Rudernde Hunde
Haus, und ich kam nie so ganz dahinter, was er eigentlich tagsüber machte, aber er kam pünktlich zu den Mahlzeiten zurück, er war zärtlich zu mir, ich hatte keinen Grund, mich zu beklagen. Ich war noch sehr unerfahren, damals. Einmal, als ich vor der Haustür stand und auf ihn wartete, sagte eine Nachbarin zu mir: »Sie suchen ihn? Ich glaube, ich habe ihn bei Frau Jungblut gesehen.«
Ich lege noch heute meine Hand dafür ins Feuer, daß er nie bei Frau Jungblut war. Im Gegenteil, der von Frau Jungblut war mal bei mir - aber das wäre eine andere Geschichte. Meiner, nein, der wäre für solche Abenteuer gar nicht geschaffen gewesen. Er war ein wenig bieder, das war das Schwäbische an ihm. Ja, er war Schwabe, häuslich, sparsam, bürgerlich. Wenn daheim nicht alles so war, wie er es gewohnt war, wenn zum Beispiel ein Sessel einmal woanders stand, ein Kissen nicht am gewohnten Ort lag, dann waren das Dinge, die ihn verwirrten, verärgerten, und er zog sich zurück und war beleidigt. Diesen Zug mochte ich nicht an ihm.
Wir hatten anfangs übrigens auch getrennte Schlafzimmer, aber später nicht mehr, und wir waren alles in allem sehr glücklich zusammen. Aber nicht lange, leider. Um ihn habe ich sehr geweint.
Wenn man den ersten verliert, das ist besonders schlimm.
Mein zweiter war bedeutend jünger. Eine Art Matrose, er trug gestreift und hatte diesen wiegenden Gang, wie jemand, der nach langer Seereise endlich wieder an Land kommt. Er war sehr wendig, und, das gebe ich jetzt nach all den Jahren durchaus zu, auch ein bißchen windig - ein Luftikus, ein Was-kostet-die-Welt-Typ, immer gut gelaunt, »ob blond, ob braun, ich liebe alle Frau'n«, so einer. Er beflirtete das ganze Viertel, alle Damen sprachen von ihm und sagten: »Mit dem haben Sie aber Glück gehabt« oder
»Um den beneide ich Sie direkt, ehrlich gesagt«. Aber er, er kam immer wieder zu mir zurück, er gab mir das Gefühl, die Schönste von allen zu sein, und wenn er mich ansah mit seinen funkelnden Augen, dann war ich glücklich. Leider nicht lange - er starb so früh!
Und dann kam mein dritter. Den vergesse ich nie, was für ein Kerl! Riesig, stark, rothaarig, der hatte Vergangenheit, das sah man ihm an, aber solche haben meist keine Zukunft. Er war zu wild, auch zu wild für mich und mein bürgerliches Leben. Der wollte mehr, der wollte alles. Er hielt sich an gar keine Regeln, an keine Essensgewohnheiten, keine Uhrzeiten, er kam und ging, wie es ihm paßte. Oft war er nachts nicht zu Hause, und wenn ich klagend nachfragte, gab er keine Antwort. Er war ein Abenteurer, der sich nicht an gute Sitten und irgendwelche Abmachungen hielt, ein Pirat, ein Routinier der Liebe, und ich wußte: der würde mir nicht lange bleiben. Aber er blieb doch fast zwei Jahre. Er war egoistisch, selbstbewußt, er verdrängte mich auf Randplätze, die Wohnung gehörte ihm. Er wußte, wie schön er war, und er war so leidenschaftlich! Wenn ihm etwas nicht paßte, konnte er auch schon mal zuschlagen, das hatte vor ihm noch keiner getan. Meine Freundin zeigte entsetzt auf meine Wunden und fragte: »Was ist das denn?« »Das war er«, strahlte ich, und da war schon alles längst verziehen. Ich bekam ja nicht nur Hiebe von ihm, sondern auch Liebe, und er genoß sein Leben so - die Mahlzeiten, den Sessel an der Heizung, die wilde Gegend hinter dem Haus.
Er wurde überfahren, wie die beiden anderen auch.
Jetzt lasse ich keine Kerle mehr ins Haus. Ich lebe mit zwei Mädchen. Sie sind etwas dumm, ein bißchen zickig, die eine ist ziemlich dick, aber sie sind häuslich und bleiben bei mir und streben nicht in die wilde, böse Welt hinaus, in der sie dann unter die Räder kommen. Es sind eben keine Kater, sondern Katzen, die sich darüber wundern, daß es weit und breit keine Kater mehr gibt, die mal eben so vorbeischauen.
Das Geheimnis der chinesischen Wäscherei
H ERR BERNER WAR EIN KLEINER, redseliger Mann mit einer etwas zu dick geratenen Nase. Er lebte allein mit seinem Hund Bodo, und das war ein sehr häßlicher Hund, der aber einen guten Charakter hatte. Er war schon alt und konnte nur noch langsam an der Leine hinter Herrn Berner herlaufen, aber Herr Berner war auch nicht mehr der Jüngste und ließ sich mit den Spaziergängen und den Besorgungen Zeit, so daß Bodo ihn ohne Atemnot begleiten konnte. Während sie gingen, unterhielten sie sich. Herr Berner redete über das, was er von der Welt hielt, und Bodo hörte zu.
Herr Berner war seit einigen Jahren
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