Ruf der Dunkelheit
vibrierenden Körper fest, während ich ihrem Herzschlag lauschte. „Wir holen Max zurück! Uns wird schon was einfallen!“, flüsterte ich und sie nickte stumm. In diesem Moment glaubten wir beide daran.
Hand in Hand liefen wir zurück zum Haus. Kaum waren wir durch die Tür getreten, traf uns Valentinas giftiger Blick. „Na, hattet ihr Spaß?!“
Ich sah, wie Tamara die Fäuste ballte und ihr Körper sich versteifte. Beschwichtigend legte ich ihr meine Hand auf die Schulter. „Val – was soll das?“ Ich richtete einen fragenden Blick auf sie. Wütend kniff sie die Augen zusammen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Was das soll?!“ Ihre Stimme wurde schrill. „Max ist wegen euch verschwunden – wir wissen nicht genau, wo er jetzt ist und statt sich Gedanken darüber zu machen, wälzt ihr euch lieber wollüstig durch den Wald! Aber so ist es ja immer, ihr stolpert von einer Scheiße in die nächste, weil ihr eure Probleme nicht in den Griff bekommt und Max muss jedes Mal den Kopf für euch hinhalten!“ Jetzt war sie richtig in Rage und ihre Augen funkelten dunkel vor Zorn.
Plötzlich baute sich Tamara vor ihr auf. Ein drohendes Knurren ertönte tief aus ihrer Brust. „Unsere Probleme, ja? Offenbar geht es hier um viel mehr, denn es hatte definitiv mit Max´ Vergangenheit zu tun – nicht mit Julians, oder meiner! Vielleicht hat ja auch noch jemand eine Rechnung mit ihm offen!“ Ihre Stimme war nur ein Zischen, als sie noch einen Schritt auf Valentina zu machte.
„Schluss jetzt!“ Unsere Köpfe fuhren herum. Auf dem Treppenabsatz stand Olivia und bedachte jeden von uns, mit einem strengen Blick. „Das bringt doch nichts – hört auf, euch gegenseitig die Schuld zuzuweisen. Wer immer auch dahinter steckt, scheint extrem manipulativ vorzugehen. Und statt euch hier fast zu zerfleischen, solltet ihr
zusammen
nach einer Lösung suchen!“
Das saß! Betreten mussten wir zugeben, dass Olivia recht hatte. Auch Tamara blickte schuldbewusst, doch daran, wie sich ihr Brustkorb bebend hob und senkte, konnte ich erkennen, dass sie sich kaum beruhigen konnte. Was war nur los mit ihr? Vorsichtig trat ich an sie heran und legte ihr einen Arm um die Schulter. Sie zuckte kurz zusammen, doch dann spürte ich, dass sie sich ein wenig entspannte. Ihr Herz schlug mindestens doppelt so schnell, als normal und es schien sie sehr viel Kraft zu kosten, sich zu beherrschen um Valentina nicht an den Hals zu springen. Dennoch warf sie Max´ Gefährtin einen entschuldigenden Blick zu. „Es tut mir wirklich sehr leid Val – glaub mir, wenn ich an Max´ Stelle hätte bleiben können, ich hätt´s getan!“
Ich beobachtete, wie Valentina ihre Lippen zusammenpresste und seufzend ausatmete. Ihr Blick verriet, dass es sie einiges an Überwindung kostete, doch sie erwiderte Tamaras Friedensangebot mit einem kurzen Nicken. „Schon gut, lasst uns also überlegen, wie wir ihn zurückholen können.“ Olivia nickte zufrieden, doch ich blieb weiterhin misstrauisch, wie lange der erzwungene Frieden wohl anhalten würde. Besorgt fiel mein Blick auf meine Gefährtin, die offenbar mehr gegen ihre inneren Dämonen ankämpfen musste, als sie zugab. Ich bekam ein schlechtes Gewissen, weil ich die letzten Monate so sehr mit mir selbst beschäftigt gewesen war, dass es mir gar nicht aufgefallen war, wie sehr sie offenbar litt. Ich zog sie fest in meine Arme und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
„Wisst ihr was? Ich schlafe jetzt noch ein, zwei Stunden, damit mein Kopf klarer wird, als er es jetzt ist – es gibt nämlich hier noch Wesen, die Schlaf brauchen.“ Olivia gähnte und blickte in unsere Gesichter. „Und dann werden wir uns etwas einfallen lassen – und in der Zwischenzeit, versprecht ihr mir, dass ihr euch nicht gegenseitig die Kehle rausreißt!“ Dann wandte sie sich um und stapfte die Treppe nach oben. Dabei murmelte sie etwas, das sich wie „warum hab ich mich auch auf Vampire eingelassen…“ anhörte.
Valentina trat zur Haustür. Ehe sie sie öffnete, wandte sie sich kurz um. „Ich gehe jagen – bin bei Sonnenaufgang zurück“, erklärte sie knapp, dann zog ein Lufthauch in unsere Richtung und die Haustür flog zu. Mittlerweile war ich mir sicher, dass ihre Wut auf uns, nur das Ventil ihrer Sorge um Max war. Sie hatte offenbar Angst, etwas Schreckliches aus seiner Vergangenheit könnte nun alles gefährden, was sie mit ihm verband. Irgendwie konnte ich sie verstehen. Für sie war es beängstigend, das
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