Roulette des Herzens
das Gespräch. »Und wie geht e deinem Gatten?« wollte Katie wissen. »Wie ist er als Ehemann?«
Ein komischer Ausdruck erschien in Saras Gesicht. »Die beste Antwort ist, ihn mit dem Wort ›seltsam‹ zu beschreiben.« Sorgfältig tat sie löffelweise abgemessene Mengen von Tee in die abgestoßene Teekanne. »Derek ist sehr kompliziert, Er fürchtet sich vor nichts außer seinen Gefühlen. Er ist nicht fähig, zuzugeben, dass er mich liebt. Manchmal sehe ich das jedoch in seinem Gesicht, und dann habe ich den Eindruck, als würde er gleich mit etwas herausplatzen.«
Beunruhigt schaute Katie die Tochter an. »Gibt es zwischen euch irgendwelche Gemeinsamkeiten, Sara? Habt ihr überhaupt irgendetwas gemein?«
»Ja, aber das ist schwierig zu erklären.«. Sara lächelte nachdenklich. »Er und ich sind, jeder auf seine Art, exzentrisch aber irgendwie passen wir zusammen. Ich bin sicher, eine Ehe der üblichen Art wäre weder für ihn noch für mich i Frage gekommen. Wir sind oft zusammen, doch jeder von uns hat seine Interessen. Ich habe meine Bücher und meine Schriftstellerei, und er beschäftigt sich mit dem Club und all seinen Intrigen.«
»Intrigen?«
»Oh, die Sammlung von Leuten, die ihn zu jeder Zeit aufsuchen, erstaunt mich ständig. Von einem Augenblick zum anderen sehe ich ihn erst an einer dunklen Straßenecke mit Gassenstreunern und Gaunergesindel und dann mit dem französischen Botschafter reden.«
Staunend schüttelte Katie den Kopf. »Ich beginne zu begreifen, was du mit ›kompliziert‹ gemeint hast.«
Sara zögerte, legte dann den Löffel hin und stellte die Teekanne ab.« Ich werde dir etwas erzählen, Mama, aber du musst es für dich behalten, denn sonst wird Derek wütend. Neulich fand ich zufällig in einer Schublade seines Schreibtisches Quittungen und Aufstellungen von Spenden. Ich meinte, den Augen nicht trauen zu können, als ich die Beträge sah. Er hat immense Summen für Schulen, Waisenhäuser und Hospitäler gespendet, und darin sind noch nicht einmal die Beträge enthalten, die er für seine politischen Anliegen ausgibt.«
»Hast du ihn dazu befragt?«
»Natürlich! Ich habe ihn gefragt, warum er das alles im geheimen tue und bewusst jedermann denken lasse, dass ihm nichts anderes als sein Wohlergehen am Herzen läge. Es hat den Anschein, als ob er will, dass die Leute eine schlechte Meinung von ihm haben. Wenn sie bloß wüssten, wieviel Gutes er getan hat.«
Fasziniert beugte Katie sich vor. »Was hat er gesagt?«
»Er hat gelacht und mir erklärt, die Leute würden, wenn sie wüssten, dass er für wohltätige Zwecke spende, ganz gleich, wie hoch die Beträge seien, behaupten, er versuche nur, seinen Ruf aufzubessern. Es hat eine Zeit gegeben, in der er tatsächlich nur zu diesem Zweck Gelder an Waisenhäuser fließen ließ. Alle sollten gut von ihm denken, Er sagte, in seinem Leben sei er mehr als jeder andere vor Leuten zu Kreuze gekrochen, und nun könne er es sich leisten, das zu tun, was er wolle, ohne sich einen Deut darum zu scheren, was man über ihn redet, Er meinte, er habe das Recht auf seine Privatsphäre, und ich als seine Frau sei verpflichtet, niemandem etwas zu sagen.«
Bedeutungsvoll hob sie die Augenbrauen. »Nun, was hältst du davon?«
Katie furchte die Stirn »Wenn du mich fragst, klingt das wirklich seltsam.«
Sara fühlte Lachen in sich aufsteigen. »Soweit ich das beurteilen kann, hält man Derek und mich im ton für ein seltsames Paar.«
»Die Dörfler tun das auch«, erwiderte Katie mit schonungsloser Offenheit, und Sara musste lachen.
Zweifellos hätte man im ton die Cravens missachtet, wäre es ihr Bestreben gewesen, sich die Gunst der Leute zu erschmeicheln, denn keiner der beiden hatte auch nur einen Fingerhut blauen Blutes in den Adern, keine angesehene Herkunft, keine verdienstvolle Vergangenheit. Sie hatten nichts außer einem unmäßig großen Vermögen, das auf der Gepflogenheit, reicher Männer beruhte, sich am Spieltisch einzufinden und immense Summen zu verlieren. Sie legten jedoch so wenig Wert auf Anerkennung durch den ton, dass man sie ihnen schließlich widerstrebend zugebilligt hatte. Und wie Derek zutreffend bemerkte, war Geld ein guter Grund, um von der Gesellschaft akzeptiert zu werden.
Man gewährte ihm und seiner Frau zwar nur zögernd Zugang in die Kreise des ton, doch in der Öffentlichkeit wurden sie unverhohlen verehrt. Nur die »Times« schrieb verbittert: »Der Tag ist endlich gekommen, an dem Fische fliegen
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