«
»Wasser«, sagte er. »Dieser Canyon ist staubtrocken.«
Erwartungsvoll blickte Eve auf, als Reno von seinem kurzen Erkundungsritt in den Seitencanyon zurückkehrte. Die grimmige Linie seines Mundes sagte ihr, daß er nichts Nützliches gefunden hatte.
»Trocken«, knurrte er.
Sie wartete.
»Und blind«, fügte er hinzu.
»Was?«
»Es ist eine Sackgasse.«
»Wie weit voraus?«
»Vielleicht zwei Meilen«, antwortete Reno.
Eve blickte auf das schmale Flußbett hinunter, wo Slaters Männer auf ihre Opfer warteten.
»Sie brauchen ebenfalls Wasser«, stellte sie fest.
»Ein einzelner Mann kann viele Pferde zur Tränke führen. Die anderen werden sich nicht von der Stelle rühren und darauf warten, daß uns der Durst zu einer Dummheit verleitet.«
»Dann müssen wir eben einfach sehen, daß wir an ihnen vorbeikommen.«
Renos Lächeln hatte nichts Beruhigendes.
»Alles in allem«, sagte er, »würde ich eher das Risiko eingehen, die Stirnwand des Canyons hinaufzuklettern, als in Slaters Kreuzfeuer zu geraten. Unsere Chance wäre gleich Null.«
Eve blickte über Renos Schulter hinweg auf die Felswand, die sich Schicht für Schicht gen Himmel auftürmte.
»Was ist mit den Pferden?« fragte sie.
»Wir werden sie frei laufen lassen müssen.«
Was Reno nicht sagte, war, daß ein Mann in einem so ausgedörrten Land zu Fuß kaum eine Überlebenschance hatte. Aber so gering die Chance auch war, es war immer noch besser, als in dem engen Canyon einen Spießrutenlauf zwischen Slaters Gewehrsalven hindurch zu riskieren.
»Laß uns gehen«, drängte Reno. »Wir werden von jetzt ab nur noch durstiger.«
Eve schwieg. Ihr Mund fühlte sich jetzt schon ganz pelzig an. Wie
durstig mußten die Mustangs sein, die einen Hindernislauf durch den
kochendheißen Canyon hinter sich hatten!
»Du zuerst«, sagte Reno. »Dann die Packpferde.«
Das ausgetrocknete Flußbett verengte sich, bis es kaum mehr als eine leicht gewölbte, von Wasser glatt geschliffene Öffnung war, die sich durch massiven Felsen schlängelte. Am Himmel sammelten sich Wolken und verdichteten sich zu einem wirbelnden Deckel über dem dürren Land. Donner grollte in der Ferne, gefolgt von unsichtbaren Blitzen.
Reno sah, wie Eve verlangend zu den Wolken hochschaute.
»Bete lieber, daß es nicht regnen wird«, murmelte er.
»Warum?«
Er zeigte auf die Felswand, die nur wenige Zentimeter von seiner ausgestreckten Hand entfernt war.
»Siehst du diese Linie hier?« fragte er.
»Ja. Ich habe mich schon gefragt, was sie bedeutet.«
»Eine Hochwassermarke.«
Eves Augen weiteten sich überrascht. Sie starrte auf die Linie, die ein ganzes Stück über ihren Köpfen die gesamte
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