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Rückkehr von den Sternen

Rückkehr von den Sternen

Titel: Rückkehr von den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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bessere Wahl getroffen hatte.
    Die Tatsache, daß von der Stadt, die ich einst verließ, nicht ein Stein auf dem anderen geblieben war, fand ich gut. Als ob ich damals auf einer anderen Erde, unter ganz anderen Menschen gelebt hätte; das hatte einmal angefangen und ging endgültig zu Ende; und dies hier war neu. Gar keine Überbleibsel, keine Ruinen, die mein biologisches Alter in Frage stellen konnten. Ich konnte diesen irdischen Bezug ganz vergessen, der ja so wider die Natur war – bis mich dieser unwahrscheinliche Zufall mit jemandem zusammenbrachte, den ich einst verließ, als er noch ein kleines Kind war. Die ganze Zeit, während ich neben ihm saß, seine vertrockneten, mumienartigen Hände, sein Gesicht betrachtete, fühlte ich mich schuldig und wußte auch, daß er es wußte.
    Â»Was für ein unwahrscheinlicher Zufall« – wiederholte ich fast gedankenlos einige Male. Bis mir klar wurde, daß ihn eben der selbe Grund dorthin geführt haben konnte wie mich: dort wuchs ja die Kastanie, ein Baum, der noch älter war als wir beide. Ich hatte keine Ahnung, wie weit es ihnen gelungen war, die Lebensgrenzen zu verschieben, merkte jedoch, daß das Alter von Roemer eine Ausnahme sein mußte: er war wahrscheinlich der letzte oder einer der letzten Menschen seiner Generation ›Wäre ich nicht geflogen, würde ich nicht mehr leben‹, dachte ich. Zum ersten Mal zeigte sich mir die Expedition von ihrer anderen, unerwarteten Seite: als eine Art Ausflucht, als ein grausamer Betrug, den ich den anderen angetan hatte. Ich ging, fast ohne zu wissen wohin, um mich herum wuchs der Lärm der Menge, die mich mitriß und mitschob – und plötzlich, wie erwachend, blieb ich stehen.
    Es herrschte ein unbeschreiblicher Lärm: unter vermischten Schreien und Musiklauten zerstoben hoch am Himmel die Feuerwerksalven und hingen oben in bunten Sträußen; ihre Flammenkugeln flogen in die benachbarten Baumkronen. Und all das wurde in regelmäßigen Abständen von einem vielstimmigen, schrillen Geschrei durchdrungen, als befände sich irgendwo in der Nähe eine Achterbahn; aber ihr Gerüst suchte ich vergebens.
    Im Parkinnern gab es ein großes Gebäude mit Wehrmauern und Türmchen, wie eine aus dem Mittelalter übertragene Festung: kalte Neonflammen, die das Dach beleckten, formten von Zeit zu Zeit die Worte MERLINS SCHLOSS. Die Menge, die mich hierher geführt hatte, strebte jetzt seitwärts zu der scharlachroten Wand eines Pavillons, die eigenartig genug war, da sie an ein menschliches Gesicht erinnerte: ihre Fenster waren brennende Augen, und der riesige, grinsende Rachen voller Zähne tat sich auf, um eine nächste Portion von Menschen zu verschlingen, die sich unter allgemeiner Heiterkeit herandrängten: jedesmal wurden sechs Personen verschlungen. Anfangs wollte ich aus der Menge heraus und Weggehen, das war jedoch nicht einfach. Außerdem hatte ich ja kein anderes Ziel, und so kam mir der Gedanke, daß von allen möglichen Arten, den Abend zu verbringen, diese vielleicht nicht die schlechteste wäre.
    Alleinstehende wie mich gab es unter denen, die mich umringten, kaum – es überwogen Paare, Jungen und Mädchen, Frauen und Männer, sie standen auch paarweise. Als ich an der Reihe war, was durch ein weißes Aufleuchten der Riesenzähne und die gähnende, scharlachrote Dunkelheit des geheimnisvollen Schlundes verkündet wurde, verspürte ich einige Befangenheit: ich wußte nicht, ob ich mich den bereits zusammenstehenden sechs Leuten anschließen durfte. Im letzten Moment wurde ich durch eine Frau erlöst, die mit einem jungen, noch extravaganter als alle anderen gekleideten Mann zusammenstand: sie nahm mich bei der Hand und zog mich ohne weiteres mit sich.
    Es wurde fast ganz dunkel: ich spürte die warme und starke Hand der unbekannten Frau, der Fußboden rollte, nun wurde es heller, und wir befanden uns in einer geräumigen Grotte. Ein paar letzte Schritte galt es hinaufzugehen, über Felsengeröll, zwischen zerschlagenen Steinsäulen. Die Unbekannte ließ meine Hand los – der Reihe nach bückten wir uns in dem engen Ausgang der Höhle.
    Obwohl ich auf Überraschungen gefaßt war, stutzte ich nun wirklich. Wir standen an dem weitläufigen Strand eines riesigen Flusses unter den stechenden Strahlen der Wendekreissonne. Das ferne gegenüberliegende Ufer war

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