Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ruf der Daemmerung

Titel: Ruf der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Riana O Donnell
Vom Netzwerk:
ein hartes Leben. Nicht alle ihre Kinder werden groß, manche haben nicht genug Lebenskraft, wenn sie geboren werden. Ein solches beagnama sucht eine Kelpie-Mutter, wenn sie ein Kind geboren hat. Sie nährt es mit bacha und sie verbindet die Körper und Seelen ...«
    »Mit Menschen-bacha?«, fragte Viola, wieder abgestoßen.
    Ahi zuckte die Schultern. »Wo ist der Unterschied? Die Kelpie-Mutter nimmt ihre eigene Kraft und vor allem die ihres Kindes. Aber die entstammt wohl der Jagd. Ich weiß es nicht. Solange ich lebe, wurde uns kein Kind geboren.«
    Für Viola klang das wieder wie eine Ausflucht, aber jetzt wollte sie alles wissen. »Und dann? Fühlt und denkt ihr wie ein Pferd oder wie ein Mensch? Wo wachst ihr auf, im Wasser oder an Land? Bei einer Stute oder einer - Kelpie- Frau?«
    »Wir denken und fühlen wie Amhralough«, antwortete Ahi verständnislos. Er war Viola seit Langem nicht so fremd erschienen. »Und wir kennen beide Mütter. Wir leben im See und in den Bergen. So lernen wir die Sanftmut von den Kleinen Seelen, aber auch die Musik des Sees - und die Jagd, um zu überleben. So, wie wir sind.«
    Viola dachte kurz nach. Das erklärte, warum es Kelpies nur da gab, wo auch Pferde wild oder halbwild lebten, und warum sie ohne weitere Jagden als Tiere überleben konnten, wenn man sie denn fing und bannte. Ohne Jagd kein Gestaltenwandel.
    »Du hast mir nicht erzählt, warum du heute hier bist, Viola ...« Ahi versuchte offensichtlich, auf weniger brisante Gesprächsthemen zurückzukommen. Er griff auch wieder nach Violas Hand und sie nahm die seine - erst widerstrebend, aber dann voller Freude. Die beiden wanderten Hand in Hand am See entlang wie ganz normale Verliebte. Er half ihr fürsorglich über die oft steinigen Wege und hob sie lachend hoch, als ein Bachlauf zu überwinden war.
    Viola ließ das Thema Kelpie dann auch außen vor und berichtete von Ainnés Kind. Zu ihrer Verblüffung zeigte sich Ahi begeistert. Er wollte alles von Kevin wissen - offensichtlich hatte er wirklich noch nie ein Neugeborenes gesehen.
    »Also ich finde ihn ziemlich zerknittert und nichts sagend«, erklärte sie. »Und knallrot im Gesicht, eher verbiestert als süß. Nun soll sich das wohl irgendwann ändern. Mein Dad meint, ich hätte auch so ausgesehen ...«
    »Du könntest niemals zerknittert aussehen!«, protestierte Ahi und schaute sie mit leuchtenden Augen an. »Sicher warst du schon als Baby schön ...« In seinem Blick lag Bewunderung, fast Anbetung. Viola war das beinahe ein bisschen peinlich, zumal sie heute sicher übernächtigt wirkte. Geschminkt oder auch nur gewaschen hatte sie sich nicht - sie war gleich mit Guinness losgezogen.
    »Ich war als Baby ziemlich fett«, lachte sie, schon um Ahi ins Diesseits zurückzubringen. »Das sagen jedenfalls die Fotos. Ihr ... macht wohl keine Fotos, oder?«
    Womit sie wieder beim Thema waren.
    Ahi schüttelte den Kopf. »Nein. Wir haben keine Technik, wie ihr sie benutzt. Wir brauchen sie nicht. Wir bewahren Bilder in unserer Seele ...«
    Viola verdrehte die Augen. »Schön gesagt. Aber nicht allzu praktisch, oder? Ich meine - ihr könnt euch vielleicht erinnern, aber andere können sich die Bilder nicht ansehen. Was ja eigentlich der Sinn von Fotos ist.«
    »Nicht?«, fragte Ahi überrascht. »Na ja, wir öffnen unsere Seelen nicht jedem. Warum sollten wir unsere Bilder auch Fremden zeigen?«
    Viola dachte an endlose Film- und Diaabende bei Freunden ihrer Eltern. Sie musste fast kichern. Bei den Amhralough schien es zum guten Ton zu gehören, seine Gäste nicht zu langweilen ...
    »Aber bei verbundenen namas ...« Ahi sprach gelassen weiter. »Komm ...«
    Er führte die verwunderte Viola in den Schatten einer Weide am Ufer und suchte einen trockenen, moosbewachsenen Platz, wo sie sich hinsetzen konnten. Dort legte er den Arm um sie, zog sie an sich und schloss damit wieder den Kreis, der sie verband. Viola wiegte sich in der Sicherheit ihrer alles umfassenden Liebe - und schien die Welt plötzlich mit seinen Augen zu sehen. Der See wurde zur Heimat, die Wiesen lockten mit einem süßen, fast unwiderstehlichen Duft - wie Heuduft, aber noch stärker. Viola nahm ihn mit den Sinnen der Kleinen Seele auf, mit der Ahi seit seiner Geburt verbunden war.
    »Schau auf den See ...«, sagte Ahis Stimme - in Wirklichkeit oder in ihrem Kopf? Aber wie auch immer es war, aus der Wasserfläche schienen jetzt Bilder aufzusteigen. Bilder wie Erinnerungen, nicht allein Projektionen, sondern

Weitere Kostenlose Bücher