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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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ich früher gewesen, und ich glaube, daß die Aerzte, in deren Hände ich mich gab, mir eben so vielen Schaden zufügten wie meine Krankheit. Ich hatte mich hinter einander an Morand, Daran, Helvetius, Malouin und Thierry gewandt, die, alle sehr gelehrt, alle meine Freunde, mich jeder nach seiner Methode behandelten, mir keine Erleichterung verschafften und mich außerordentlich schwächten. Je mehr ich mich ihren Anordnungen überließ, desto gelber, magerer und schwächer wurde ich. Da meine Einbildungskraft, die sie erregten, meinen Zustand nach der Wirkung ihrer Mittel beurtheilte, zeigte sie mir nur eine Reihe von Leiden, ehe der Tod mich erlöste, Harnbeschwerden, Gries und Stein. Alles, was anderen Linderung gewährt, Tisanen, Bäder, Aderlaß, verschlimmerte meine Leiden. Da ich gemerkt hatte, daß mir Darans Sonden, welche allein einige Wirkung auf mich ausübten und ohne die ich nicht mehr glaubte leben zu können, doch nur eine augenblickliche Erleichterung verschafften, so begann ich mir mit großen Kosten ungeheure Vorräthe von Sonden anzufertigen, um mich ihrer, selbst wenn Daran nicht mehr da sein sollte, mein ganzes Leben lang bedienen zu können. In den acht oder zehn Jahren, in denen ich sie oft anwandte, muß ich, wenn ich den noch vorhandenen Vorrath hinzurechne, fünfzig Louisd'or für sie verausgabt haben. Man sieht ein, daß mich eine so kostbare, so schmerzliche, so beschwerliche Behandlung nicht ohne Zerstreutheit arbeiten ließ, und daß der Eifer eines Sterbenden, sich sein tägliches Brot zu verdienen, nicht überaus groß ist.
    Zu nicht geringerem Nachtheile gereichte es mir, daß ich durch literarische Beschäftigungen von meiner täglichen Arbeit abgelenkt wurde. Kaum war meine Abhandlung erschienen, als sich die Vertheidiger der Wissenschaften wie verabredet über mich herstürzten. Unwillig zu sehen, daß so viele kleine Herren Josse, die nicht einmal begriffen, um was es sich handelte, als Meister darüber entscheiden wollten, griff ich zu der Feder und behandelte einige derselben auf eine Weise, daß sie die Lacher nicht länger auf ihrer Seite hatten. Ein gewisser Herr Gautier aus Nancy, der erste, den ich unter das Messer nahm, wurde in einem Briefe an Grimm arg zugerichtet. Der zweite war der König Stanislaus selbst, der es nicht verschmähte, gegen mich in die Schranken zu treten. Die Ehre, die er mir anthat, zwang mich, in meiner Antwort einen andern Ton anzuschlagen. Ich nahm einen ernsteren, aber nicht weniger entschiedenen an, und ohne es an Ehrfurcht gegen den Verfasser fehlen zu lassen, widerlegte ich sein Werk in jeder Beziehung. Ich wußte, daß ein Jesuit, ein gewisser Pater Menou, dabei mitgewirkt hatte; ich verließ mich auf meinen Tact, um den Antheil des Fürsten von dem des Mönches zu unterscheiden, und während ich über alle jesuitische Redensarten schonungslos herfiel, hob ich bei dieser Gelegenheit einen Anachronismus hervor, welcher nach meiner Ansicht nur von Seiner Hochwürden herrühren konnte. Diese Schrift, welche, ich weiß nicht weshalb, weniger Aufsehen als meine übrigen erregt hat, ist noch bis jetzt in ihrer Art ein einzig dastehendes Werk. Ich ergriff darin die Gelegenheit, die sich mir darbot, öffentlich den Beweis zu liefern, wie ein einfacher Mann die Sache der Wahrheit selbst gegen einen Herrscher vertheidigen könnte. Es ist schwer, einen stolzeren und zugleich ehrfurchtsvolleren Ton anzunehmen, als den, der aus meiner ganzen Antwort herausklingt. Ich hatte es glücklicherweise mit einem Gegner zu thun, gegen den mein Herz die tiefste Achtung empfand, die ich ihm ohne Lobhudelei bezeigen konnte; dies that ich mit ziemlichem Glück, aber stets mit Würde. Meine Freunde, die meinetwegen besorgt waren, glaubten mich schon in der Bastille zu sehen. Ich theilte diese Angst keinen Augenblick und hatte Recht. Nachdem dieser gutmüthige Fürst meine Erwiderung gelesen hatte, sagte er: »Ich habe, was mir gebührt; ich werde mich nicht mehr an ihm reiben.« Seitdem empfing ich von ihm verschiedene Beweise von Achtung und Wohlwollen, von denen ich einige werde berichten müssen, und meine Schrift verbreitete sich ungestört durch Frankreich und Europa, ohne daß irgend jemand etwas Tadelnswerthes in ihr fand.
    Kurze Zeit nachher bekam ich einen andern Gegner, auf den ich mich nicht gefaßt gemacht hatte, den nämlichen Herrn Bordes aus Lyon, der mir zehn Jahre vorher viele Freundlichkeiten und mehrere Dienste erwiesen hatte. Ich hatte ihn nicht

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