Rütlischwur
gewohnt, dass man mich mitten in der Nacht anruft.«
»Jagmetti – Claudio – Kriminalpolizei – Kanton – Zürich … Soll ich dir noch meine Dienstnummer vorlesen.«
»Bitte gern.«
»Banz ist tot.«
»Nein.«
»Doch.«
»Nein … Ich meine, das kann doch nicht sein.«
Stille.
»Wo?« Eschenbach drückte auf den Knopf der Nachttischlampe und blinzelte gequält im hellen Lichtschein.
»In der Bank, in seinem Büro.«
»Und wie ist das passiert?«
Claudio räusperte sich. »Erschossen. Habe ich das nicht schon gesagt?«
»Nein …« Eschenbach versuchte seine Gedanken zu ordnen. Er sah auf die Uhr. Noch vor ein paar Stunden war er dort gewesen und hatte das Licht gesehen. Zuoberst, im Büro von Banz.
»Wie konnte das passieren?«
»Was weiß ich, wie so etwas passiert …« Claudio seufzte. »Wie immer halt. Wir sind erst vor einer Viertelstunde eingetroffen. Über den Notruf … Eine Meldung war eingegangen, von der Securitas. Die kontrollieren das Gebäude in der Nacht. Ihr Sicherheitsmann hat Banz hier aufgefunden. Mehr wissen wir auch nicht.«
»Erschossen.«
»Ja. Ist immer deprimierend so was … Du kennst es ja. Habe alles aufgeboten: Spurensicherung, die Forensische … Den ganzen Zirkus. Wollte es dir einfach sagen, bevor du es anderweitig erfährst.«
»Ja, klar. Natürlich.«
»Mach’s dann mal gut.«
»Ja.«
Herzattacke, Herzinfarkt, Herzstillstand … Die häufigsten plötzlichen Todesursachen bei Bankern hatten mit dem Herzen zu tun. Und wenn Eschenbach etwas weiterdachte, dann hatte auch ein Selbstmord Platz auf seiner Liste. Aber bei Banz hätte ihn das überrascht.
Aber erschossen, so wie man ein Tier erlegte … Womit eigentlich?
»Womit eigentlich wurde er erschossen?«
Aber Claudio war schon nicht mehr in der Leitung.
»Hallo?«, rief der Kommissar ins Telefon. Und obwohl er begriffen hatte, dass die Leitung tot war, fügte er noch hinzu: »Ich bin in zwanzig Minuten da … und dass mir keiner vorher etwas anfasst!«
* * *
Judith wartete und starrte gebannt zur Tür.
Es klopfte wieder, diesmal energischer.
Sie reagierte blitzschnell, klappte den Laptop zusammen, steckte ihn unter die Decke, stand auf und zog den Bademantel eng um ihre Taille.
»Judith!«, rief es nun laut vom Gang, gefolgt von einem weiteren Klopfen.
Judith hatte die Tür noch nicht erreicht, als diese aufflog und ein Mann ins Zimmer stolperte, dicht gefolgt von einem zweiten.
»Scheiße, Judith … Verdammt noch mal.«
Kurt Imholz stand vor ihr und musterte sie von oben bis unten.
»Sag mal, spinnst du?« Judith sah den Mann an, für den sie bei der FINMA gearbeitet und der sie zusammen mit Paul Zimmer vom SND in diese ganze Sache hineingeritten hatte. »Ich habe geschlafen«, sagte sie mit dem Unterton der Empörung.
»So, so.«
Imholz warf einen Blick an ihr vorbei zum Bett. »Wo ist der verdammte Computer?«
»Was weiß ich …«
»Stell dich nicht so saublöd an. Das Ding hat einen Chip … Oder was meinst du, wie wir dich hier gefunden haben.«
Judith ging ein paar Schritte rückwärts. Sie realisierte, dass es wenig Sinn machte, wenn sie weiter Theater spielte.
»Ich hätte ihn morgen sowieso ins Büro gebracht …«
»Morgen.«
»Ja, verdammt! Es ist mitten in der Nacht …«
»Mach vorwärts, Judith … Rück das Ding raus, wir dürfen keine Zeit verlieren.«
»Warum?« Sie ging langsam zum Bett, riss die Decke hoch und fluchte. »Ihr kommt hier hereingestürmt wie ein Himmelfahrtskommando. Was ist eigentlich los?«
Imholz blickte zum zweiten Mann und nickte. »Beeil dich, sonst verreckt uns die ganze Scheiße, und alles war umsonst.«
Der Mann, der einen kleinen Aluminiumkoffer bei sich trug, ging zum Bett, setzte sich auf die Kante und machte sich am Laptop zu schaffen.
»Was hast du mit Banz gemacht?«, fragte Imholz, wieder an Judith gewandt.
»Er hat mich belästigt.«
Imholz schwieg.
»Meint ihr, ich lass mich von so einem durchknallen, nur damit ihr an euer Zeug kommt? Ihr spinnt wohl.«
Imholz schwieg noch immer. Er sog an seiner Oberlippe, blickte abwechselnd zum Mann auf dem Bett, dann wieder zu ihr.
Eine Weile verging, ohne dass jemand etwas sagte.
»Und?«, fragte Imholz.
»Und was?«
»Nicht du …« Imholz ging an Judith vorbei zum Bett. »Ich meine den PC-Doc hier. Meinst du, wir kriegen’s noch hin?«
Der Typ, der mit Kabeln und einer Reihe von Hightech-Geräten am Laptop von Banz herumoperierte, sog Luft durch die
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