Rückgrad
liefen, wo sie verdammt nochmal wußte, daß das nicht ausbleiben konnte. Ich haßte dieses dumme Spiel und das perfekt verwunderte Gesicht, das sie bei diesen Begegnungen machte, ich warf ihr vernichtende Blicke zu, aber sie schien sich darüber nicht zu grämen, mir war, als betrachtete ich sie durch einen Einwegspiegel.
Anscheinend war jetzt ein weiterer Schritt fällig. Jedem von uns war, zu verschiedenen Anlässen, die Gegenwart dieses Bescheuerten schon einmal aufgedrängt worden. Sarah brauchte bloß die Einzelteile zusammenzufügen, um alles klarzustellen. Und genau das war über uns eingebrochen.
Bernie teilte meine Befürchtungen hinsichtlich der Wendung der Ereignisse. Er glaubte auch, daß das etwas Ernsthaftes war und daß man darin keine vorübergehende Liaison mehr sehen durfte. Da auch er von den zufälligen Begegnungen, die Sarah über unsere Wege streute, nicht verschont worden war, hatte er den Ernst der Sache erfaßt. Er fand Dolbello jedoch nicht besonders interessant.
- Immerhin, versetz dich in Sarahs Lage, alles in allem ist er ein recht schöner Mann …
- Tja, dann versuch ihn ihr doch auszuspannen. Ich glaube, du würdest ihr einen Gefallen erweisen.
- Trotzdem, er hat etwas an sich, das mir mißfällt … Dieser harte Blick, hast du den schon bemerkt?
- Ich sagte schon, er gefällt mir nicht.
- Andererseits kennen wir ihn kaum …
- Du meinst, wir übertreiben …?! Verdammt, der Himmel gebe, daß du recht hast, mehr verlange ich nicht …!
- Weißt du, ich denk mir, Sarah ist schließlich nicht blöd.
- Franck war auch ein schönes und intelligentes Mädchen … Du hättest Abel sehen sollen, der Typ, mit dem sie davongelaufen ist. Ich frag mich, ob du den nicht auch für einen schönen Mann gehalten hättest.
Das war morgens, der Himmel war strahlend blau, und wir leerten ein paar Flaschen Corona (El abuso en el consumo de este producto es nocivo para la salud) im Garten, während sich die anderen zurechtmachten. Obwohl wir uns bald auf den Weg zu Sarahs famoser Einladung machen sollten, war ich nicht unbedingt schlechter Laune, und wenn ich noch so sehr auf einem empfindlichen Thema herumhackte, das Gewicht der Unabwendbarkeit betäubte mich und warf mich in die Seile. Wir lagen in unseren Liegestühlen, Bernie und ich, und unter diesen Umständen hätten wir ebensogut über das Ende der Welt reden können.
Bernie schob eine Hand über den Rand und tätschelte mir freundlich den Oberschenkel:
- Dein Verhältnis zu Sarah ist ein bißchen zu kompliziert, als daß du einen objektiven Blick haben könntest …
- Täusch dich da mal nicht. Mein Verhältnis zu Sarah wird immer einfacher. Ich habe zu jedem meiner Arbeitskollegen ein intensiveres Verhältnis, seit Dolbello die Bühne betreten hat.
- Hör mal, ich geb zu, der Typ ist nicht gerade angenehm. Aber so ein Krach stand dir ins Haus, behaupte nicht das Gegenteil …
- Wie bitte, so ein Krach stand mir ins Hans …?!
- Naja … Du mußtest wissen, daß sie eines Tages jemanden finden würde … Ich hoffe doch, daß dir dieser Gedanke schon einmal gekommen ist …
- Meine Güte, da bin ich mir nicht so sicher …!
Die Pappel zitterte im Licht und bestäubte uns mit hellem Konfetti.
- Bernie, ich habe ihr jahrelang zu Füßen gelegen, ich hätte alles mögliche für sie getan … Aber das Oberste Gebot, Bumse nicht mit deiner besten Freundin, stand zwischen uns wie ein unheilvolles Schwert. Ich muß gestehen, daß das Resultat meinen Hoffnungen nicht gerecht wird … Kannst du mir verraten, was von dieser schönen Freundschaft bleibt, die wir auf meiner mühsamen Enthaltsamkeit und meinem so schmerzlichen Verzicht aufgebaut haben …? (Ich ließ meine leere Flasche los, nachdem ich sie einen Moment betrachtet hatte.) Nichts oder so wenig, daß ich mich frage, ob ich vielleicht geträumt habe …! Pah, du solltest mich lieber kneifen, Bernie, und mir nicht andauernd über den Oberschenkel streichen.
Dolbello hatte sich vor dem Holzkohlengrill postiert. Die Ärmel hochgekrempelt, stand er lächelnd in seiner Ecke und pinselte das Fleisch voll. Sarah lief hin und her – ich lachte mich tot – und vergewisserte sich, daß es niemandem an etwas fehlte. Sie wirkten alle beide dermaßen entzückt, daß sie sich fast in die Hosen machten, und sie wechselten triumphierende Blicke, denn alles lief wie geschmiert.
Wir waren rund zwanzig Leute, genausoviel wie vonnöten, um vor einem gar zu plötzlichen Tete-à-tete sicher
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