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Rudernde Hunde

Rudernde Hunde

Titel: Rudernde Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Heidenreich
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Überlegungen mitzuteilen, doch er bekam immer nur ein freundliches Nicken und Lächeln, nicht jedoch eine Antwort, so daß er es schließlich aufgab, von Socken, Oberhemden und seiner verstorbenen Frau zu erzählen und sich weiter auf den Heimweg machte, nicht ohne zu versichern, gleich morgen mit einem Paket Wäsche vorbeizukommen, und dann werde man ja sehen, wie man miteinander zurechtkäme, guten Abend.
    Schon am nächsten Morgen verstaute Herr Berner seine schmutzige Wäsche in einer großen Plastiktüte: eine Lage Bettwäsche, vier Handtücher, Unterwäsche, fünf Oberhemden. Er hatte tüchtig zu schleppen, aber in Zukunft, wenn er öfter in die chinesische Wäscherei ging, würden die Pakete kleiner werden und er könnte sich alles besser einteilen.
    Wieder kam der freundliche junge Chinese ganz in Weiß - oder war es ein anderer? Sie sahen sich doch alle sehr ähnlich für Herrn Berners im Asiatischen eher ungeübten Blick.
    Vorsichtshalber kam er noch einmal ausführlich auf sein Witwerdasein und seine Schwierigkeiten mit dem Waschen und dem Bügeln zu sprechen und gab seiner Hoffnung Ausdruck, daß damit nun für alle Zeit Schluß sei dank dieser chinesischen Wäscherei. Man nahm sein Wäschepaket in Empfang. Herr Berner sagte: »Mein Name ist Berner, B-e-r-n-e-r. Otto Berner«, und er dachte sich, daß das schwierig werden könnte, denn der Chinese war, soviel er wußte, nicht in der Lage, ein r ordnungsgemäß auszusprechen, und vielleicht hätte er gleich, um es einfacher zu machen, sagen sollen: »Mein Name ist Belnel«? Aber es gab überhaupt keine Schwierigkeiten. Der junge Chinese, dem sich das Lächeln anscheinend unauslöschlich tief ins Gesicht gegraben hatte, schrieb mit kleinen flinken Schriftzeichen schnell Herrn Berners Namen auf chinesisch auf ein Zettelchen und heftete es an das Wäschepaket.
    Herr Berner ging vergnügt mit Bodo zum Friedhof und erzählte seiner Frau von der chinesischen Wäscherei und daß nun alles gut würde, sie könne unbesorgt ruhen.
    Am nächsten Tag betrat Herr Berner die Wäscherei, um seine Sachen abzuholen. Er nahm sich vor, geduldig seinen Namen zu buchstabieren, notfalls auch zu sagen: »Mein Name ist Belnel«, um dem freundlichen jungen Chinesen die Arbeit zu erleichtern.
    Aber wie staunte er, als, kaum hatte er mit Bodo den Laden betreten, auch schon aus einem großen Berg zur Abholung bereitliegender Wäschepakete das seine über die Theke geschoben wurde! Man kannte ihn schon, man wußte ganz offensichtlich bereits seinen Namen, obwohl er erst seit einem Tag Kunde war! Herr Berner war hoch erfreut über diesen Beweis fernöstlicher Aufmerksamkeit und verglich sie insgeheim mit der knurrigen Art der deutschen Kassiererin in seinem Supermarkt.
    Hier war der Kunde noch König, das merkte er, und hier war ganz offensichtlich er, Herr Berner, ein besonders geschätzter Kunde, denn er hatte sehr wohl den raschen Blick des freundlichen Chinesen auf Bodo gesehen. Man schätzte und erkannte sie beide sofort, das freute ihn, und allzuviel Freude gab es in Herrn Berners Leben nicht mehr.
    Heimlich riß er auf dem Heimweg das weiße Papier auf, um zu schauen, ob es auch wirklich seine Wäsche war, die man ihm da ausgehändigt hatte, aber sofort schämte er sich für sein Mißtrauen, denn selbstverständlich war alles in Ordnung und, wie er sich daheim überzeugen konnte, mehr als das: in tadelloser Ordnung. Die Hemden erstklassig gebügelt und gefaltet, die Bettwäsche blütenweiß, die Handtücher weich und Kante auf Kante. So mußte es sein, und das zu diesem Preis - Herr Berner war so entzückt, daß er beinahe wieder zu rauchen angefangen hätte, aber er hatte Frau Berner noch auf dem Sterbebett versprochen, davon Abstand zu nehmen, weil es die Gardinen gelb machen würde, und dann müßte sie sich im Grabe umdrehen.
    Die chinesische Wäscherei, da war sich Herr Berner sicher, würde auch mit gelben Gardinen fertig werden, aber es wäre doch nicht recht und letztlich ja auch nicht gesund, also ließ er es und räumte vergnügt seine schöne, fast neue Wäsche in den Schrank.
    Über viele Wochen ging nun Herr Berner einmal wöchentlich in die chinesische Wäscherei, brachte Verschmutztes hin und holte Sauberes ab, und immer bekam er unverzüglich, kaum daß er den Laden betreten hatte, aus der großen Anzahl der fertigen Pakete exakt das seine ausgehändigt, und nie irrte sich der Chinese, dabei war es jedesmal ein anderer, soviel hatte Herr Berner jetzt doch schon

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